IBM erweitert Kassensystem 5260:

Statt Programmierung "Personalisierung"

30.03.1979

KÖLN (CW) - Obwohl die ersten Einheiten des neuen Kassensystems IBM 5260 erst im vierten Quartal dieses Jahres ausgeliefert werden sollen (CW Nr. 4 vom 26.1.1979, Seite 15), hat der Geschäftsbereich "Basisdatenvearbeitung" des Unternehmens jetzt schon Erweiterungen angeküdigt. Vier neue Modelle (A 31, A 32, B 31 und B 32) der Einzelkasse IBM 5265, die sich in der Tastatur und in ihrer DFÜ-Fähigkeit unterscheiden, können nun Disketten mit einer Speicherkapazität von 1 MB verarbeiten (bisher 0,25 MB).

IBM hat offensichtlich rechtzeitig erkannt, daß 0,25 MB für einen Einzelhändler, der gewisse Auswertungen nicht täglich, sondern in längeren Zeiträumen machen will, zu wenig sind. Weitere News: Künftig können auch Handleser für OCR-B und EAN-Code (Europäischer Artikel-Nummer-Strichcode) angeschlossen werden. Und für den Tagesabschluß Iassen sich in Zukunft automatisch bis zu 32 Abstimmsummen ausdrucken (bisher vier).

IBM sieht seinen Markt für das vor zwei Monaten angekündigte Einzelhandelssystem 5260, das in Hannover erstmals der breiten Fachöffentlichkeit vorgeführt wird, nach den Worten von Rolf-Dieter Leister, Leiter des Geschäftsbereichs "Basisdatenverarbeitung", vorwiegend im mittelständischen Facheinzelhandel, mit einer Umsatzgröße von 1 bis 5 Millionen Mark. Erste Verkaufserfolge sind schon zu verzeichnen. Aufträge liegen unter anderem vor von Textil- und Schuhgeschäften, Möbelhäusern, Duty-free-shops, Kfz-Händlern großer Marken, Kfz-Reparaturdiensten, Baumärkten, Sanitärbedarfsgeschäften, aber auch Kaufhäusern. Letztere sind zwar keine Facheinzelhändler, zeigen aber auf, wo der wirtschaftliche Einsatzschwerpunkt des Kassenerstlings des "Hauses Basisdatenverarbeitung", wie Rolf-Dieter Leister von seinem Geschäftsbereich zu sprechen pflegt, liegen: Bei Einzelhändlern mit mehreren Filialen oder Fachabteilungen, die zudem möglichst ein DV-System des "Hauses" (/3, /32, /34, /38) installiert haben.

Tummelplatz von NCR

IBM[ zielt damit auf ein Marktsegment, in dem sich bisher NCR nahezu ungestört tummeln konnte. Zugleich bereichert der Geschäftsbereich "Basisdatenverarbeitung" den internen Konkurrenzkampf mit dem Geschäftsbereich "Datenverarbeitung" um eine neue Variante. Im Verbund können an eine Leitkasse des Systems 5260 bis zu zehn Gruppenkassen angeschlossen werden. Damit stößt man in Kundenbereiche vor, die auch von den Handelssystemen IBM 3650 und IBM 3680 des "großen Bruders" umworben werden. Konkurrenz belebt offensichtlich das Geschäft im eigenen Hause bei "big brother".

Erstmals nennt IBM auch Preise für das Kassensystem 5260. Eine Einzelkasse in der Grundkonfiguration kostet 8884 Mark, die Kundenanzeige wird mit 461 Mark und weitere 16 KB Speicherplatz mit 519 Mark berechnet. Für eine Leitkasse sind je nach Ausbaustufe zwischen 10 844 und 13 100 Mark zu bezahlen, für eine Gruppenkasse zwischen 7500 und 9000 Mark. Eine Verbundkonfiguration mit einer Leitkasse, einer Reserveleitkasse und neun Gruppenkassen

schlägt mit 106 652 Mark zu Buche. Wer alle drei Lizenzprogramme (Datenaufbereitung, Verkaufskontrolle und Warenwirtschaftsberichte) haben möchte, muß monatlich nochmals rund 1000 Mark auf den Tisch des Hauses blättern. Die Datenaufbereitung allein kostet um die 300 Mark. Die Hardware kann auch gemietet werden.

Mit seinem Kassensystem 5260 will IBM den mittelständischen Einzelhändler in die Lage versetzen, die angefallen Verkaufsdaten betriebswirtschaftlich auszuwerten und somit ein Warenwirtschaftssystem aufzubauen. Die Anpassung der einzelnen Datenkasse an die individuellen Anforderungen des Anwenders soll bei der 5260 der Einzelhändler selbst vornehmen können, ohne umfangreiche Kenntnisse von Programmiersprachen zu haben. IBM hat nach eigenen Aussagen den Anpassungsprozeß so vereinfacht, daß nicht mehr von Programmierung gesprochen werden muß. Man nennt den Vorgang nun "Personalisierung". Darunter sei ein Verfahren zu verstehen, mit dem der Benutzer seine Datenkasse an Ort und Stelle auf die betrieblichen Bedürfnisse "maßschneidern" kann. Das gehe ganz einfach. Aus einem "Personalisierungshandbuch"- seien eine Reihe von Fragen zu beantworten und die Antworten über die Tastatur einzugeben. Schon sei die Kasse "personalisiert". Der Katalog umfaßt etwa 600 Fragen, was die Sache sicher nicht allzu "kinderleicht" macht.

In den Kassen des Systems 5260 wird die modernste Technologie verwendet, wie sie unter anderem beim System /38, dem Datenbankcomputer, Eingang gefunden hat. Jede Einzel- oder Leitkasse hat ihre eigene Intelligenz. 256 Summenzähler ermöglichen es dem Einzelhändler, Auswertungen über den Umsatz jedes einzelnen Artikels direkt von der Datenkasse zu erhalten. Über die Datenkasse können auch Anwesenheit kontrolliert und Wareneingänge verbucht werden. Jede Kasse hat wahlweise 16 oder 32 KB Benutzerspeicher, um Tabellen, Dateien und Funktionen zu speichern. Die Bedienerführung gibt in Klarschrift Hinweise für den jeweiligen Transaktionsablauf. Die Tastatur der Datenkasse hat 34 oder 64 Tasten für Tastenfunktionen und Dateneingabe. 15 beziehungsweise 45 Tasten können dabei frei zugeordnet werden. Die jeweiligen Funktionen der einzelnen Tasten sind aus auswechselbaren Folien ersichtlich. Während der Tagesarbeit können jederzeit bis zu 76 Summenzähler nach bestimmten Informationen abgefragt werden.

"Mit langen Fingernägeln"

Die Aufzeichnung der Daten für die Weiterverarbeitung erfolgt auf Disketten. Darüber hinaus ist auch Datenfernverarbeitung mit allen Computern möglich, die über einen BSC-Anschluß verfügen. Als Stand-alone-Kasse - ohne zusätzliche EDV im Hintergrund - ist die IBM 5260 wohl zu teuer, da hier nur ein Teil der vorhandenen Möglichkeiten ausgenutzt werden kann.

IBM hat sich Sorge gemacht um die Attraktivität des Arbeitsplatzes "Kasse". Deshalb habe man bei der Entwicklung der Datenkasse 5260 auch ergonomische Gesichtspunkte berücksichtigt. Der Kassiererin die Arbeit und den Umgang mit dem Kassenterminal erleichtern sollen ein modernes Design abgeschrägte Tastaturen und kleine, aber dafür weit auseinenderstehende Tasten. Rolf-Dieter Leister: "Mit unserer Datenkasse kann die Kassiererin wieder mit langen Fingernägeln arbeiten."