Web-Hoster muss für ausreichende Kapazitäten sorgen

Strato wegen Ausfalls zu Schadensersatz verurteilt

25.01.2002
MÜNCHEN (CW) - Das Amtsgericht Berlin Charlottenburg hat die Strato AG wegen Ausfällen eines gehosteten Online-Shops zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Hat das Urteil Bestand, droht Strato eine Welle von Klagen.

Der Betreiber eines Online-Shops, dessen Angebot im Dezember 2000 für zehn Tage nicht verfügbar war, soll 4500 Euro für entgangene Gewinne erhalten. Der Kläger hatte seinen Shop, über den er Reisen und Eintrittskarten verkaufte, seit dem 10. Januar 2000 bei der Strato AG in Betrieb.

CGI-Skripte seien laut Strato der Grund für die Abschaltung gewesen. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die der Kunde mit Vertragsabschluss akzeptiert habe, behalte es sich der Web-Hoster vor, das Angebot eines Kunden ohne Vorwarnung zu sperren, falls dieser im Rahmen seines Angebots Programme arbeiten lässt, die das Betriebsverhalten oder die Sicherheit des Servers beeinträchtigen. So hätten fehlerhafte CGI-Skripte den Web-Server überlastet. Deshalb sei es im Interesse der anderen Kunden notwendig gewesen, das Angebot abzuschalten.

Dieser Argumentation will das Amtsgericht nicht folgen. Da ein Web-Hosting-Vertrag nach dem Mietrecht zu beurteilen sei, stelle die Nichtabrufbarkeit der Inhalte einen Mangel der Mietsache dar. Die Erklärung der Strato-Verantwortlichen, dass sie durch den Partner und Rechenzentrumsbetreiber KPN Qwest nur unzureichend über den Vorfall informiert gewesen seien, lässt das Gericht nicht gelten. Eine Vertragspartei könne sich nicht "durch arbeitsteilige Organisation prozessualen Erklärungspflichten entziehen", sondern müsse "zumindest Erkundigungen anstellen".

Da sich der Kunde unmittelbar nach dem Ausfall seines Online-Shops bei Strato beschwert hatte, wäre es Aufgabe des Betreibers gewesen, die Störung sogleich zu beseitigen. Da im Vorweihnachtsgeschäft vermehrt Zugriffe auf die Seite erfolgten, hätte der Web-Hoster für ausreichende Kapazitäten sorgen müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen.

Für Strato könnte das Urteil weit reichende Folgen haben. Ende März letzten Jahres waren wegen Problemen mit EMC-Speichern im Karlsruher Rechenzentrum von KPN Qwest Tausende von Web-Angeboten für Tage nicht verfügbar. Bekommt das Urteil des Berliner Gerichts Grundsatzcharakter, drohen dem zum Teles-Konzern gehörenden Web-Hoster weitere Schadensersatzforderungen.

Dem Web-Hoster bleibt ein Monat Zeit, um Berufung gegen den Spruch einzulegen. Strato-Sprecher Andreas Maurer erklärt, die Rechtsabteilung prüfe derzeit zusammen mit dem Partner KPN Qwest, ob und wie man das Urteil anfechten könne.

Von Ausfällen betroffene Strato-Kunden äußern in Internet-Foren ihre Genugtuung über das Urteil. Strato habe zu hoch gepokert und sich diesmal nicht mit außergerichtlichen Zahlungen das Stillschweigen erkaufen können, schreibt ein Forumsteilnehmer. Ein weiterer Strato-Kunde hofft, dass andere ebenfalls den Mut zu einer Klage haben: "Denn wir sehen: Es ist machbar!" (ba)