Enterprise-Portale/Fragmentierter Markt erschwert die Auswahl

Suche nach dem richtigen Portal

04.07.2003
Die Einsatzgebiete von Portalen sind zahlreich: Sie werden in den verschiedenen Unternehmensbereichen wie dem Einkauf sowie dem Vertrieb eingesetzt und dienen dazu, Geschäftsprozesse zu optimieren. Der Markt hat eine Fülle von Lösungen hervorgebracht, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen.Von Bernhard Carli und Johannes Kreckel*

Die allgemeingültige Portallösung für ein Unternehmen existiert nicht. Manche Anwender möchten über eine Website ihre Lieferanten einbinden, andere streben ein Web-basierendes Dienstleistungskonzept für Konsumenten an. Entsprechend unterschiedlich sind die Lösungen - sowohl in strategischer als auch in technischer Hinsicht. Deshalb ist gleich zu Beginn eines Projekts festzulegen, welche Ziele mit dem Portal auf welche Weise adressiert werden sollen: Maßgebliche Einflussfaktoren sind die unterstützenden Prozesse, die Zielgruppe sowie die vorhandene IT-Infrastruktur.

Damit Portale den erwünschten Effekt erzielen, ist eine zielgruppengerechte Aufbereitung der Inhalte unumgänglich. Hierfür sollten die künftigen Nutzer beispielsweise über Fokusgruppen, die repräsentativ für alle Anwender stehen, frühzeitig eingebunden werden.

Hat sich das Unternehmen einen Business Case für das Portal erarbeitet, geht es im nächsten Schritt um das Fachkonzept des Systems, in dem es die Anforderungen an eine Lösung beschreibt. Daraus lässt sich der Anforderungskatalog für die Portalsoftware ableiten.

Zu den typischen Auswahlkriterien eines Produkts zählen:

- Web-Content-Management/ Dokumenten-Management

- Personalisierung

- Single-Sign-on

- Kollaborationsfunktionen

- Suchmechanismen

- Portalkomponenten (Portlets)

- Integration

Der Kriterienkatalog legt fest, wie wichtig bestimmte Bausteine für eine erfolgreiche Umsetzung der technischen Gesamtlösung sind. Gilt es zum Beispiel, Inhalte aus verschiedenen Quellen und Autoren über komplexe Freigabemechanismen aufzubereiten, lassen sich daraus konkrete Anforderungen an ein Content-Management-System ableiten. Im Business-to-Business-Umfeld spielt dagegen die Integration mit den Backend-Systemen eine herausragende Rolle.

Mit dem Anforderungskatalog begibt sich das Portalteam auf die Suche nach einem geeigneten Portalsystem. Der Markt für Portallösungen ist jedoch noch jung und stark fragmentiert. Die Portalhersteller sind deshalb mit einer Vielzahl von Anforderungen konfrontiert, die sie oftmals nur durch Partnerschaften oder mit Hilfe von OEM-Lizenzabkommen erfüllen können.

Vielfältige Anforderungen

Wegen der vielfältigen Anforderungen des Marktes unterscheiden sich die Angebote voneinander: Fast alle großen Hersteller wie IBM, Sun, Oracle, SAP und Microsoft haben in den letzten Jahren ihr Portfolio um Portallösungen erweitert. Daneben gibt es wenige Spezialanbieter wie Plumtree, die sich ausschließlich auf Portale kozentrieren. Dazu gesellen sich viele Web-Content-Management-Anbieter wie Vignette, Broadvision oder Gauss Interprise, die ihre Produkte zu Portallösungen erweitert haben. Auch die großen Enterprise-Application-Integration-(EAI-)Anbieter wie Bea Systems oder Tibco liefern Portalsoftware.

Je nach Herkunft setzen die Anbieter unterschiedliche Schwerpunkte. Ein Anbieter wie SAP hat daher die Nase vorn, wenn es um die Einbindung der hauseigenen ERP-Systeme in ein Unternehmensportal geht. Im Gegensatz dazu wenden sich Bea und Plumtree an Anwender mit heterogenen IT-Umgebungen. Ihre Produkte bieten zahl-reiche Schnittstellen zu Backend-Systemen.

Große Unterschiede weisen die Lösungen auf, wenn es um die Vorkonfektion von Portalkomponenten geht. Viele Portallösungen sind letztendlich große Baukastensysteme mit einer Vielzahl lose verzahnter Werkzeuge. Diese Lösungen bieten zwar sehr viel Flexibilität beim Aufbau von Portalen, führen aber oft zu langen Projektlaufzeiten, da Softwarespezialisten Anpassungen vornehmen müssen.

Eignungstest sollte sein

Andere Hersteller wollen den Anwendern die Angst vor langwierigen Einfühungsprojekten nehmen und versprechen ihnen, eine fertige Portallösung in zwei Wochen realisieren zu können. Unternehmen kommen nicht umhin, ein Proof-of-Concept mit den in die engere Wahl gekommenen Portalanbietern zu erarbeiten. Auf diese Weise lässt sich schnell erkennen, wie gut die Komponenten der Produkte aufeinander abgestimmt sind und wie aufwändig es ist, die Umgebung an die Bedürfnisse anzupassen.

Alle Anforderungen an ein Portal umfassend zu erfüllen, stellt die Hersteller vor eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Der noch junge Markt reagierte entsprechend: Neben zahlreichen Übernahmen gingen Anbieter Kooperationen mit Spezialisten ein. So kaufte der Content-Management-Anbieter Vignette den Portalexperten Epicentric. Der amerikanische Portal-Player Plumtree kooperiert mit dem Single-Sign-on-Lieferanten Oblix, um das eigene Portfolio zu ergänzen. Daraus resultierten hybride Portallösungen nach einem "Best-of-Breed"-Ansatz. Problematisch ist hierbei jedoch die oft mangelhafte Integrationsfähigkeit der Produkte verschiedener Herkunft, was die Implementierung kostspielig macht. Das trifft jedoch nicht nur auf die Integration von Komponenten unterschiedlicher Hersteller zu. Auch die herstellereigenen Portalelemente können durch unzureichende Integration einen Mehraufwand in Projekten oder im Betrieb verursachen. (fn)

*Bernhard Carli ist Principal Consultant bei Softlab in München. Johannes Kreckel ist Manager bei der Softlab-Tochter Nexolab in München.

Angeklickt

Es gibt nicht die eine Portallösung für alle Anwendungsfälle. Das haben auch die Anbieter erkannt. Zwar bieten sie eine Vielzahl von Funktionsbausteinen an, doch teilweise stammen sie von Kooperationspartnern. Eine fordergründig umfassende Portalsoftware könnte sich als kostspielig erweisen, wenn die einzelnen Komponenten, wie User- sowie Content-Management und Single-Sign-on nur unzureichend integriert sind.