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Sun-Netscape-Alliance wird Big Blues E-Commerce-Lieferant

10.01.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die IBM stattet ihr AIX-Unix mit dem kompletten E-Commerce-Paket der I-Planet genannten Tochter von Sun/Netscape und AOL aus. Auf diese Weise möchte das Unternehmen seiner Unix-Hard- und -Software eine gute Ausgangsposition für das lukrative Geschäft mit Server-Systemen für Internet-Geschäfte verschaffen.

Von der Vereinbarung, die I-Planet-Suite auf AIX zu portieren, profitieren beide Partner. Zwar ist Suns Solaris-Unix bald nicht mehr die einzige Plattform, auf der das gesamte Paket läuft, dafür erschließt sich das Unternehmen die attraktive Zielgruppe der IBM-Klientel. Big Blue wiederum kann sein bislang etwas schmalbrüstiges Angebot um ein Komplettpaket ergänzen, das die Kunden zudem nicht so streng an die IBM-Techniken bindet wie das hauseigene Bündel mit dem Applikations-Server "Websphere“ und dem E-Commerce-Paket "Netcommerce“.

Die Nachteile einer Konkurrenzsituation zwischen den hauseigenen Produkten und der I-Planet-Suite werden laut Rod Adkins, General Manager von IBMs RS/6000-Division, schon deshalb aufgewogen, weil er künftig treue Kunden nicht an den Konkurrenten Sun verweisen muss, wenn diese ein umfassendes E-Commerce-Paket verlangen. Das sei ihm bislang auch deshalb schwer gefallen, weil seine RS/6000-Modelle der S80-Reihe durchaus mit den "Starfire“-Servern von Sun mithalten könnten. Hinzu kommt, dass das zusammen mit SCO angestrebte 64-Bit-Unix "Monterey“ über das Internet-Geschäft in den Markt eingeführt werden soll. Doch E-Business-Einsteiger fragen nicht nach Plattformen, sondern nach Anwendungen, die man nun mit I-Planet liefern könne.

Diese Einschätzung bestätigt auch die Giga Information Group, nach deren Schätzungen die RS/6000-Division derzeit rund 25 bis 35 Prozent ihres Umsatzes aus dem E-Business-Geschäft erwirtschaftet. Für die IBM gehe es daher bei dem Deal darum, die eigene Klientel bei der Stange zu halten, Nachteile gegenüber Sun abzubauen und Vorteile gegenüber den anderen Mitbewerbern zu erringen.

Tatsächlich zieht die IBM durch den jetzigen Deal mit Sun gleich und überholt Mitbewerber wie Hewlett-Packard, Compaq und Microsoft, die auf ihren Server-Betriebssystemen wie die IBM nur Teile der I-Planet-Produkte anbieten können. Unter der aktuellen AIX-Version 4.3.3 laufen bereits die zu I-Planet-Komponenten gewordenen Web- und E-Mail-Server von Netscape. Applikations-Server, Kalender-Server, Zertifizierungs-Management, Beschaffungs-Module, Electronic Data Exchange (EDI), Handels- und Abrechnungsfunktionen sollen bis Mitte des Jahres portiert sein. Für die Implementierung auf dem 64-Bit-Betriebssystem Monterey gibt es noch keinen Zeitplan.

Nach Meldungen des britischen Branchendienstes "Unigram X“ wurde zwischen I-Planet und der IBM zwar keine Exklusivität vereinbart, die IBM hat jedoch eine Vorzugsstellung erhalten. Mark Tolliver, General Manager von I-Planet, überlegt eigenen Angaben zufolge, seine E-Commerce-Software auf möglichst viele Plattformen, also auch auf Windows 2000 oder HP-UX, zu bringen. Zunächst einmal sei aber die IBM mit AIX an der Reihe.