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Sun entlässt 3300 Mitarbeiter

02.04.2004
Statt Kriegsbeil Friedenspfeife: Sun und Microsoft legen alle gegenseitigen Klagen bei. Sun kassiert dafür ordentlich und baut außerdem Stellen und Liegenschaften ab, um seine Kosten weiter zu senken.

Sun Microsystems hat teilweise enttäuschende vorläufige Zahlen zum dritten Fiskalquartal vorgelegt und die Entlassung von 3300 Mitarbeitern sowie eine Restrukturierung seines weltweiten Eigentumsportfolios angekündigt. Gleichzeitig hat das Unternehmen eine breite Kooperation mit dem bisherigen Erzrivalen Microsoft geschlossen. Diese legt unter anderem alle zwischen beiden Firmen anhängigen Rechtsstreitigkeiten bei. Microsoft zahlt dafür 1,6 Milliarden Dollar an Sun.

Davon entfallen 700 Millionen Dollar auf die Beilegung von Kartellproblemen, die restlichen 900 Millionen Dollar auf Patentstreite. Weitere 350 Millionen Dollar im Voraus zahlt Microsoft für einen gegenseitigen Technologieaustausch; Sun muss nicht in Vorleistung gehen, sondern zahlt erst, wenn es von Microsoft übernommene Technik in seine Server einbaut.

Die Kooperation zwischen Microsoft und Sun sieht unter anderem folgendes vor:

Beide Firmen arbeiten bei der technischen Entwicklung insbesondere im Bereich Server-Software zusammen. Dabei geht es zunächst um Windows (Client und Server), später auch um E-Mail- und Datenbanksoftware. Unter anderem sollen die Identity-Server beider Unternehmen interoperabler werden.

Sun hat im Rahmen des Microsoft Communications Protocol Program die Kommunikationsprotokolle des Desktop-Windows in Lizenz genommen.

Microsoft darf seine Windows-optimierte Java Virtual Machine weiterhin supporten.

Suns Xeon-basierende Server sind für Windows zertifiziert, die Opteron-basierenden Systeme sollen folgen.

Sun und Microsoft wollen die Interoperabilität zwischen ihren Web-Services-Architekturen Java und .NET verbessern.

Alle Patentklagen der Vergangenheit sind beigelegt, überdies werden Verhandlungen bezüglich einer Überkreuzlizenzierung begonnen.

Ihren Kartellprozess in den USA legen beide Firmen ebenfalls bei. Sun äußerte sich darüber hinaus zufrieden, dass mit der heutigen Übereinkunft auch die im europäischen Kartellverfahren verfolgten Ziele erreicht seien.

So erfreulich - und gleichzeitig rätselhaft angesichts des jahrelangen "Microsoft-Bashings" von speziell Sun-CEO Scott McNealy - die Einigung mit Microsoft ist, so unerfreulich sind die restlichen Nachrichten aus Santa Clara: Für sein Ende März abgeschlossenes drittes Fiskalquartal erwartet Sun 2,65 Milliarden Dollar Umsatz (Vorjahreszeitraum: 2,79 Milliarden Dollar). Unterm Strich soll allerdings ein Nettoverlust zwischen 750 und 810 Millionen Dollar stehen. Davon entfallen 350 Millionen Dollar auf eine Neubewertung verschobener Steuern und 200 Millionen Dollar auf Restrukturierung von Belegschaft und Immobilien.

Ohne diese Einmaleffekte liegt der Pro-forma-Fehlbetrag zwischen 200 und 260 Millionen Dollar oder sechs bis acht Cent pro Aktie. Operativ lief das Geschäft im abgeschlossenen Quartal offenbar ganz passabel - Sun meldet einen positiven Cash Flow von wahrscheinlich mehr als 300 Millionen Dollar, gleichzeitig sollen Barreserven und kurzfristige Anlagen auf mehr als 5,5 Milliarden Dollar steigen.

Sun wird rund 3300 Mitarbeiter oder etwa neun Prozent seiner Belegschaft von zirka 35.000 entlassen, um seine Kostenstruktur der wirtschaftlichen Lage anzupassen. Als Resultat des Abbaus von Arbeitsplätzen und Liegenschaften wird Sun im Laufe der kommenden Quartale insgesamt rund 475 Millionen Dollar Aufwendungen bilanzieren, die oben erwähnten 200 Millionen Dollar für das dritte Quartal inklusive.

"Wir verkleinern das Unternehmen, um unsere Kostenstruktur besser anzupassen", erklärte Scott McNealy. "Netz-Computing-Lösungen, mit denen unsere Kunden komplexe Probleme lösen können, bleiben unser Fokus. Die dauerhafte Umsetzung unserer Strategien wird langfristig Umsatz generieren. Wir sind mit dem stärksten Produktportfolio seit Jahren, einer beträchtlichen Cash- und Marktposition, starken Channels und Partnern und einer wachsenden Pipeline von Kunden, die nach mehr von unseren Lösungen verlangen, gut aufgestellt."

Steve McGowan, Finanzchef und Executive Vice President Corporate Resources, ergänzte: "Dieses Vorgehen bekräftigt unser Bekenntnis zu einem kontinuierlichen Kostenabbau und bringt die Firma zusammen mit der Umsetzung unserer technischen und Vertriebsstrategie auf Kurs, unsere finanziellen Ziele für das Fiskaljahr 2005 zu erreichen. Der im abgelaufenen Quartal generierte Cash und unsere liquiden Mittel unterstreichen unsere finanzielle Stärke."

Überdies wurde Suns Softwarechef Jonathan Schwartz zum Chief Operating Officer (COO) befördert. Er berichtet in dieser Funktion direkt an Firmenchef Scott McNealy. Zur Einigung mit Microsoft sowie den vorläufigen Zahlen gibt es heute Abend je eine Pressekonferenz. Wir informieren Sie darüber am kommenden Montag. (tc)