Sun baut um und entlässt

04.07.2006
Zwei Standorte und rund 130 Arbeitsplätze fallen dem Umbau von Sun Microsystems in Deutschland zum Opfer.

Die von dem neuen Sun-CEO Jonathan Schwartz angeordneten Umstrukturierungen haben Deutschland erreicht. In der vergangenen Woche beschloss das Management einen radikalen Umbau der hiesigen Organisation. Demnach sollen die Niederlassungen in Berlin, Hamburg, Stuttgart, Langen und Ratingen künftig nur noch Demo- und Briefing-Center sein, erläutert der deutsche Marketing-Leiter Donatus Schmid. Die kleineren Standorte in Mainz und Nürnberg werden ganz geschlossen. Insgesamt sollen rund acht Prozent der etwa 1650 Köpfe zählenden Belegschaft ihren Arbeitsplatz verlieren.

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Vertrieb soll näher an die Kunden

Grundlage des neuen Standortkonzeptes ist das "iWork"-Programm von Sun Microsystems. Außendienst- und Vertriebsmitarbeiter sollen künftig und verstärkt ortsunabhängig arbeiten, erläutert Schmid. Geplant sei eine Kombination aus Home Office und flexibel beziehbarem Büroarbeitsplatz. Die Mitarbeiter sollen eine Sun-Ray-Workstation als Thin-Client-Rechner für zu Hause erhalten. Darüber hinaus werde es an den bisherigen Standorten so genannte Drop-in-Center geben, wo sich die Mitarbeiter mit Kunden oder Kollegen treffen können. "Das ganze kann man sich am ehesten wie eine Art Internet-Cafe vorstellen." Während die bisherigen Sun-Niederlassungen eher an der Peripherie der Städte gelegen waren, sollen die Drop-in-Center zentraler angesiedelt werden. Ziel sei es vor allem, die Vertriebsmitarbeiter näher an die Kunden zu bringen.

Das iWork-Programm sei die Fortsetzung einer bereits vor Jahren eingeleiteten Strukturentwicklung bei Sun, erläutert Schmid. Seit rund sieben Jahren nutzt Sun bereits flexible Arbeitsplätze. Künftig sollen etwa 900 deutsche Sun-Mitarbeiter unter dem iWork-Programm arbeiten.

Von 130 deutschen Angestellten wird sich der US-amerikanische Konzern trennen. Schmid zufolge sollen in erster Linie Back-Office-Funktionen in den neu organisierten Niederlassungen wegfallen. Die Verwaltung soll künftig auf die Deutschland-Zentrale in Kirchheim bei München konzentriert werden. Abgesehen vom Vertrieb könne der Stellenabbau alle Bereiche bei Sun betreffen, betont der Marketing-Leiter.

Sun muss profitabel werden

"Sun hat sich für dieses Geschäftsjahr ein weltweit profi- tables Wachstum zum Ziel gesetzt", beschreibt Suns Deutschland-Geschäftsführer Marcel Schneider die Ziele der Umstrukturierung. In einer offi- ziellen Mitteilung ist von signifikanten Einsparungen die Rede, die das Management jedoch nicht näher quantifizieren möchte. Schmid verweist in diesem Zusammenhang auf die Vorgaben aus der Konzernzentrale in Palo Alto. Dort wurde vor kurzem eine Umsatzrentabili- tät von vier Prozent für das Anfang Juli gestartete Fiskaljahr 2006/07 vorgegeben. Deutschland trage keinen unwesentlichen Teil zum Sun-Geschäft bei, betont der Marketing-Manager. "Sun muss deshalb im 4. Quartal profitabel sein."

Dass dieses Ziel erreicht wird, ist keineswegs sicher. Schon seit Jahren steckt der IT-Pionier fast durchweg in den roten Zahlen. Noch im Ende März 2006 abgeschlossenen dritten Fiskalquartal vervielfachte sich das Defizit auf 217 Millionen Dollar, im Vergleich zu einem Vorjahresverlust von 28 Millionen Dollar.

Die Sanierer haben das Sagen

Angesichts der bedrohlichen Situation hatten Analysten zuletzt vehement Konsequenzen gefordert und Stellenstreichungen angemahnt. Anfang des Jahres reagierten die Verantwortlichen im US-Hauptquartier. Zunächst holten sie im Februar den ehemaligen Finanzchef Michael Lehmann zurück. Der Chief Financial Officer (CFO) ist als harter Sanierer und Kostenbremser bekannt. Im April schließlich verließ der Firmenchef Scott McNealy die Kommandobrücke und überließ das Ruder dem bis dato als President und Chief Operating Officer (COO) fungierenden Jonathan Schwartz.

Erste Maßnahmen der neuen Führungsspitze ließen nicht lange auf sich warten. Nachdem Schwartz sich Mitte Mai noch strikt gegen harte Sparmaß- nahmen ausgesprochen hatte, platzte Anfang Juni die Bombe. Das Management erklärte, bis Ende des Jahres zwischen 4000 und 5000 Stellen streichen zu wollen.