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Sun enthüllt seine Sparc-Roadmap

26.02.2003
Sun hält die hauseigene RISC-Architektur für zukunftssicherer denn je. Chip-Multithreading soll in absehbarer Zeit die 30-fache Leistung des aktuellen Ultrasparc-III bringen.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Dass Sun Microsystems an neuartigen Prozessorarchitekturen mit verstärktem Multithreading arbeitet, berichteten wir bereits am Montag. CTO Greg Papadopoulos und David Yen, der für die Sparc-Weiterentwicklung zuständige Executive Vice President, enthüllten gestern auf dem jährlichen Analysten-Meeting der McNealy-Firma zahlreiche neue Details zur mittelfristigen Zukunft der hauseigenen RISC-Familie.

Eines vorweg: Sun hat auf absehbare Zeit keinesfalls die Absicht, Sparc aufzugeben. Im Gegenteil glaubt das Unternehmen, in Kombination mit Solaris die skalier- und verwaltbarste Architektur für die Anforderungen des Netz-Computings für den Beginn des 21. Jahrhunderts liefern zu können. Aus Sicht von Papadopoulos geht es nicht mehr länger um reine Prozessorleistung mit Single-Threaded-Anwendungen und Skalierbarkeit durch Clustering und SMP. Hauptsorge der IT würden in Zukunft vielmehr die Gesamtkosten von Service Levels sein, die von überall im Netz verteilten Applikationen bereit gestellt werden.

Yen stellte anschließend eine relativ detaillierte Sparc-Roadmap bis ins Jahr 2006 hinein vor. Der Chipmarkt sei noch nicht auf der Commodity-Stufe angelangt. Für seine künftigen Server fokussiert sich Sun deswegen auf Chip Multithreading (von anderen auch als Simultaneous Multithreading und von Intel beim Pentium 4 als Hyperthreading bezeichnet), Multicore-Prozessoren und Multithreading-Architekturen - zusammgefasst unter dem Schlagwort "Throughput Computing".

Bei einer typischen Single-Threaded-Anwendung, so Yen, warte der Prozessor 75 Prozent der Zeit nur auf Daten aus Cache, Arbeits- oder Massenspeicher. Mit mehreren Threads lasse sich die Warte- in Rechenzeit verwandeln. Keine neue Idee, Sun will sie aber offenbar auf die Spitze treiben - herauskommen sollen dabei beispielsweise Bladeserver mit 15 mal mehr Leistung als der gerade erst vorgestellte "BL100" (650 Megahertz Ultrasparch IIi), und um das Jahr 2006 herum sollen die Highend-Server der Firma die 30-fache Leistung der aktuellen "Sun Fire 15K" mit 72 auf 1,2 Gigahertz getakteten "Ultrasparc-III"-CPUs erreichen.

Die unterschiedlichen Bedürfnisse unterschiedlicher Märkte will Sun laut Yen mit drei verschiedenen Sparc-Designs adressieren. Die "S-Serie" (Beispiel: der aktuelle Ultrasparc-III) wird für die Highend-Sun-Fire-Maschinen entwickelt, die mittelfristig auf mehr als 1000 Prozessoren für ein Single System skalieren sollen (dies hatte Sun schon 1997 mit dem Ultrasparc-III versprochen). Die "I-Serie (Beispiel: der aktuelle Ultrasparc-IIi sowie der kommende "Ultrasparc-IIIi" a.k.a. "Jalapeno") zielt auf kleinere Ein- bis Vier-Wege-Server, kostet weniger und braucht weniger Strom. Der Jalapeno startet übrigens laut "Computerwire" demnächst mit Taktraten von 1,06 Gigahertz und läuft bereits in Testmustern mit 1,75 Gigahertz. Vollständig neu wird die "H-Serie" für zunächst den Einsatz in Uniprozessor-Blades mit entsprechend vielen Server-on-a-Chip-Features.

Seit kurzem liefert Sun den Ultrasparc-III mit einer Taktfrequenz von 1,2 Gigahertz aus. Ende 2003 und 2004 gibt es dann eine Version mit zwei Cores, den "Ultrasparc-IV". Dieser wird pinkompatibel zum Ultrasparc-III ab 900 Megahertz aufwärts (den TI mit Kupferleiterbahnen fertigt) und in einem 130-Nanometer-Prozess gefertigt. Er soll die doppelte Leistung der aktuellen 1,2-Gigahertz-CPU erreichen und außerdem Verbesserungen bei Speichersubsystem und RAS-Eigenschaften bieten.

Für 2005 geplant ist ein unter dem Codenamen "Gemini" gehandelter Blade-Ultrasparc aus der H-H-Serie. Dieser soll zunächst zwei Threads unterstützen und die doppelte Leistung des aktuellen Ultrasparc-IIi mit 650 Megahertz bieten, was nicht sonderlich spektakulär ist (es sei denn, er würde immens wenig Strom verbrauchen und zahlreiche typische Server-Komponenten bereits beinhalten). Auch Gemini wird Strukturbreiten von 130 Nanometer aufweisen.

Noch im gleichen Jahr soll es ein deutlich radikaleres H-Serien-Design mit dem Codenamen "Niagara" geben. Dieser Chip wird laut Yen mehrere Cores besitzen und eine zweistellige Thread-Zahl unterstützen. Er wird als echter Server-on-a-Chip unter anderem Controller für Speicher, Netz und Sicherheit integrieren. Niagara soll in 90-Nanometer-Technik produziert werden und die 15-fache Leistung des aktuellen Blade-Sparcs erreichen.

Gleichfalls 2005 steht der "Ultrasparc-V" an, dessen Core dann ebenfalls zwei Threads unterstützen soll. Er lässt sich vermutlich zwischen zwei Modi umschalten, von denen einer für Single- und einer für Mulithreaded-Betrieb optimiert ist. Dieser Chip wird Strukturbreiten von 90 Nanometer besitzen und etwa fünfmal schneller laufen als der Ultrasparc-III mit 1,2 Gigahertz. Er soll in General-Purpose- und HPC-Systemen zum Einsatz kommen.

Sun arbeite darüber hinaus an einem noch radikaleren Chip-Multithreading-Design, erklärte Yen. Dieses habe noch keinen Codenamen und solle gegenüber dem aktuellen Ultrasparc-III bei entsprechend angepassten Anwendungen eine 30-fach höhere Leistung bringen. Dieser Chip werde verschiedene asynchrone Design-Elemente enthalten, so Suns Prozessor-Guru.

Die genannten Termine seien trotz der Verspätungen beim Ultrasparc III (massiv) und IIIi (moderat) ernst gemeint. "Wir haben in der Vergangenheit vielleicht gestockt, aber im vergangen Jahr haben wir alle Chips planmäßig gebracht", so Yen. TI bleibe wie gehabt die Foundry der Wahl. Dies erlaube es Sun, sich auf seine Kernkompetenzen Chip- und Server-Design zu konzentrieren. (tc)