Neue Rechner, neues Supportkonzept

Sun greift die Konkurrenz jetzt mit Multi-CPU-Technologie an

07.05.1993

Nachdem Sun bereits am 10. November 1992 mit einer Grossankuendigung in die Multiprozessor-Welt eingestiegen war, schob die McNealy-Company jetzt zwei weitere Multi-CPU- und zwei Sparcstation-Modelle nach. Ausserdem senkte Sun die Preise fuer einige Sparcstation-10-Rechner. Im Mai wird Sun zudem den Acht- Wege-Rechner "Sparcserver 1000" (Codenamen "Scorpion") vorstellen, der in einer Grundkonfiguration um 50 000 Dollar kosten soll.

Die zunehmende Ausrichtung auf Rechner mit mehreren CPUs traegt - zumindest fuer Sun - dabei anscheinend schon Fruechte. Laut Berechnungen des Marktforschungsinstituts Infocorp konnte Sun innerhalb von einem Jahr weltweit 10 000 Unix-Multiprozessor- Systeme absetzen, eine Zahl, die der Leiter des Produkt-Marketings der Sun Microsystems GmbH in Grasbrunn bei Muenchen, Donatus Schmid, bestaetigte. Hierunter fallen die "Galaxy"-Modelle der 600- Linie, also die Modelle 630, 670 und 690. Damit koenne sich Sun nach Meinung von Infocorp als Marktfuehrer bei Multi-CPU-Rechnern betrachten.

Welche Vorteile haben Multi-CPU-Systeme?

Sun konnte jedoch auch anderweitig zulegen: Bislang nicht im Ruf stehend, bei Einzelprozessoren hoechste Rechenleistung zu bieten, praesentierten die Kalifornier jetzt die verbesserte Variante des "Supersparc"-Chips, den mit 50 Megahertz getakteten "Supersparc+"- Prozessor. Dieser wird von Texas Instruments (TI) produziert und soll, so die Aussagen der Texaner, in 100 000er Stueckzahlen pro Quartal verfuegbar sein.

Die Supersparc+-CPUs sind als Pink-kompatible Upgrade-Module fuer die Sparcstation-10-Linie ab 4000 Dollar verfuegbar. Bob Pearson, SMCCs Director fuer die Abteilung Advanced Desktop Systems, aeusserte, der neue Prozessor sei bereits mit kompletter symmetrischer Multiprozessor-Funktionalitaet auf dem Chip ausgestattet. Pearson ist im Gegensatz zu Analysten wie Tom Kucharvy, President des Marktforschungsinstituts Summit Strategies aus Boston, davon ueberzeugt, dass Multiprozessor-Systeme eine grosse Zukunft haben.

Kucharvy vertritt demgegenueber die Meinung, dass Multiprozessor- Maschinen bislang noch keine signifikanten Vorteile gegenueber leistungsfaehigen Servern in Verbindung mit einem kostenguenstigen Netz von Workstations bieten wuerden.

Bei den vier jetzt vorgestellten Sparcstation-10-Rechnern handelt es sich zum einen um das Modell "402MP", das mit zwei 40-Megahertz-Supersparc+-CPUs in den USA fuer knapp 25 000 Dollar ausgeliefert wird. Sun reklamiert, mit diesem Rechner das kostenguenstigste Tisch-Multiprozessor-Modell anbieten zu koennen. Bei der Namensbezeichnung fuer Mehr-CPU-Rechner ist Sun uebrigens zu der Konvention uebergegangen, neben dem MP-Suffix dreistellige Zahlen zu benutzen. Deren erste Ziffer bezeichnet die Taktrate, eine "0" an der zweiten Position bedeutet, dass das jeweilige System ueber keinen Second-Level-Cache verfuegt ("1" sagt, dass ein solcher Speicher vorhanden ist), und die letzte Ziffer weist auf die Anzahl der CPUs hin.

Ebensoviel wie der 402-Rechner kostet "Modell 51". Dieses Modell ist mit dem momentan leistungstaerksten Sparc-Chip versehen und besitzt gegenueber dem 402MP-System doppelt so viel Arbeitsspeicher (64 MB).

Die Rechenleistung gibt Sun mit 65 Specint92 und 83 Specfp92 an. Zum Vergleich: Das Sparcstation-10-Modell 41 mit der 40,33-Megahertz-Variante des Sparc-Chips weist Werte von 53,2 Specint92 beziehungsweise 63,4 Specfp92 aus.

Neues Konzept beim Kundendienst

Als preiswertestes multiprozessor-"befaehigtes" Sparc-System bezeichnet Sun das "Modell 30LC", das allerdings nur in der Konfiguration veraendert wurde. In den USA kostet es inklusive 16- Zoll-Farbmonitor,

32 MB Arbeitsspeicher und 424-MB-Festplatte etwa 16 000 Dollar.

Der in dem System benutzte 36-Megahertz-Prozessor wird von TI allerdings nicht mehr gefertigt, da man sich in Zukunft nur noch auf 40- beziehungsweise 50-Megahertz-Varianten der Supersparc- und Supersparc+-Prozessoren konzentrieren wird. Das System 30LC duerfte somit als Auslaufmodell gedacht sein.

Neu ist schliesslich das mit dem 40-MHz-Supersparc-Chip ausstaffierte "Modell 40". Es kann auf das Dual-Prozessor-System 402 hochgeruestet werden und kostet mit 19-Zoll-Farbmonitor, 32 MB Arbeitsspeicher und 1-GB-Festplatte ungefaehr 21 000 Dollar.

Umbenannt und rekonfiguriert wurde "Modell 52". Es heisst nunmehr "Modell 512MP" und ist mit zwei Supersparc+-Prozessoren statt mit der 45-Megahertz-Variante ausgestattet.

21 Prozent weniger kosten ab sofort die Sparcstation-10-Rechner "Modell 41", "Modell 512MP" sowie "Modell 54".

Aufmerken duerfte die Sun-Konkurrenz auch wegen des neuen Kundendienst-Konzepts, das die Kalifornier weltweit, also auch in Deutschland, umsetzen wollen. Ausgerichtet vor allem auf Grossanwender soll "Sun Spectrum Support" ein flexibleres und vereinfachtes Servicekonzept bereitstellen als bislang ueblich. Hierzu gehoert auch eine klarere Preisgestaltung der diversen Produkte.

Dass diesbezueglich allgemein in der Branche Handlungsbedarf besteht, deutet die Aeusserung von John Ryden an, der Senior-Analyst der Infocorp ist: "Wenn ich Konkurrent von Sun waere, wuerde ich jetzt sehr genau aufpassen, was Sun mit dem Support vorhat." Ein Unternehmen wie Digital Equipment etwa biete eine geradezu unglaublich undurchsichtige Preisgestaltung, "da muss man einen Berater engagieren, um deren Preislisten zu verstehen." Im Prinzip sei das bei allen anderen Herstellern aehnlich.

Kern des neuen Kundendienst-Konzeptes sind die vier Supportprogramme "Bronze", "Silber", "Gold" und "Platin". Sie decken unterschiedliche Wartungsbeduerfnisse der Unternehmen ab und koennen durch mehrere Optionen ergaenzt werden. Neben der reinen Hardwarewartung umfassen die vier Servicepakete die Unterstuetzung bei Software- und Netz-Problemen sowie bei der "Interoperabilitaet mit anderen Systemen", wie Sun es ausdrueckt.

Das Platin-Programm ist vor allem auf Anwender mit unternehmenskritischen Applikationen gemuenzt. Es umfasst einen 24- Stunden-Service per Telefon sowie vor Ort. Wer mit monatlichen Zahlungen von in den USA 5000 Dollar Ausgangsgebuehren sowie weiteren 2100 Dollar etwa seinen "Sparccenter-2000"-Rechner mit einem Systemboard vor unliebsamen Ueberraschungen schuetzen will, dem garantiert Sun ueber das Platin-Programm eine Server- Verfuegbarkeit von 99 Prozent.

Wer 24 Stunden auf ein Kummertelefon zugreifen moechte, aber mit werktaeglichen Vor-Ort-Dienstleistungen bis 17 Uhr hinreichend bedient ist, koennte sich fuer das Gold-Angebot interessieren. Bis 20 Uhr kann sich der Anwender bei der Silbervariante telefonisch von Sun unter die Arme greifen lassen. Noch eingeschraenkter ist das Bronze-Programm.

Sun weist darauf hin, dass der Anwender bei Problemfaellen aber nicht festgenagelt ist. Im Notfall koenne die Reaktionszeit des Kundendienstes an die Dringlichkeit der Situation angepasst werden.

Das Dienstleistungs-Angebot Sun Spectrum Support wird in Deutschland ab sofort von Sun direkt sowie ueber Wiederverkaeufer angeboten.