Studierende forschen für IBM auf Zeit

05.10.2005
Mit dem Projekt "Extreme Blue" öffnet das Unternehmen jedes Jahr zwölf Wochen lang Hochschülern die Türen seiner Labors.

Praxiserfahrung sammeln, Kontakte mit einem möglichen Arbeitgeber knüpfen oder internationales Flair - Gründe gibt es viele, weshalb sich Studierende für das Praktikantenprogramm Extreme Blue von IBM bewerben. Andreas Schäfer fügt noch einen weiteren hinzu: "Hier konnte ich in einem echten Projekt mitarbeiten. Das ist viel interessanter als die altbackenen Aufgaben der Professoren an der Uni", lobt der 24-Jährige, der in Jena an der Friedrich Schiller Universität im achten Semester Informatik studiert. Er hat sich wie viele andere im Böblinger Forschungslabor von IBM beworben. Nun arbeitet er in einem Team mit Tatjana Bauer, die an der Universität St. Gallen kurz vor ihrem Master-Abschluss steht, dem Physik- und Informatikstudenten Valentin Schwamberger aus Tübingen und dem informatikstudenten Sascha Szott aus Halle zusammen.

Extreme Blue

1999 begann IBM mit 25 Studierenden in den USA das Praktikantenprogramm, bei dem heute jährlich mehr als 150 Teilnehmer in zehn Entwicklungszentren eine Lösung für ein eigenes Forschungsprojekt erarbeiten. Seit 2002 gibt es die zwölfwöchigen Forschungspraktika auch in Europa. Details zur Bewerbung für 2006 finden sich unter www.ibm.com/de/ entwicklung/extremeblue.

Die vier Studierenden hatten einen engen Zeitplan: Sie sollten innerhalb von zwölf Wochen auf Open-Source-Basis eine so genannte Monte-Carlo-Simulation mittels Grid-Architektur entwerfen. Die Risikoanalysen mit dem Titel Monte-Carlo setzen überwiegend Banken oder Finanzdienstleister ein, um Kreditvergaberichtlinien (Basel II) zu erfüllen. Da die Semesterferien in Deutschland später beginnen, hatte das Böblinger Team bis zur Präsentation in Dublin nur acht Wochen Zeit, eine akzeptable Lösung zu entwickeln.

Während der Entwicklungszeit standen den jungen Forschern zwei Mentoren zur Seite, die in technischen oder betriebswirtschaftlichen Fragen weiterhalfen. Außerdem stellten sie Kontakte zu anderen IBM-Mitarbeitern her, deren Fachwissen das Entwicklerteam nutzen wollte. Die Mentoren waren vom Arbeitseifer und dem Fachwissen der Teams angetan; viel Freiraum ermöglichte es den Studierenden, zunächst eigene Lösungen zu finden. Regelmäßige Besprechungen mit den Betreuern halfen über kleinere Klippen hinweg. Die Teilnehmer verbessern mit der engen Zusammenarbeit während des Projektes ihre Chancen auf eine Anstellung bei IBM. Schätzungsweise die Hälfte der Extreme-Blue-Teilnehmer bewirbt sich nach dem Studium um eine Festanstellung.

Margaret Ashida, Director Global University Talent Program, verantwortet auch das Praktikantenprogamm Extreme Blue. Die Verbindung von Business und Technik gehört für die Managerin zu den Vorteilen des Programms. Während Studierende beider Fachbereiche an den Hochschulen kaum kooperieren oder sich austauschen, bilden sie während des Projekts gemeinsame Teams. Von einer gelungenen Zusammenarbeit profitiert IBM, denn mehr als 60 neue Produkte entstanden seit Programmbeginn 1999 aus Extrem-Blue-Projekten und Ideen.

Dieses Innovationsprogramm möchte Ashida ausbauen. Bisher arbeiteten in IBM-Labors in Nordamerika, China, Europa und Indien jedes Jahr Studierende an neuen Produkten. Zusätzlich sollen sich bald Studierende aus Mittel- und Osteuropa, wo IBM keine eigenen Forschungslabors unterhält, in anderen Ländern bewerben können. (iw)