Open-Systems-Anbietern fehlt marktreife Font-Technologie gegen Microsoft

Streit um die Standardschrift fuer World Wide Web entbrannt

15.03.1996

Zu dem neuen Zwist kam es, als Adobe, Apple und Netscape ankuendigten, dass sie gemeinsam einen neuen Font-Standard fuer HTML einfuehren wollen. Im Gegenzug konterte die Gates-Company mit einem eigenen Spezifikationsentwurf, den bereits 40 namhafte Hersteller wie HP, Oracle oder Macromedia unterstuetzen wollen. Beide Vorschlaege sollen die Designer von WWW-Seiten in die Lage versetzen, Fonts zu verwenden, die ein Betrachter lesen kann, ohne zusaetzliche Schrifttypen herunterladen zu muessen.

Branchenkenner halten das erneute Scharmuetzel um die WWW- Herrschaft - Microsoft und Netscape bekriegen sich bereits heftig bei den Browsern und Servern - fuer sinnlos. "Der Kampf um Fonts ist Zeitverschwendung", kritisierte Rob Enderle, ein Analyst der Giga Information Group in San Jose, "ich bezweifle, dass es die anderen schaffen, auf diese Weise Microsoft zu besiegen." Bei Adobe sieht man dies anders und betont die Ueberlegenheit des eigenen Entwurfs, da dieser beide Klassen der bestehenden Adobe- Fonts und Truetype unterstuetzt. Microsofts Vorschlag beziehe sich jedoch nur auf die Truetype-Fonts, die das Unternehmen mit seinen Produkten bundelt.

Bei Netscape wird der derzeitige Font-Streit bereits zum Kampf der Anbieter offener Systeme gegen Microsoft hochstilisiert. Allerdings duerfte der Monopolist das entscheidende Trumpf-As im Aermel haben: Microsofts neue Font-Technologie soll bereits Ende des Monats auf dem Internet-Server der Company verfuegbar sein. Netscape dagegen nennt noch keinen genauen Auslieferungstermin, sondern verweist lediglich darauf, dass die Fonts irgendwann spaeter im Laufe des Jahres verfuegbar sein sollen.