Zeit für Technologie-Entzug?

Suchtberatung für IT‘ler

24.04.2018
Von  und
Dan Tynan arbeitet als Autor für Infoworld und PCWorld.


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.

IT-Sucht Nr.4: Slack

Unter all den Echtzeit-Kommunikations-Tools für Business-Zwecke besetzt Slack eine spezielle Nische in der Tech-Welt. Das zieht unweigerlich ein Slack-Suchtproblem nach sich. Warum das so ist? Weil viele Unternehmen inzwischen dermaßen abhängig sind von diesem Chat Tool, dass es mancherorts bereits die dominierende Kommunikationsform geworden ist. Die Mitarbeiter verbringen so mehr Zeit mit Slack als mit ihren eigentlichen Aufgaben.

Dave Teare, CTO beim Security-Anbieter AgileBits, kennt dieses Dilemma nur zu gut: Vor zwei Jahren veröffentlichte er einen Blogpost, in dem er die zunehmende Abhängigkeit seines Unternehmens von Slack kritisch hinterfragte. Zitat: "Langsam aber sicher hat diese Sucht meinen Verstand und unsere Produktivität aufgezehrt. Wir haben Slack einfach für viel zu viele Dinge benutzt."

Dabei hatte alles so gut begonnen: Jeder war begeistert, als AgileBits mit der Nutzung von Slack startete: Schon nach kurzer Zeit hatten die 60 Angestellten ganze 81 öffentliche Slack Channel eröffnet. Wann immer ein Mitarbeiter eine Frage hatte, war Slack der erste Anlaufpunkt. Auch wenn bessere Optionen wie interne Wissensdatenbanken zur Verfügung standen. Je mehr Konversationen eröffnet wurden, desto kleiner wurde auch die Chance, dass dabei am Ende auch etwas Verwertbares herauskommt. Oder wie Teare es in seinem Blogbeitrag ausdrückte: "Connected zu sein, heißt nicht, dass automatisch ein Schalter für effektive Kommunikation umgelegt wird."

Als es dem CTO schließlich zu bunt wurde, beschloss er, erst einmal den Stecker bei Slack zu ziehen. Ein paar Wochen später ging man die Dinge auf neue Art und Weise an: mit Regeln. Weniger Kanäle, weniger Diskussionsteilnehmer, kurze Intervalle.

"Menschen verlieren die Fähigkeit, ordentlich zu kommunizieren, wenn sie sich dazu auf ein einziges Medium festlegen", meint auch Jimmy Carroll, Partner und Director beim Collaboration-Tool-Anbieter TetraVX.

Das Gegengift: Etablieren Sie Regeln für Slack und andere Business-Kommunikations-Tools. Wichtig ist dabei: Die Führungsebene muss diese Prozesse festlegen, um die Mitarbeiter vor sich selbst zu schützen.

IT-Sucht Nr.5: Kontrolle

Immer mehr Unternehmen wandeln sich zu "Digital First"-Organisationen. Das führt dazu, dass manche IT-Profis instinktiv "ihren Bereich" verteidigen wollen, indem Sie Knowhow nicht weitergeben oder eigene Machtbereiche etablieren. Diese Menschen sind süchtig danach, die Kontrolle über ihren Expertisebereich zu erhalten. Und zwar um jeden Preis.

"Wenn Ihre IT-Abteilung Sie irgendwann an eine Episode von Game of Thrones erinnert, wissen Sie, dass Sie ein Problem haben", meint Mike Meikle.

Neue C-Level-Rollen wie die des Chief Digital Officer, des Chief Experience Officer oder des Chief Marketing Technology Officer sind einer solchen Situation übrigens nicht zuträglich - schließlich will jede dieser Rollen auch ihr Stück vom Technologie-Kuchen abhaben.

Nach Meinung von Scott Kitlinski, CIO beim Beratungsunternehmen Astadia, ist eine Konstellation im Unternehmen mit vielen Entscheidern, für die jeweils nur die eigene Agenda zählt, ein relativ gesicherter Weg in die Katastrophe: "Sie alle haben verschiedene Rollen inne, die sich ergänzen sollten. Sie sollten stattdessen lieber zusammenarbeiten und gemeinsam debattieren, wessen Budget in welches Projekt fließt. Es geht darum, gemeinsam im Sinne des Unternehmens zu handeln."

Das Gegengift: Geben Sie die Illusion von Kontrolle endlich auf und setzen Sie stattdessen auf das Prinzip des Teilens und auf Transparenz. Ermutigen Sie auch Ihre Mitarbeiter, ihr Knowhow mit anderen zu teilen und belohnen Sie das. Um in der IT-Abteilung Transparenz zu schaffen, empfiehlt sich die Etablierung von Prozessen.

IT-Sucht Nr.6: Blinkende Lichter

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass unser Gehirn bei jedem Smartphone-Klingeln ein kleiner Dopamin-Schub ereilt. Solche Benachrichtigungen bergen für Technologie-Profis, die vor ihren Dashboards gierig auf das nächste, blinkende Licht warten, aber eine mindestens ebenso große Suchtgefahr dar.

"Wir haben alle dieses eine Ding, das wir konstant auf Neuigkeiten überprüfen müssen", weiß Leon Adato, "Head Geek" bei SolarWinds. "Das kann ein Dashboard sein, ein Performance Tracker oder Cloud-Statistiken. Für viele ist es das Monitoring Dashboard."

Konstante und unkoordinierte Benachrichtigungen nehmen Ihre Aufmerksamkeit zur Geisel und verringern die Fähigkeit, produktiv zu sein.

Das Gegengift: Als IT-Profi müssen Sie Disziplin an den Tag legen, wenn es um Ihre Zeiteinteilung geht. Nutzen Sie Tools, die es Ihnen ermöglichen, Relevantes zu filtern und setzen Sie (sich selbst und anderen) enge Grenzen, damit die Dashboard-"Starrerei" ein Ende hat.

IT-Sucht Nr.7: Verführerisches Spielzeug

Jeder liebt tolles neues Technik-Spielzeug. Wenn das am Ende in Schränken voll ungenutzter Hardware und Softwarelizenzen mündet, haben Sie ein Problem.

Schließlich ist das Neueste vom Neuesten kein Allheilmittel für kritische IT-Probleme, wie Mike Meikle zu bedenken gibt: "Erinnern Sie sich an das "business triangle": Menschen, Prozesse, Technologien? Die ersten beiden Punkte sind genauso wichtig wie all Ihre Soft- und Hardware - wenn nicht sogar wichtiger."

Das Gegengift: Statt die neuesten, coolsten Gadgets anzuschaffen, sollten Sie das Geld dafür lieber in die Weiterbildung Ihrer Mitarbeiter investieren. Vor allem aber sollte jede größere Investition auch geschäftlich zu rechtfertigen sein.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.