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Streit um Open-Source-Lizenz GPL erhitzt die Gemüter

06.02.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - "Die GPL ist zu keinem Zeitpunkt als juristisches Dokument von ihren Machern verstanden worden. Es handelt sich um ein außerrechtliches Memorandum". Mit dieser Ansicht sorgte Thomas Hoeren von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster gestern für Aufregung. Der Hochschullehrer referierte auf einem Kongress des Münchner Kreises zum Thema Open Source. In einem für die Linux-Anhänger ebenso erheitertenden wie provozierenden Vortrag sprach Hoeren davon, dass Richard Stallman, einer der Urheber der General Public License (GPL), "antijuristisch" denke. Die GPL ist die am weitesten verbreitete Lizenz in der Open-Source-Welt. Viele Fragen im Zusammenhang mit der GPL seien juristisch nicht lösbar, so Hoeren. Seine Ausführungen untermalte er mit älteren Fotos von Stallman, die den Gründer der Free Software Foundation (FSF) unter anderem mit Heiligenschein als einen kompromisslosen und anarchistischen Verfechter des

Open-Source-Gedankens erscheinen ließen.

Sichtlich verärgert reagierte Bruce Perens, ebenfalls ein prominenter Open-Source-Protaganist, auf den Vortrag. Er verlangte "etwas mehr Respekt" vor den Leistungen Stallmans, der sein ganzes Erwachsenenleben der Förderung quelloffener Software gewidmet habe. Die Ausführungen zu den angeblichen juristischen Problemen im Zusammenhang mit der GPL seien zum Teil schlicht falsch; Hoeren hätte sich besser vorbereiten sollen. Auch Till Jaeger vom Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software in München, kritisierte die Thesen heftig. Die GPL lasse sich sehr wohl mit deutschem Recht vereinbaren; gerne lasse er Hoeren entsprechendes Informationsmaterial zukommen.

Abgesehen von den emotionalen Ausbrüchen konnten die rund 200 Zuhörer der juristischen Fachdiskussion nur wenig abgewinnen. "Klar ist nur, dass überhaupt nichts klar ist", resümierte ein Teilnehmer am Ende der Veranstaltung. (wh)