Kolumne

Sun kopiert das Modell Red Hat

05.12.2005

Was Sun Microsystems angekündigt hat, ist zumindest auf den ersten Blick ein Hammer: Das Java Enterprise System wird es unter einer Open-Source-Lizenz kostenlos geben, ebenso die System-Management-Software N1 und die Entwicklungs-Tools. Die Produkte sollen mit dem vor rund einem Jahr freigegebenen Solaris-Betriebssystem zum "Solaris Enterprise System" gebündelt werden.

Kommen wir zum Kleingedruckten. Wer Support wünscht, zahlt - bezogen auf das Java Enterprise System - wie bisher 140 Dollar Gebühr pro Mitarbeiter und Jahr. Entfiel bislang ein Teil der Kosten auf Lizenzgebühren, so verbucht das Unternehmen jetzt alles unter Service und Support. Kunden, die sich für weitere quelloffene Produkte von Sun entscheiden, müssen mit einem größeren Kostenblock rechnen - sofern sie Wert auf Service legen. Sun signalisiert mit dieser Ankündigung vor allem den Finanzanalysten an der Wallstreet: Keine Sorge, mit Software werden wir weiterhin Geld verdienen. Wahrscheinlich sogar mehr als bislang.

Das wäre auch nötig, denn es brennt an allen Fronten - längst auch im wichtigen Hardwaregeschäft. Der Trend zu preiswerten Standardarchitekturen auf Intel-Basis drückt auf Suns Margen. Das Softwaregeschäft kann darüber, anders als etwa bei IBM, kaum hinwegtrösten. Sun hatte hier nie viel zu bestellen, trotz so erfolgreicher Produkte wie der Programmierplattform Java.

Das neue Vorbild heißt nun Red Hat: So wie der Linux-Distributor will auch Sun mit Support und Services für Software und Betriebssystem Geld machen. Ob das gelingt, ist jedoch fraglich - nicht nur, weil Sun traditionell keine große Dienstleistungsmannschaft vorhält. Die entscheidende Frage ist, ob die Kunden mitspielen werden. Aus Anwendersicht lauten die Alternativen Microsoft oder Open Source. Mit Letzterem ist in aller Regel Linux gemeint und Software, die unter einer "echten" Open-Source-Lizenz steht, etwa der GNU General Public License. Mit seinem Eigengewächs CDDL (Common Development and Distribution License) wird sich Sun dagegen schwer tun.

Trotzdem ist die Ankündigung von Bedeutung, vor allem für die Konkurrenz. Bei Microsoft und IBM dürften die Alarmglocken schrillen. Noch häufiger als bisher werden die beiden Branchenriesen in Ausschreibungen mit kostenlosen Gegenangeboten konfrontiert sein. Bevor IT-Entscheider in teure Lizenzen für Softwareinfrastruktur investieren, dürften sie sich künftig intensiver Open-Source-Lager umsehen. Und sei es nur, um ihre Verhandlungsposition zu verbessern.