Eine Belastung für alle

Stressjob für Führungskräfte - wie Sie Entlassungen meistern

31.03.2010
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Die "Survivors" nie aus dem Blick verlieren

Die Personengruppe, der bei einem Personalabbau meist die wenigste Aufmerksamkeit geschenkt wird, sind die "Survivors" - also die Mitarbeiter, die im Unternehmen verbleiben. Dabei will das Unternehmen mit ihnen die Zukunft meistern.

Gerade die Survivors durchleben im Verlauf des Personalabbauprozesses ein Wechselbad der Gefühle. Zu-nächst plagt sie selbst die Angst: Was wird aus mir? Und steht endlich fest, dass sie bleiben dürfen, bedauern sie die Betroffenen, mit denen sie teils jahrelange (Arbeits-)Beziehungen verbinden, und würden gerne etwas für ihre Kollegen tun - auch weil sie sich als "Verbleibende" teilweise mitschuldig an deren Schicksal fühlen. Auf der anderen Seite wollen sie gegenüber dem Unternehmen loyal bleiben und haben (nach einiger Zeit) oft ein gewisses Verständnis für die Entscheidung der Unternehmensführung, während die Betroffenen weiterhin auf die Firma und das Management schimpfen.

Dieses Hin- und Hergerissen-Sein führt auch bei den Survivors zu Verhaltensänderungen. Denn obwohl sie wissen, dass sie im Unternehmen verbleiben können, ist, solange der Personalabbau nicht vollzogen ist, ihr Kopf nicht frei. Deshalb ist auch ihre Arbeitsmotivation und -leistung geringer als normal. Und zuweilen verlassen einige freiwillig das Unternehmen. Wie stark die Verhaltensänderung bei den Survivors ist, hängt stark davon ab,

- ob sie das Gestalten des Personalabbauprozesses als fair erachten,

- wie sie die Auswirkungen des Personalabbaus auf ihre eigene Arbeitssituation einschätzen und

- wie stark Sie als Führungskraft ihnen in dieser "Leidensphase" Orientierung und Halt bieten.

Entsprechend wichtig ist es, dass Sie, wenn feststeht, wer das Unternehmen verlässt, gezielt auch das Gespräch mit den Survivors suchen - nicht nur, um sie über den Stand der Dinge zu informieren. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass Sie

- sich gezielt nach ihrem Befinden erkundigen,

- ihnen Verständnis dafür signalisieren, dass sie ein Wellenbad der Gefühle durchlaufen, und

- ihnen - soweit möglich - ihre weiteren Perspektiven im Unternehmen aufzeigen.

Das heißt, gerade in der Zeit, in der die Gekündigten noch im Unternehmen verweilen, müssen Sie als Führungskraft eine hohe Präsenz zeigen, denn so lange hält auch die innere Zerrissenheit der Survivors an.