Verzögern sich die Ultrasparc-III-Systeme weiter?

Sun gerät im Midrange-Segment unter Druck

16.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Mit Spannung erwarten die Analysten die nächsten Server-Ankündigungen von Sun. Nachdem die McNealy-Company Rechner mit den neuen Ultrasparc-III-Prozessoren offenbar nur mit Verspätungen auf den Markt bekommt, rechnen die Branchenkenner auch bei den Midrange-Systemen mit Verzögerungen. Währenddessen arbeiten die Konkurrenten an neuen Rechnergenerationen, um Sun Marktanteile abzujagen.

Gerüchten zufolge wird Sun Microsystems anlässlich einer Pressekonferenz am 21. März in New York neue Midrange-Server mit Ultrasparc-III-Prozessoren vorstellen. Die Rechner, die seit längerem unter dem Codenamen "Serengeti" entwickelt werden, sollen angeblich als "Sunfire 3800", "4800" und "6800" die Server-Modelle "Enterprise 3500", "4500" und "6500" ablösen. Laut den bislang durchgesickerten Informationen werden die Midrange-Server zwischen acht und 32 Prozessoren unterstützen. Unklar ist bislang, ob die mit 750 Megahertz getaktete Variante des Ultrasparc-III-Chips oder die Version mit 900 Megahertz eingesetzt werden soll. Ein Fragezeichen steht auch hinter dem Auslieferungstermin. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, kann zwischen der Ankündigung und der tatsächlichen Verfügbarkeit noch einige Zeit vergehen. Sun wollte zu diesen Spekulationen bislang nicht Stellung beziehen.

Der Server-Spezialist hält sich bislang noch sehr bedeckt, was seine weiteren Pläne mit Ultrasparc-III-Rechnern betrifft. Die Kalifornier hatten ihre jüngste Chipgeneration mit mehrmonatiger Verspätung im Oktober letzten Jahres vorgestellt und gleichzeitig die ersten Rechner mit den unter dem Codenamen "Cheetah" entwickelten Ultrasparc-III-CPUs angekündigt. Nach der üblichen Marktstrategie sollten erst verschiedene Workstation- und Einstiegs-Server-Modelle mit dem Chip ausgestattet werden, bevor Midrange- und Highend-Systeme an die Reihe kämen.

Dieser Zeitplan geriet in der folgenden Zeit ziemlich durcheinander. Die Workstation "Sun Blade 1000" und der Rack-fähige Server "Sunfire 280R" tauchten zwar im Online-Shop auf den US-amerikanischen Internet-Seiten auf. Wer die Systeme jedoch bestellen wollte, musste sich gedulden. Aufgrund der hohen Nachfrage seien die Rechner nicht lieferbar, lautete Ende letzten Jahres die offizielle Begründung der Sun-Verantwortlichen. Bis Januar sollte der Engpass beseitigt sein. Allerdings verspäten sich die Ultrasparc-III-Rechner weiter. Bis Mitte März ließen sich die jüngsten Vertreter der neuen Sun-Rechnergeneration nicht im Netz bestellen.

Auch in Deutschland läuft trotz der gegenteiligen Behauptungen Suns längst nicht alles reibungslos. So sei zwar die Sun Blade 1000 verfügbar, doch nicht mit dem Kontingent wie ursprünglich gewünscht, erzählt Jürgen Plenske, verantwortlich für die Sun-Produkte beim Distributor Adiva. Die Sunfire 280R dagegen sei bislang nicht zu haben. Allerdings hofft Plenske, die ersten Maschinen in den nächsten Wochen zu bekommen. Er gehe jedenfalls nicht davon aus, dass sich Sun noch ein halbes Jahr lang Zeit lasse. Seinen Ärger über die Verzögerungen kann der Adiva-Manager kaum verbergen. So habe Sun seine Kunden und Partner mit dem neuen Server "arg lange versetzt". Die angeblich so große Nachfrage kann Plenske für den deutschen Markt nicht bestätigen. Im Gegenteil: Aufgrund der langen Wartezeit und der daraus resultierenden Verärgerung der Anwender sei die Nachfrage für die Sunfire 280R eher gering.

Laut einem Bericht des britischen Nachrichtendienstes "Computerwire" werden die neuen Ultrasparc-III-basierten Midrange-Server auf den auch in der Sunfire 280R verwendeten Komponenten aufbauen. Demnach könnten die Systeme mit Vier- und Sechs-Wege-Prozessorkarten bestückt werden. Pro CPU würden 4 GB Hauptspeicher unterstützt. Ferner sollen die Systeme mit Partitionierungsfunktionen ausgestattet werden, die bislang nur in den "E10000"-Rechnern eingesetzt wurden.

Eine weitere Neuheit in den Serengeti-Maschinen soll der Shared-Scalable-Memory-(SSM-) Controller sein. Er sei eine Grundvoraussetzung für Suns Cache-Only-Memory-Access-(Coma-) Architektur, eine Cluster-Konfiguration, die Sun gegen IBMs Non-Uniform-Memory-Access- (Numa-)Produkte antreten lassen will. Insider argwöhnen jedoch, dass die Coma-Entwicklung der eigentliche Grund für die Verspätungen ist. So beruhe die Coma-Architektur auf einem modifizierten Massive-Parallel-Processing- (MPP-)Konzept, bei dem die Daten jeweils in den L2-Cache-Speichern der CPUs vorgehalten werden. Doch gerade um den L2-Cache bei dem Vorgängerchip des IIIer-Modells "Ultrasparc-II" hielten sich in den vergangenen Monaten hartnäckig Fehlergerüchte. So beklagten sich verschiedene Anwender über plötzliche Systemabstürze, die möglicherweise auf Probleme mit dem Cache zurückzuführen seien.

Wann die neuen Midrange-Sys-teme auf den Markt kommen werden, steht in den Sternen. Analysten befürchten, dass es auch im Midrange-Segment zu Verspätungen kommen wird. Diese Verzögerungen könnten sich allerdings rächen. So arbeiten die Konkurrenten IBM und Hewlett-Packard (HP) mit Hochdruck an neuen Midrange-Servern. Branchenkenner rechnen für die nächsten Wochen mit entsprechenden Ankündigungen. So entwickelt HP neue Modelle für seine "N-Klasse", die mit leistungsstärkeren "PA8700"-Risc-Prozessoren rechnen sollen. IBM plane neue Varianten seiner "F80"-, "H80"- und "M80"-Rechner aus seiner P-Serie, die ebenfalls mit stärkeren Power-PC-CPUs bestückt werden sollen. Eine Ankündigung sei für Mitte April zu erwarten.