Business Intelligence/Von Business Intelligence zu Business Performance Management

Steuerungssysteme für die Entscheider

18.07.2003
Seit Jahren versucht die IT, Manager und Vorstände bei der Gewinnung entscheidungsrelevanter Informationen zu unterstützen. Jüngstes Beispiel sind Systeme für Business Performance Management, die eine bessere Unternehmenssteuerung ermöglichen sollen. Von Uwe Hannig und Andreas Hahn*

Schon kurz nach dem Beginn der Nutzung von Datenbanken in den Unternehmen entstand der Wunsch nach Software, die dem Management Informationen zur Verfügung stellt, welche es für die Analyse und Planung braucht. Der Begriff Management-Informationssystem (MIS) war geboren. Die Versuche zur Entwicklung von MIS in den 60er und 70er Jahren scheiterten jedoch schon im Ansatz aus technischen Gründen.

Dies traf ebenso auf die im Zuge des Operation Research in den 70er Jahren entwickelten Decision-Support-Systeme (DSS) beziehungsweise Entscheidungsunterstützungssysteme (EUS) zu. Ziel war nun nicht mehr die reine Datenversorgung, sondern die Unterstützung der Entscheider durch sinnvolle Informationen. Unabhängig von den technischen Mängeln der damaligen Systeme war kein Entscheider davon zu überzeugen, dass ihn ein Computer beim kreativen Lösen von Management-Aufgaben entlasten könnte.

Management winkt ab

Die Begriffe MIS und DSS waren nun negativ besetzt. Als in den 80er Jahren der zweite Anlauf zur Implementierung von MIS gestartet wurde, bevorzugten die Anbieter die Bezeichnungen Führungsinformationssystem oder Executive Information System (EIS). Adressaten waren nun das Topmanagement und die Controller. Letztere hatten mittlerweile erste Erfahrungen mit Planungswerkzeugen und als PC-Anwender Gefallen an Tabellenkalkulationsprogrammen gefunden. Trotz dieser Voraussetzungen und der zunehmenden Verbreitung des Controlling-Gedankens in den Unternehmen konnten sich MIS-Lösungen auch dieses Mal nicht in dem von ihren Protagonisten erwarteten Maß am Markt durchsetzen.

Erst die Konjunkturschwäche zu Beginn der 90er Jahre und eine zunehmend dynamische Unternehmensumwelt sensibilisierten die Entscheider für die Notwendigkeit, aus der Fülle der zur Verfügung stehenden Daten automatisch die richtigen zu extrahieren. Grund für das gestiegene Interesse an MIS war der Trend zur Dezentralisierung und zur Internationalisierung. Entscheidungen müssen vor Ort und können nicht Tausende von Kilometern entfernt in der Zentrale getroffen werden. Gleichzeitig sind die Aktivitäten der Firmeneinheiten zu konsolidieren. Das Topmanagement benötigt Daten in aggregierter Form aus dem ganzen Unternehmen.

Die Erkenntnis, dass ein MIS einzig dann sinnvolle und zuverlässige Ergebnisse liefert, wenn eine vollständige und konsistente Datenbasis vorhanden ist, führte zum Data Warehouse/Mart, dem auf zentraler/dezentraler Ebene für Analysezwecke nutzbaren Datenlager. Etwa zur gleichen Zeit verbreitete sich der 1993 von der Gartner Group geprägte Begriff Business Intelligence (BI), der oftmals synonym zu MIS verwendet wird. Unter BI fasst man jedoch Softwarewerkzeuge zur Extraktion und Auswertung der unternehmensweit vorhandenen Daten und deren Umwandlung in für Entscheider relevante Informationen zusammen.

Zehn Jahre später gibt es nun ein neues Schlagwort: Business Performance Management (BPM). Synonym verwendet werden Corporate Performance Management und Enterprise Performance Management. Die gleich zu Beginn entstandene Begriffsverwirrung warf die Frage auf, ob es sich nicht um alten Wein in neuen Schläuchen handelt. Solche Vermutungen wurden bisher bei jedem neuen betriebswirtschaftlichen IT-System geäußert. Diese Spezies von DV-Spezialisten zeichnet sich dadurch aus, dass sie nach großen Anstrengungen endlich ihr Tagesgeschäft im Griff haben und jetzt jede Veränderung vermeiden möchten. Doch mit BPM werden sie sich wohl anfreunden müssen. Und dies nicht zuletzt deshalb, weil der Begriff in die Welt interner und externer Ratings besser passt als der mehr technisch geprägte BI-Terminus.

BPM ist kein neues Etikett für BI. Letzteres umfasst alle informationstechnischen Instrumente, die das Auswerten von unternehmensweit verfügbaren Daten erleichtern. Die Sicht konzentriert sich auf interne Prozesse. Beim BPM geht es hingegen um die laufende Überprüfung der Ergebniswirkung sämtlicher Unternehmensaktivitäten und deren zielgerichtete Beeinflussung, das heißt um IT-Systeme, mit denen sich die Leistung nicht nur überwachen, sondern auch steuern lässt. Das reicht von der Ideenfindung über den gesamten Management-Prozess. BPM soll also helfen, externe Entwicklungen vorwegnehmend zu erkennen. Wir haben es mit einem neuen Ansatz und nicht nur mit einem Etikettenwechsel zu tun.

In diesem Sinne ist die Balanced Scorecard mit ihren Dimensionen Kunde, Finanzen, interne Prozesse und Lernen ein Instrument des BPM. Sie ermöglicht es, die eigene Leistung zu messen, den Markt zu beobachten und schnell auf seine Veränderungen zu reagieren. Das kann in der Konsequenz bis zur Veränderung des Geschäftsmodells reichen. Werte, Ziele, Strategien und Maßnahmen müssen über Metriken und Kennzahlen miteinander verknüpft werden und sich dadurch steuern lassen. Dem BPM fällt die Aufgabe zu, alle internen und externen Abläufe zu formalisieren und die an den Prozessen beteiligten Personen zu koordinieren.

Unternehmensleistung verbessern

Ein effektives Performance-Management erfasst aber nicht nur die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens, sondern integriert in letzter Konsequenz die Aktivitäten von Lieferanten und Kunden. Nur so lässt sich beispielsweise die Kundenzufriedenheit steigern.

Ein BPM-System ist ein formalisiertes, auf Prozessinformationen aufbauendes IT-System, das Ziele, Strategien und Ergebnisse verknüpft. Es übersetzt Daten in handlungsrelevante Informationen und verteilt diese zur richtigen Zeit an den jeweils richtigen Personenkreis. Ziel ist letztendlich die Automatisierung von Geschäftsprozessen. BPM ist damit die anwendungsgetriebene Weiterentwicklung von Business Intelligence und vereint dieses Konzept mit Ansätzen für das Knowledge-Management zu "Decision Intelligence". Darunter ist im weitesten Sinne der Einsatz von Software-Tools zu verstehen, die externe und interne Daten in handlungsgerichtetes Wissen transformieren. Denn in Zukunft reicht es nicht mehr aus, eine Entscheidungsgrundlage in allgemeiner Form zu bieten. Benötigt werden konkrete Handlungsempfehlungen mit einer Abschätzung ihrer Erfolgswahrscheinlichkeiten. Dann können auch weniger qualifizierte Mitarbeiter an jedem Ort der Welt unter Zeitdruck bessere Entscheidungen treffen.

Analytische Applikationen, die mit Data-Warehouse-Informationen arbeiten, analysieren beim BPM unter Einsatz von BI-Komponenten wie Olap oder Data Mining die Leistung eines Unternehmens. Dies ist der Input für einen Planungsregelkreis mit permanentem Ist-Abgleich.

Anbieter von BI-Software oder ERP-Systemen werben bereits heute damit, BPM umsetzen zu können. Tatsächlich hat jedoch kaum ein Hersteller eine umfassende und wirklich integrierte Lösung im Portfolio. Hierzu ist zunächst die Entwicklung komplexer Prozessmodelle und der Zugriff auf die Daten notwendig, mit denen sich die von Unternehmen oder deren Einheiten erbrachten Leistungen überwachen und via Scorecards steuern lassen. Die BI-Hersteller sollten sich umgebend diesem Feld widmen, da dies sonst vielleicht die Anbieter von Geschäftsprozess-Management-Systemen tun werden. (as)

*Uwe Hannig ist Vorsitzender, Andreas Hahn Geschäftsführer des Instituts für Managementinformationssysteme (IMIS) in Ludwigshafen.

Angeklickt

- Systeme für die Entscheidungsunterstützung galten lange als technisch unausgereift und wenig benutzerfreundlich.

- Anfang der 90er Jahre setzen sich mit der Dezentralisierung und Internationalisierung der Unternehmen Konzepte und Techniken wie Business Intelligence (BI) und Data Warehousing durch.

- Dienen BI-Lösungen vor allem der Kontrolle der Geschäftsaktivitäten, sollen Systeme für Business Perfomance Management das Unternehmen steuern helfen. Sämtliche operativen Prozesse werden einbezogen und mit den Zielen, Strategien und Maßnahmen im Vorstand laufend verglichen.

Abb: Evolutionsschritte

Seit Jahrzehnten beschäftigt sich die Fachwelt mit der Entwicklung von Informationssystemen. Immer wieder wurden dabei neue Überbegriffe erfunden. Quelle: IMIS