Neben dem Web gewinnt die Suche in Unternehmen an Bedeutung

Suchmaschinen finden die Nadel im Heuhaufen

12.07.2002
MÜNCHEN (CW) - Suchmaschinen gelten als wichtigste Navigationshilfe im Internet. Ihr Erfolg beruht auf dem Versprechen, ein Index für das gesamte Datenmeer WWW zu sein. Auch wenn Anspruch und Wirklichkeit oft weiter auseinander klaffen, als es den Betreibern lieb ist, so erobert ihre Technik nun auch andere Bereiche: Immer mehr Unternehmen setzen Suchmaschinen auf ihre Portale und Unternehmensanwendungen an.

Ohne Suchmaschinen wie Google, Altavista und Co. ist eine Navigation im Web nicht vorstellbar. Diese zentralen Anlaufstellen für Informationssuchende sind notwendig, weil im Internet anders als im traditionellen Buch- und Zeitschriftensektor chaotische Publikationsverhältnisse herrschen und sich kaum ein Urheber um die Auffindbarkeit und Verwaltung der Inhalte kümmert.

Datenflut in Unternehmen

Auch Unternehmen sind aufgrund der anhaltenden Digitalisierung vermehrt mit dem Phänomen dezentraler Inhaltsproduktion und erschwerter Verwaltbarkeit konfrontiert. Und so verwundert es nicht, dass auch in der Wirtschaft - unter veränderten Vorzeichen - die Suchmaschinentechnik Einzug hält. Dabei geht es nicht nur um die Indexierung von in Intranet-Portalen publizierten Informationen, sondern um die Erfassung und Abfragbarkeit aller IT-Systeme und Daten-Repositories.

Handfeste wirtschaftliche Gründe sprechen für den Einsatz von Suchtechnologie. So hat etwa IDC errechnet, dass in den USA Angestellte der Kategorie "Knowledge Worker" täglich etwa drei Stunden damit verbringen, nach Informationen zu suchen. Für die 1000 größten US-amerikanischen Firmen belaufen sich dabei laut IDC die Kosten auf insgesamt 2,5 Milliarden Dollar pro Jahr. Mag angesichts wirtschaftlicher und praktischer Argumente die Entscheidung für den Einsatz von Suchtechnologie noch leicht fallen, so gestaltet sich die Wahl des passenden Produkts meist schwierig. An die 100 Anbieter buhlen um die Gunst der Kunden, grundverschiedene Technologien erschweren die Wahl.

Im Dschungel der Formate

Zu den Neulingen im Unternehmensumfeld zählt Google. Der Hersteller der beliebtesten Internet-Suchmaschine bietet seit kurzem als schlüsselfertige Lösung eine Suchmaschinen-Appliance auf Linux-Basis an. Das Gerät kann fertig vorkonfiguriert wie ein Router oder ähnliche Appliances in ein Rack montiert werden. Weitere große Namen, die Lösungen hinter der Firewall anbieten, sind Inktomi, Altavista, Verity, Fast Search & Transfer, IBM/Lotus und Autonomy.

In jedem Fall bestehen zwischen der Suche im Internet und der innerhalb einer Unternehmens-IT gravierende Unterschiede. Nach Schätzungen von Verity kommen in Unternehmen etwa 250 Datenformate vor, dazu Repositories von ERP-, CRM- oder anderen Systemen. Im Web hingegen finden sich primär HTML-Dateien.

Hinzu kommen Sicherheitsanforderungen, die es im offenen Internet so nicht gibt. Massive Probleme wären beispielsweise zu erwarten, falls über eine interne Suchmaschine Dokumente zu geplanten Entlassungen, Leistungsbeurteilungen von Mitarbeitern oder Produkt-Roadmaps zu finden wären.

Suchmaschinenhersteller, die aus der Internet-Sparte kommen, sind sich dieses grundsätzlichen Unterschieds durchaus bewusst, wie David Seuss, CEO von Northern Light, einräumt: "Die meisten Hersteller von Internet-Suchmaschinen mussten nie Differenzierungen auf User-Basis integrieren." Für sein Unternehmen treffe dies jedoch nicht zu, da Northern Light seit längerem Features wie Sicherheit und Authentifizierung für seine Premium-Abonnenten implementiert habe. Andere Firmen aus dem Internet-Sektor wiederum haben Partnerschaften mit Sicherheits-Spezialisten geschlossen, so etwa Inktomi mit Netegrity.

So unscheinbar und schlicht sich Suchmaschinen mit ihrer Eingabezeile dem Anwender auch präsentieren - im Hintergrund arbeitet modenste Technik, die nach wie vor massiv weiterentwickelt wird. Das betrifft sowohl die Möglichkeiten der Frageformulierungen auf Seiten der Anwender wie auch die Formen der Kategorisierung und Gewichtung bei den verwalteten Inhalten. Ein Trend ist dabei die Verarbeitung natürlicher Sprache, die von immer mehr Herstellern implementiert wird. So hat beispielsweise Lycos angekündigt, in seiner Suchmaschine für Finanzservices zukünftig komplette englischsprachige Fragen zu erlauben. Die Technik dafür liefert das US-amerikanische Unternehmen Iphrase.

Fragen in natürlicher Sprache

Weitere Anbieter sind hier Askjeeves und Inquira. Letzterer Hersteller hat sich auf die Integration mit Unternehmens-Systemen spezialisiert. Die "Natural Interaction Engine" kann die Form einer Frage verstehen und damit Inhalte aus Web-Seiten, Dokumenten und Datenbanken abrufen.

Auch bei den Internet-Suchmaschinen gibt es einige Neuerungen. So hat Terra Lycos SA mit Sitz in Barcelona seine neue Software "Lycos Search 6.0" vorgestellt, die bei den Surfern mit erweitertem Content, kürzeren Update-Intervallen und neuen Such-Tools punkten soll. Das Produkt soll über zwei Milliarden Web-Seiten kennen und diese alle neun Tage aktualisieren. Zusätzlich enthält der Cache nun Millionen von PDF-Dokumenten. Als Highlight preist das Unternehmen seine News-Suche an. Darin finden sich mehr als 3000 News-Sites, die alle 60 Sekunden aktualisiert werden sollen. Technikpartner von Terra Lycos ist Fast Search & Transfer.

Beim Suchmaschinenklassiker Altavista hat sich ebenfalls einiges getan. Das etwas ins Hintertreffen geratene Portal hat unter dem Namen "Prisma" eine Palette von neuen Funktionen bekannt gegeben. Dazu zählt die Anzeige von verwandten Begriffen, die aus den 50 ersten Suchresultaten ermittelt und angezeigt werden. Ähnliche Techniken setzen bereits Teoma (gehört zu Askjeeves) und Wisenut (gehört zu Looksmart) ein.

Eine weitere Option erlaubt das Austauschen eines Suchbegriffs per Klick durch einen passenderen Vorschlag. Altavista gibt die Größe seines Index mit 1,1 Milliarden Einträgen an, Google verfügt über 2,07 Milliarden und Alltheweb.com (Fast Search & Transfer) über 2,09 Milliarden Einträge, wobei Experten letztere Angaben anzweifeln. Auch bei den Multimedia-Einträgen liegt Altavista mit 140 Millionen deutlich hinter den 330 Millionen von Google. (wm)