Steht Atos Origin zum Verkauf?

24.10.2006
Spekulationen um eine Übernahme durch die Beteiligungsgesellschaft Blackstone dementiert der französische IT-Dienstleister halbherzig.

Die britische Wirtschaftszeitung "City A.M" hatte berichtet, der Finanzinvestor Blackstone diskutiere bereits seit Mitte September mit Atos Origin über eine "freundliche" Übernahme. Das Blatt berief sich "auf den Verhandlungen nahe stehende Kreise". Demnach sei Blackstone bereit, 3,4 bis 3,6 Milliarden Euro zu zahlen. Damit würde ein Aufschlag von 35 bis 40 Prozent auf den Aktienwert von Atos Origin vor der Veröffentlichung des Berichts gezahlt. Die Wertpapierhändler reagierten prompt und kauften Anteilsscheine. Der Aktienkurs schoss daraufhin um 20 Prozent in Höhe, sackte danach jedoch wieder ab, als erste Zweifel von Marktbeobachtern und ein Dementi von Atos Origin folgten.

Blackstone schweigt

"Wir möchten klarstellen, dass unser Unternehmen regelmäßig in Kontakt mit Industrieunternehmen und Kapitalgesellschaften steht", teilte Atos Origin mit. Gegenwärtig liefen aber keine "aktiven" Diskussionen, die eine Ankündigung rechtfertigten. Blackstone dagegen schwieg zum Thema. Dass es tatsächlich Gespräche gegeben hat, gilt in der Branche jedoch als sicher. Die Formulierung des Dementis fiel Marktbeobachtern zufolge "vorsichtig" aus.

Der französische IT-Dienstleister ist für Beteiligungsfirmen derzeit ein lohnendes Ziel, denn er zählte in den vergangenen fünf Jahren zu den stabilsten Anbietern unter den großen europäischen Wettbewerbern. Im Juli 2006 hatte Atos Origin jedoch einen heftigen Börseneinbruch erlebt, nachdem das Unternehmen eine Gewinnwarnung aufgrund von Problemen im britischen Markt herausgegeben hatte. Eine mögliche Akquisition kostet daher heute deutlich weniger als noch im Frühjahr dieses Jahres. Bernard Bourigeaud, Chief Executive Officer (CEO), sagte erst kürzlich, sein Unternehmen stehe interessanten Übernahmeofferten offen gegenüber. Im vergangenen Sommer soll Atos Origin bereits Gespräche mit einer Reihe von Private-Equity-Gesellschaften geführt haben, berichtet die internationale Ausgabe der "Financial Times".

Gespräche mit T-Systems

Außerdem haben T-Systems und Atos Origin Mitte vergangenen Jahres über eine Fusion verhandelt, angeblich wurden die Diskussionen damals abgebrochen, weil sich die Partner nicht auf eine Bewertung von T-Systems einigen konnten. Angesichts dieser Gespräche und der Spekulationen um einen Einstieg von Blackstone bei Atos Origin ist zudem bemerkenswert, dass der Investor seit April 2006 mit 4,5 Prozent an der Deutschen Telekom beteiligt und damit größter privater Anteilseigner ist.

IT-Service-Provider sind in der jüngsten Vergangenheit häufiger ins Visier von Private-Equity-Firmen gerückt. Entsprechende Erfahrungen haben etwa der texanische IT-Dienstleister Affiliated Computer Services (ACS) sowie die Computer Sciences Corp. (CSC) gemacht, die jeweils mit einer Gruppe von Beteiligungsgesellschaften über eine Akquisition verhandelt haben.

Anwender scheuen zurück

Im Boot saß im Übrigen immer auch Blackstone. Zu zählbaren Ergebnissen kam es jedoch nicht. "Der gute Cashflow reizt die Beteiligungsfirmen, in den IT-Servicemarkt einzusteigen", erläuterte Mike Roach, President und CEO des kanadischen IT-Dienstleisters CGI, die Offerten der Firmen. "Allerdings schreckt die Kunden diese Entwicklung eher ab. Sie wollen keine über zehn Jahre laufenden Verträge mit einem Anbieter abschließen, über dessen künftigen Kurs keine Klarheit herrscht." (jha)