Stationärer Handel braucht Online-Strategien

22.01.2007
Von Dorothea Friedrich
Handelsfilialisten entdecken das Internet als neuen Absatzkanal.

Gleichzeitig bauen Versandhändler wie die Otto-Tochter Bonprix stationäre Filialen auf. „Multikanal-Handel“ liegt eindeutig im Trend“, zitierte das Onlinemagazin "Neue Nachricht" Karl-Ludwig Wendt von der Hamburger Unternehmensberatung Putz & Partner. Doch der Schritt in den neuen Vertriebskanal müsse gut überlegt sein. „Erfolgreiche Shops wie die des Medienhändlers Weltbild oder der Discountkette Plus stehen teure Misserfolge gegenüber, wie etwa Praktiker-Baumarkt, der seinen Online-Shop 2004 wieder geschlossen hat“, sagte Wendt. Doch komme der stationäre Handel an einer Onlinestrategie nicht vorbei. „Für die notwendige Warenlogistik und Fakturierung gibt es inzwischen eine Reihe kompetenter Dienstleiste"r, sagte Wendt.

Auch nach Ansicht von Omar Khorshed, Vorstandschef des Düsseldorfer IT-Dienstleisters Acoreus AG, der sich unter anderem auf Kundenmanagement, Abrechnung und Zahlungsverkehr spezialisiert hat, müssen die Händler stärker auf diesen Trend setzen, um in der zunehmend digitalisierten Welt überlebensfähig zu sein. Für ihn sind die elektronischen Bestell- und Abwicklungswege naturgemäß ein wichtiger Wachstumsfaktor. Sie müssten mit allen anderen Kanälen, mit Kundendatenverwaltung, Rechnungen oder Bezahlvorgängen verknüpft werden.

Berater Wendt glaubt, dass sich die verschiedenen Vertriebskanäle gut vernetzen lassen, etwa mit Hinweisen auf Online-Gewinnspiele und ausdruckbaren Coupons auf der Website, die in der Filiale eingelöst werden können. Der Onlinekanal biete zudem die Möglichkeit, die Kunden besser kennen zu lernen und im Dialog mehr über ihre Wünsche und Probleme zu erfahren, als das in der Filiale möglich sei. Auch Kundenadressen könne man im Internet leichter gewinnen. Der Online-Shop sei dann eine sinnvolle Alternative zu den immer weniger wirksamen Kundenkarten.

Eine Kannibalisierung des klassischen Geschäftes fürchtet Wendt nicht: „Wer sich ein Produkt online ansieht, kauft es mit größerer Wahrscheinlichkeit bei dem Händler, in dessen Onlineshop er es entdeckt hat. So können mit attraktiven Angeboten auch Neukunden in die Läden geholt werden.

Doch auch der umgekehrte Effekt kann eintreten. Das zeigt die Studie „Wechselwirkungen im Multi-Channel-Vertrieb“ der Internet-Plattform E-Commerce-Center Handel. So wird beispielsweise bei 31,3 Prozent der Bestellungen in Online-Shops zuvor das Geschäft aufgesucht, bei 26,9 Prozent der Bestellungen werden zuvor Print-Kataloge konsultiert. Eine Analyse der Verknüpfungen in Multi-Channel-Systemen zeigt demnach, dass für Informationssuche und Kauf häufig unterschiedliche Vertriebskanäle desselben Unternehmens genutzt werden. Am stärksten zeigt sich das bei der Nutzung von Online-Shop und Print-Katalog: Bei 25,4 Prozent der Bestellungen aus Print-Katalogen informierten sich die Befragten zunächst im Online-Shop desselben Anbieters; bei 21,6 Prozent der Bestellungen in Online-Shops wird zuvor ein Katalog desselben Anbieters zu Rate gezogen.. Wendt sieht gute Möglichkeiten, über Online-Shops die Verkaufsangebot zu erweitern: „Im Internet kann man Dienstleistungen wie Reisen oder Mobilfunkverträge anbieten, die das Personal in der Filiale überfordern würde.“ Hier komme es auf die richtigen Kooperationspartner an, ohne das Markenprofil zu verwässern.