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STOCK OPTIONS - DIE UNWÄGBARKEITEN

16.06.2000

In Deutschland war das Thema Mitarbeiterbeteiligung in Form von Aktienoptionen (Stock Options) bis vor kurzem noch eine rechtliche Grauzone. Rechtsprechung und Steuergesetzgebung brauchten lange, um sich auf diese neue Entgeltform einzustellen. Erst mit dem zum 1. Mai 1998 in Kraft getretenen Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) wurde für Aktiengesellschaften die notwendige Klarheit geschaffen. Das KonTraG regelt unter anderem den Kreis der Bezugsberechtigten (Vorstände, Mitglieder der Geschäftsleitung, Mitarbeiter, aber nicht Aufsichtsräte) sowie die Höhe des für Stock-Options-Programme zur Verfügung stehenden Kapitals, das zehn Prozent des jeweils registrierten Grundkapitals nicht übersteigen darf.

In der Regel kann ein Mitarbeiter seine Option frühestens zwei Jahre nach der Gewährung ausüben; viele Firmen haben diesen Zeitraum aber durch individuelle Regelungen drastisch verlängert. Zum Teil geht diese Bindungsfrist sogar weit über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses (drei bis vier Jahre; so genannte Vesting Period) hinaus. Mit anderen Worten: Man operiert hier mit einer Art Treueprämie. Sinnvollerweise wird ein Mitarbeiter seine Option nur dann ausüben, wenn der Aktienkurs deutlich höher als sein individueller Bezugspreis ist. Technisch läuft das Ganze so ab, dass dem Mitarbeiter nach Zahlung des Basispreises, also dem zu Beginn vereinbarten Wert pro Firmenanteil, Bezugsaktien zum aktuellen Kurs ausgegeben werden, die von diesem dann Gewinn bringend veräußert werden können.

Die Versteuerung dieses Gewinns ist hierzulande jedoch äußerst kompliziert beziehungsweise in der Rechtsprechung umstritten. Grundsätzlich wird zwischen der so genannten Anfangs- und Endbesteuerung unterschieden. Im ersten Fall gilt bereits die Einräumung von Optionsrechten zu einemfesten Bezugspreis als lohn- beziehungsweise einkommenssteuerrechtlicher Vorgang, bei dem die spätere Wertsteigerung des Optionsrechts unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei bleiben kann. Diese Vorgehensweise wurde bis dato allerdings nur in Einzelfällen von der Oberfinanzdirektion München abgesegnet und gilt seither unter Experten als "Münchner Modell".

Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofes ist dies aber so nicht mehr zulässig. Demnach müssen jetzt grundsätzlich die Gewinne bei der Ausübung des Optionsrechts im Zuge der so genannten Nachbesteuerung berücksichtigt werden. Angesichts des in Deutschland hohen Grenzsteuersatzes von 53 Prozent zuzüglich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag - in den USA beträgt der Grenzsteuersatz für steuerpflichtige Arbeitnehmer lediglich 20 Prozent - keine sehr motivierende Vorstellung. Allerdings ist hier noch nicht das letzte Wort gesprochen. Weitere Klagen vor dem Bundesfinanzhof und dem Bundesverfassungsgericht sind dem Vernehmen nach in Vorbereitung; in der Fachliteratur gilt das Thema als "heiß und höchstrichterlich keineswegs geklärt". Experten gehen deshalb bis auf weiteres davon aus, dass Unternehmen wie betroffene Mitarbeiter und Steuerberater in dieser Angelegenheit noch "Gestaltungspielraum haben.