Durch Beteiligungsmodelle Anreize schaffen

Steuererleichterungen vereinfachen die Mitarbeiterrekrutierung

06.10.2000
Gute Arbeitsatmosphäre und ein attraktives Beteiligungsmodell machen mittelständische Beratungs- und Softwarehäuser interessant, wenn es im Wettlauf mit der Old Economy um die besten Mitarbeiter geht. Die Green Card, so Rolf Heiler, Chef des gleichnamigen Softwarehauses in Stuttgart, in einem CW-Gespräch, kann nur ein Teil der Lösung sein. Von Manuela Rost-Hein*

CW: Wie viele Green-Card-Mitarbeiter werden Sie einstellen?

HEILER: Die Green Card ist meiner Meinung nach für die mittelständische deutsche IT-Industrie nur von begrenztem Nutzen. Denn die Komplexität der Anforderungen an moderne IT-Dienstleister erschöpft sich immer seltener nur in der Programmierung von Anwendungen. Natürlich haben auch wir sehr gute und hochqualifizierte IT-Spezialisten aus dem Ausland, auch aus Indien übrigens, auf die wir nicht verzichten können. Doch wir brauchen als Unternehmen mit einem sehr hohen Anteil an Beratungsleistungen Know-how auf diesem Gebiet: Mitarbeiter, die sowohl unsere Kunden, und das sind in erster Linie Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen, als auch die heimischen beziehungsweise europäischen Märkte sehr gut kennen und verstehen.

CW: Welche Anforderungen stellen Sie an potenzielle Bewerber?

HEILER: Neue Kollegen bringen neben fundierten Fachkenntnissen Unternehmergeist und Begeisterung für ihren Job mit. Sie müssen bereit und in der Lage sein, Verantwortung zu übernehmen, sie sollen kreativ, belastungsfähig, flexibel und gute Teamplayer sein. Unsere konkreten Anforderungen gehen sogar noch weiter: Unsere Mitarbeiter müssen die Sprache unserer Kunden sprechen, im realen wie im übertragenen Sinn. Dies kann von Green-Card-Mitarbeitern kaum erwartet werden.

CW: Wie lautet Ihr Geheimrezept bei der Rekrutierung von Mitarbeitern?

HEILER: Wir haben kein Geheimrezept, aber ein effizientes Mitarbeiterbeteiligungsmodell. Meine persönliche Beobachtung ist: Geld spielt sowohl bei unseren Mitarbeitern wie auch bei den Bewerbern nicht die wichtigste Rolle. Die Arbeitsatmosphäre muss stimmen, und die Mitarbeiter sind am Erfolg ihrer Firma zu beteiligen.

CW: Mitarbeiterbeteiligung als Königsweg also?

HEILER: Das könnte man so sagen. Das Instrument ist zwar nicht neu, Beteiligungsmodelle wurden ja schon früher und oft als letzter Rettungsanker vor einer drohenden Pleite eingesetzt, hat aber heute im Zeitalter der Börsenkapitalisierung einen ganz anderen Sinn bekommen: Es soll die Mitarbeiter vor allem locken und stärker an das Unternehmen binden. Denn wer sich beteiligt, verfolgt nicht nur kurzfristige Interessen. Er engagiert sich stärker für den Erfolg der Firma und ist an ihrer Wertsteigerung interessiert. So werden aus Mitarbeitern Gesellschafter und Aktionäre. Gerade für junge Unternehmen, die sich gegen die Abwerbeversuche der Branchenriesen und Konzerne der Old Economy wehren müssen, ist das eine sehr probate Strategie.

CW: Es gibt unterschiedliche Formen der Mitarbeiterbeteiligung. Viele Unternehmen in der IT-Branche bieten mittlerweile Aktienoptionen oder Aktienkaufprogramme. Wie funktioniert Ihr Modell?

HEILER: Wir bieten sowohl die Möglichkeit, Aktien der momentan noch nicht börsennotierten Heiler Software AG zu zeichnen oder an einem Stock-Option-Plan teilzunehmen. Praktisch alle festangestellten Mitarbeiter sind berechtigt, bei diesem Programm mitzumachen. Nur Auszubildende, Wehr- und Zivildienstleistende, Diplomanden und Praktikanten sowie freie Mitarbeiter sind vom Aktien- oder Optionenerwerb ausgeschlossen. Die jeweilige Anzahl wird durch die individuelle Leistung beziehungsweise durch den Vorstand festgelegt.

CW: Wie reagieren Ihre Mitarbeiter auf dieses Angebot?

HEILER: Die Akzeptanz bei der Einführung des Programms im Frühjahr dieses Jahres war groß. Die meisten Mitarbeiter zeigten Interesse und schöpften das Angebot vollständig aus. 99 Prozent entschieden sich dabei für die Aktienbeteiligung.

CW: Knackpunkt dieser Beteiligungen, etwa im Gegensatz zu anderen steuerlich nicht relevanten "Subventionsleistungen" an den Mitarbeiter, ist die Besteuerung des daraus normalerweise erwachsenden geldwerten Vorteils - zweifellos ein Hemmschuh für derartige Programme.

HEILER: Wir haben uns natürlich überlegt, wie wir den Mitarbeiter-Aktionären der ersten Stunde diese undankbare Praxis der Besteuerung am geschicktesten ersparen können. Und genau an diesem Punkt kommt auch eine weitere Besonderheit unseres Modells zum Tragen: Bei Heiler ist die direkte Beteiligung bereits vor dem beabsichtigten Börsengang möglich. Damit können wir bis zur endgültigen Börseneinführung auch der drohenden Besteuerung des geldwerten Vorteils ein Schnippchen schlagen, denn die Übernahme der Aktien erfolgt - und dies ist dabei ausschlaggebend - entsprechend dem gegenwärtig festgelegten tatsächlichen Unternehmenswert, eine konservativ festgelegte Größe.

CW: Existieren noch weitere Alternativen?

HEILER: Diese Vorgehensweise ist die einzige Möglichkeit, die ertragsteuerlichen Konsequenzen zu umgehen, wenn der Mitarbeiter - zweite Bedingung - zwischen dem Zeitpunkt des Erwerbs der Aktien und deren Veräußerung mindestens ein Jahr verstreichen lässt. Mit dieser Regelung erhalten unsere Mitarbeiter die Aktien zu einem Vorzugspreis, der nach dem IPO mit Sicherheit rasch von der Börsenrealität übertroffen werden wird. Anders verhält es sich leider mit den Optionen: Hier ist der Wertzuwachs entsprechend der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in vollem Umfang zu versteuern.

*Manuela Rost-Hein ist freie Journalistin in Stuttgart.