Wie man Überlastung in den Griff bekommt und erfolgreich handelt

Stress ade: Konkrete Ziele motivieren

20.08.2004

"Mein Arbeitsplatz ist gefährdet, das stresst mich zusätzlich zu den Konflikten mit Vorgesetzten und Mitarbeitern", erklärt ein Siemens-Manager seine Motivation, an dem Seminar "Unter Druck erfolgreich handeln" teilzunehmen. "Wir haben in unserer Firma Einstellungsstopp, ich erledige drei Jobs gleichzeitig. Das mache ich noch sechs Monate, dann ist der Ofen aus", äußert sich ein anderer Manager trocken. Die übrigen fünf Kursteilnehmer klagen über zu wenig Zeit für zu komplexe Aufgaben und über zu häufige Arbeitsunterbrechungen. Genau auf diese Probleme ist das Seminar, das Trainer Bernd Melka für den Weiterbildungsveranstalter IIR Deutschland in München leitet, ausgerichtet: Thema der kommenden zwei Tage soll sein, wie man Überbelastung und Stresssituationen durch effizientes Zeit-Management und persönliche Arbeitsplanung in den Griff bekommt.

Wer sich nun ein oder zwei Patentrezepte als Allheilmittel aus diesem Workshop erwartet hat, der werde jedoch enttäuscht, warnt Melka. Nichts gehe ohne Selbstanalyse als Schlüssel zur Problemlösung, sagt der Trainer und unterzieht die Teilnehmer erst einmal einem Test, bei dem die Charaktereigenschaften ausgelotet werden. Diese Selbsterkenntnis soll helfen, die eigenen Eigenschaften, inklusive der Ecken und Kanten, erfolgreich einzusetzen.

Mit diesem Grundrüstzeug versehen, geht es an das Thema Stress. Melka beschreibt dieses Phänomen als einen "Spannungszustand, der sowohl positiv als auch negativ für Menschen sein kann". Stress im positiven Sinne ("Eu-Stress") motiviert und treibt an. Von "Dis-Stress" spricht man, wenn Spannungszustände zu häufig auftreten und die Erholungsphasen zwischen den Stresssituationen zu kurz sind oder wegfallen. Das kann zu gravierenden körperlichen und seelischen Störungen führen.

Stressauslöser abschalten

Stressauslöser können physische Belastungen sein wie etwa schwere körperliche Arbeit, Lärm oder Bewegungsmangel. Zu den psychischen Stressauslösern zählen Termindruck, Konkurrenzkampf oder Konflikte mit Vorgesetzten. Auch negative Gedanken können stressen: wenn man es allen recht machen will oder immer nur vom Schlimmsten ausgeht.

"Haben Sie sich nie gefragt, warum Sie im Konfliktgespräch mit dem Chef nie die passende Antwort finden? Und eine halbe Stunde später fällt Ihnen dann die treffende Bemerkung ein?", fragt Melka in die Runde. Die Erklärung: Bei Stress wird Adrenalin ausgeschüttet, das die Leitfähigkeit der Neuronen im Gehirn verhindert und das Denken erschwert. Daher kommt es oft zu unvernünftigen Reaktionen. Um vernünftig kontern zu können, braucht das Gehirn Zeit. Eine bewährte Methode in diesen Situationen ist daher die (konkretisierende) Gegenfrage, um Zeit zu gewinnen. Wenn der Chef etwas sofort will, dann sollte man fragen: "Wann genau brauchen Sie das?"

Stress lässt sich bewältigen, indem die Stressauslöser abgeschaltet, verringert oder vermieden werden. So kann man den Stau auf dem Nachhauseweg von der Arbeit durch die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln abwenden oder das ständig klingelnde Telefon ausschalten. Der Betroffene kann zudem an sich selbst arbeiten, um den Stress in den Griff zu bekommen, indem er sich ablenkt, aktiv seine Gedanken stoppt, aufmunternde Selbstgespräche führt oder "Dampf ablässt". Diese Methoden wirken jedoch nur kurzfristig. Langfristig müssen Gestresste ihre Einstellung und ihr Verhalten in Stresssituationen ändern, sich ihre Zeit besser einteilen sowie Entspannungszeiten einplanen.

Ein Teilnehmer schildert eine konkrete Stresssituation: "Was ist, wenn ich unmögliche Aufgaben von meinem Chef aufgehalst bekomme? Ich kann doch schlecht Nein sagen." Hier empfiehlt es sich, die Aufgabe nicht einfach durch ein brüskes "Nein, das geht nicht", abzulehnen, sondern zu signalisieren, dass man die Problemstellung sorgfältig geprüft habe und die zugedachte Arbeit in der "vorgegebenen Form" bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erledigen könne.

Zeitdiebe und andere Zeitfallen

Ein gutes Zeit-Management hilft, den Stress abzubauen. Zunächst geht es darum, "Zeitdiebe" wie fehlende Prioritäten, Verstrickung in Details oder zu häufige Unterbrechungen durch Telefonate oder Kollegen zu identifizieren. Zeitdiebe können verschiedene Ursachen haben wie beispielsweise die Neigung, unangenehme Dinge aufzuschieben. Auch Überanpassung oder der Drang, es immer allen recht machen zu wollen, führt dazu, dass man seine eigentlichen Aufgaben vernachlässigt, um Jobs für andere zu erledigen. Agitation wiederum sorgt dafür, Energie für sinn- und ziellose Aktivitäten wie etwa hektisches Rauchen zu verschwenden. Das Motto lautet hier, seine Kräfte auf die wenigen wichtigen Aktivitäten zu konzentrieren getreu dem "Pareto-Prinzip". Der italienische Ökonom Vilfredo Pareto fand heraus, dass 20 Prozent der Gesamtbevölkerung 80 Prozent des Volksvermögens besitzen. Auf das Zeit-Management übertragen hieße dies, 20 Prozent des Einsatzes an der richtigen Stelle zu bringen, um bereits 80 Prozent der Aufgaben eines Tages zu bewältigen.

Wer sich mit Zeit-Management und aktiver Lebensplanung beschäftigt, kommt an dem Thema Zielsetzung beziehungsweise Zielerreichung nicht vorbei. Wer sich Ziele setzt, so die Motivationsforschung, ist glücklicher und erfolgreicher. Zielorientierung trägt dazu bei, dass man sich dafür Strategien überlegt und die Aufgaben so besser bewältigt. Die meisten Menschen allerdings planen ihren Urlaub wesentlich intensiver als das nächste Berufsjahr, bedauert der Trainer. Mangelnde Karriereplanung bewirkt, dass Zeit und Energie im Berufsleben fehlgerichtet sind oder vergeudet werden. Wichtig sind kurz- und langfristige Berufsziele, die messbar und realistisch sind. Der häufigste Fehler bei der Zielplanung liegt in einer zu ungenauen und unkonkreten Formulierung der gewünschten Ziele. Daher finden viele den Weg zum Ziel nicht. Es reicht nicht zu sagen, "Ich will meine Arbeit besser planen", sondern "Ich werde jeden Morgen bei Arbeitsbeginn fünf bis zehn Minuten Zeit aufwenden, um einen schriftlichen Tagesplan zu formulieren." Für die Zielerreichung rät Melka zu einem Modell aus der Verhandlungspraxis: Man solle sich ein Maximal- und ein Minimal-Ziel setzen und dazwischen drei Alternativen skizzieren. So erreiche man eine flexiblere Ziellandung, habe mehr Erfolgschancen, als wenn man nur ein starres, eng begrenztes Ziel definiere.

Tools für die persönliche Arbeitsplanung

Generell gilt bei der persönlichen Arbeitsplanung: Ziele definieren, dann die Maßnahmen planen, die Aktivitäten realisieren und schließlich die Zielerreichung kontrollieren.

Als Tool für die Aufgabenplanung und Prioritätensetzung eignet sich der Tagesplaner. Wichtige Aktivitäten können so geplant und koordiniert, Aufgaben delegiert und kontrolliert werden. Um die gesetzten Tagesziele zu erreichen, sollte man von folgendem Ansatz ausgehen: 20 Prozent der Zeit für kreative Zeiten, 60 Prozent für geplante Tätigkeiten und 20 Prozent für Unerwartetes reservieren. Zudem heißt es, den persönlichen Biorhythmus zu berücksichtigen. Wer ein Leistungshoch am Vormittag hat, sollte die komplizierten Aufgaben vor dem Mittagessen angehen. Für das verdauungsbedingte Leistungstief nach dem Mittagessen eignen sich Routinearbeiten. Viele erleben vor dem Feierabend noch ein Zwischenhoch, was sich wiederum für anspruchsvollere Jobs eignet.

Ab in die Tonne

Eine weitere Hilfe bei der Prioritätensetzung ist die "ABC-Analyse". Hierbei fallen Aufgaben in die Kategorie A, wenn sie dringlich und wichtig sind. Diese sollten sofort selbst erledigt werden. Zu Kategorie B zählen jene Aufgaben, die zwar wichtig, aber (noch) nicht so zeitkritisch sind. Sie können zur späteren eigenen Erledigung ausgezeichnet oder aber an andere Mitarbeiter delegiert werden. Bei der C-Gruppe handelt es sich um unwichtige, aber dringliche Aufgaben, die man sofort delegieren oder kurzfristig am Ende des Tages oder in den Leistungstiefs einschieben sollte. Als vierte Alternative steht schließlich noch die Ablage P für die Aufgaben zur Verfügung, die weder wichtig noch dringlich sind - getreu dem Motto von Kurt Tucholsky: "Die Basis einer gesunden Ordnung ist ein großer Papierkorb."

Hier lesen Sie ...

- wie Stress zustande kommt und wie man ihn eindämmt;

- warum es hilft, sich konkrete Ziele zu setzen;

- wie man Zeitdiebe entdeckt und ausschaltet;

- welche Tools die persönliche Arbeitsplanung unterstützen.

Sortierte E-Mails

Zeitraubend ist die E-Mail-Flut, die täglich zu bewältigen ist. Bei intern verschickten Mails bietet es sich an, ein bestimmtes Stichwort wie etwa "Termin", "Antwort", "Info" oder "Reaktion/zu erledigen" in die Betreffzeile zu setzen. Der Adressat erfasst so auf einen Blick, was von ihm verlangt wird, und kann entscheiden, ob und wann er die Nachricht beantworten will. Werden die Betreff-Stichwörter vergessen, gehen die Mails ungelesen an den Absender zurück.

Checkliste Planungsarbeit

- Ziele in überschaubaren Zeitabschnitten planen (Monate, Wochen, Tage, Stunden);

- schriftlich Planen (Gedächtnisstütze, Kontrollinstrument, Zeitgewinn);

- angemessenen Zeitbedarf pro Arbeitsschritt festlegen;

- Arbeiten am gleichen Ort sowie gleichwertige Aufgabenpakete zusammenfassen (Synergieeffekte);

- Wartezeiten durch konsequente Terminplanung vermeiden;

- Zeitplan mit allen Beteiligten abstimmen;

- Gespräche auf Zielsetzung kanalisieren und Sprechzeiten einrichten;

- Einplanen von Regenerationszeiten (Erholung) und stillen Stunden (für A-Aufgaben);

- eine Sache pro Tag tun, die Spaß macht (Motivation).