Treuegelöbnis in Texas

Steve Ballmer beschwichtigt Microsoft-Partner

10.07.2008
Die Auftritte von Microsoft-Chef Steve Ballmer vor Mitarbeitern, Entwicklern oder auf Partnerkonferenzen sind legendär. Auf der WPC 2008 in Houston schlug er ungewohnte Töne an.

Sein "Monkey Dance" auf einem Mitarbeitertreffen von Microsoft hat als Web-Video einem Millionenpublikum vorgeführt, wie energiegeladen und enthusiastisch Ballmer bei solchen Gelegenheiten sein kann. Auf der weltweiten Partnerkonferenz WPC 2008 in Houston hielt Ballmer sich am Mittwoch (Ortszeit) jedoch mit lautstarken Einlagen zurück und versuchte stattdessen, mit leiseren Tönen der verunsicherten Gemeinde der Microsoft-Partner Vertrauen einzuflößen.

Microsoft wickelt 95 Prozent seines Milliardenumsatzes über Partnerfirmen ab. 640.000 dieser Unternehmen weltweit sind mit dem Softwaregiganten verbunden. Vertreter von 7500 von ihnen waren nun nach Texas gekommen, um von Ballmer zu erfahren, wie das Geschäft nach dem Ausstieg von Microsoft-Gründer Bill Gates weiterlaufen soll und auf welche Änderungen sie sich einstellen müssen.

Berichte über den schleppenden Absatz und den schlechten Ruf des neuen Windows-Betriebssystems Vista hatten im Vorfeld des Branchentreffens für Unruhe gesorgt. Kurz vor Konferenzbeginn war beispielsweise bekanntgeworden, dass der langjährige Microsoft-Verbündete Intel auf eine groß angelegte Einführung von Windows Vista im eigenen Haus verzichtet. Der weltgrößte Chiphersteller wird voraussichtlich auf die kommende Generation, Windows 7, warten. Diese Sorgen will Microsoft jetzt mit einer 300 Millionen Dollar teuren Marketing-Kampagne aus dem Weg räumen. Außerdem verspricht der Softwaregigant allen Kunden der Vista-Varianten "Ultimate" und "Business" weltweit kostenfreien Support.

Unklar war für viele Partner auch, welche Rolle für sie übrig bleibt, wenn wichtige Büroanwendungen künftig von Microsoft direkt als Dienstleistung aus dem Netz angeboten werden und nicht mehr lokal beim Kunden installiert und gewartet werden müssen.

Die Antwort des bulligen Microsoft-Chef in Houston fiel überraschend filigran aus: "Plus ça change, plus c'est la même chose", zitierte Ballmer den Schriftsteller Jean-Baptiste Alphonse Karr auf Französisch. "Je mehr sich verändert, desto mehr bleibt sich gleich." Übertragen auf die Software-Branche heißt das: Die Partner bleiben für Microsoft unverzichtbar, auch wenn sich Technologien oder Geschäftsmodelle ändern, beschwor der Microsoft-CEO die rund 12.000 Konferenzteilnehmer.

In der Praxis wird Microsoft dieses Treue-Gelöbnis etwa bei den neuen "Online Services" in die Realität umsetzen, mit denen der Softwarekonzern Unternehmensanwendungen wie "Exchange" oder "SharePoint" als Dienste aus der Netz-Steckdose anbietet. Obwohl Microsoft die Dienste aus eigenen Rechenzentren bereitstellt und die komplette Abrechnung mit den Kunden übernimmt, dürfen Partner bei einer erfolgreichen Vermittlung des Dienstes 18 Prozent im ersten Jahr und danach immerhin noch sechs Prozent vom laufenden Umsatz einbehalten. "Ich bin sicher, dass sich unseren Partnern im Software-plus-Service-Zeitalter unglaubliche Möglichkeiten eröffnen, den Kunden Werte zur Verfügung zu stellen", betonte Ballmer.

Lynn-Kristin Thorenz, Analystin von Pierre Audoin Consultants (PAC) in München, nannte in Houston den Einstieg von Microsoft in den Markt der Online-Business-Software "überfällig". "Microsoft wird nun versuchen zu beweisen, dass nicht nur Spezialisten wie Salesforce.com dies können." Thorenz geht allerdings davon aus, dass die Online-Softwaredienste vorerst in Nordamerika eine größere Rolle spielen werden als auf dem deutschen Markt. "Ein Mittelständler in Deutschland ist viel konservativer und tut sich schwer mit dem Gedanken, dass seine Daten in der Netz-Wolke liegen." (dpa/tc)