Kolumne

"Steigbügelhalter für Wintel"

23.01.1997

Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Für kaum ein Duo in der IT-Branche ist diese Volksweisheit so gültig wie für die Herren Gates und Grove, die mit wechselseitiger Unterstützung ihr jeweiliges Monopol Jahr für Jahr weiter ausbauen. Unbehelligt von staatlichen Eingriffen geben Intel und Microsoft die Taktzahl im Markt für Informationssysteme vor.

Wie eine Planierraupe überrollt das Gespann die gesamte Branche, und kaum jemand hat ihm etwas entgegenzusetzen. So verlieren die RISC-Architekturen von IBM, Digital, Hewlett-Packard oder Siemens-Nixdorf an Bedeutung, weil Microsoft Windows NT gar nicht oder nur widerwillig darauf laufen läßt. Diese Plattformen werden ins gehobene Marktsegment verdrängt, wo professionelle Anwender im Mission-critical-Bereich weiterhin auf Unix vertrauen - noch.

Für jedermann erkennbar bauen Intel und Microsoft ihre Marktanteile aus, indem sie mit hohem Tempo aus dem Desktop-Geschäft in den Markt für leistungsstarke Server-Systeme hineingaloppieren. Die Reaktion der etablierten IT-Unternehmen: Sie halten brav den Steigbügel und bieten Pentium- oder Pentium-Pro-Server unter Windows NT an.

Wer an freiem Wettbewerb und Marktwirtschaft interessiert ist, muß stirnrunzelnd zur Kenntnis nehmen: Von IBM über Hewlett-Packard bis hin zu Digital und NCR - eine ganze Riege von Traditionsanbietern läuft dem Wintel-Duo hinterher. Geschäftspolitik reduziert sich darauf, möglichst früh die Signale aus Redmond oder Santa Clara zu erkennen. Vorteile sollen errungen werden, indem man nach dem Vorbild von Compaq oder SAP ein sehr enges Verhältnis zu dem Gespann pflegt.

Wer gedacht hätte, der Internet-Boom könnte der Wintel-Allianz einen Streich spielen, der hat nicht mit dem Opportunismus der auf schnelle Erfolge zielenden Branche gerechnet. Anstatt der Opposition beizutreten und die Monopolsituation zu entschärfen, warteten die meisten Anbieter ab, bis Microsoft in der Lage war, mit geballter Finanzkraft den großen Rückstand in diesem Business zumindest teilweise wettzumachen. So bleibt es wohl dabei, daß allein Sun Microsystems den Mut hat, eine eigene Hardware- und Betriebssystem-Strategie durchzuziehen - mit Erfolg übrigens.