Anforderungsprofil für DV-Newcomer unterscheidet sich von Hochschulwirklichkeit:

Studiker bei Systemsoftware konkurrenzlos

05.06.1981

MÜNCHEN (rs) - Von der Arbeitsteilung zwischen Systemanalyse und Programmierung weg geht der Trend, ergab eine Analyse aller 11 509 Stellenangebote des Jahres 1980 für DV-Fachkräfte in sechs überregionalen deutschen Zeitungen. Eine jetzt veröffentlichte Untersuchung* stützt sich auf eine Totalerhebung der Anzeigen in Welt, Frankfurter Allgemeine, Süddeutsche, Die Zeit, Computer Zeitung und Computerwoche.

Von allen Stellenangeboten des Jahres 1980 stellten dabei mehr als 85 Prozent konkrete Anforderungen an den Bewerber. Ein erstaunlich hoher Prozentsatz der Angebote richtet sich an Hochschulabsolventen. Zwischen den Abschlüssen an Fachhochschulen und Universitäten machen die Unternehmen kaum noch Unterschiede.

In den Bereichen "Hardware" und "Systemsoftware", schreibt Autor Hubert Grawe, Lüneburg, haben Hochschulabgänger wenig, im Bereich Anwendungssoftware merkliche Konkurrenz von Bewerbern ohne Hochschulabschluß.

Eine Informatikausbildung verlangen die stellenausschreibenden Unternehmen etwa genauso häufig wie eine mathematisch-technische. Beide werden jedoch weit übertroffen von der kaufmännischen Ausbildung. Dieses Übergewicht ist groß im Bereich "Anwendungssoftware" und überraschenderweise auch bei "Führungskräften". Im Nachfragemerkmal "Hardware-Kenntnisse" spiegelt die Verteilung ungefähr die Marktanteile wider. Es gibt der Untersuchung zufolge eine Ausnahme: Kenntnisse von Nixdorf-Systemen werden sehr selten verlangt. Spezielle Betriebssystemkenntnisse sind deutlich häufiger ge-

wünscht als Hardware-Kenntnisse. Bei den Programmiersprachen ist Cobol rund dreimal so stark gefragt wie die nächste im Rang folgende höhere Programmiersprache PL/1. Assembler wiederum wird doppelt so häufig verlangt wie PL/1.

Die Untersuchung kommt zu dem Schluß, daß für Hochschulabsolventen im Vergleich zu Mitbewerbern ohne Studium gilt:

þAls Anfänger haben sie wesentlich bessere Chancen.

þDie Forderung nach Hardware-Kenntnissen ist bei ihnen undifferenzierter.

þDie Forderung nach Betriebssystemkenntnissen dagegen nicht: Fast 90% der Nennungen betreffen IBM- oder Siemens-Betriebssysteme.

þAssembler ist für alle Fachrichtungen etwa gleich wichtig.

þCobol behält für kaufmännische Fachrichtungen seine Favoritenstellung, für die anderen Fachrichtungen gewinnt Fortran an Bedeutung.

þKenntnisse in DB- und DC-Systemen haben im ganzen ein sehr hohes Gewicht, werden bei Hochschulabsolventen im Mittel aber nur halb so häufig verlangt.

þDagegen werden Englischkenntnisse bei Hochschulabsolventen noch stärker verlangt, als das über alles mit rund 16 Prozent schon der Fall ist.

þUnter den Hochschulabsolventen ist die Nachfrage nach kaufmännischer Ausbildung zwar nicht mehr führend, die drei Fachblöcke (Informatik, math./techn., kaufmännisch) haben aber etwa gleiches Gewicht.

Vergleicht man diese Ergebnisse mit den an deutschen Hochschulen installierten Rechnern und Betriebssystemen sowie der "mittleren jährlichen CPU-Bedarfszeit eines Studenten" unterschiedlicher Fächer, wie sie die Kommission für Rechenanlagen

der DFG für ihre Planungen benutzt, schließt die Untersuchung, so scheinen die DV-Situation an den Hochschulen und die einschlägigen Studiengänge doch überdenkenswert.

* Informationen, insbesondere auch über die Probleme der Datenerhebung: Angewandte Informatik, Heft 4J81, erschienen im Vieweg-Verlag, Postfach 5829, 6200 Wiesbaden 1.