Starthilfe: Überbrückungsgeld und Ich AG

30.07.2003
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.
Wer seinen Job verliert, hat die Chance, sich mit Hilfe des Arbeitsamtes selbständig zu machen. Die Ich AG ist für IT-Profis die schlechtere Alternative im Vergleich zum Überbrückungsgeld. Für Letzteres ist jedoch ein ausgefeilter Business-Plan erforderlich.

„Ohne Überbrückungsgeld wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.“ Thomas Stupp hat im Juli 2002 mit drei ehemaligen Kollegen die Advice IT Consulting GmbH gegründet und ist mittlerweile Chef von 14 Angestellten. Die Bielefelder Firma berät Unternehmen beim Einsatz von Software für die elektronische Archivierung und das Dokumenten-Management. Zuvor hatte der 38-jährige Betriebswirt turbulente Zeiten erlebt: Das Unternehmen, bei dem er jahrelang als Berater für Archivsoftware beschäftigt war, beantragte im März 2002 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Da sein Arbeitgeber zahlungsunfähig war, bekam Stupp ab Juni kein Gehalt mehr. In die Bresche sprang das Arbeitsamt, das ihm und seinen Kollegen eine Summe in Höhe des Arbeitslosengeldes überwies. Im Oktober wäre der Berater offiziell arbeitslos geworden: „Das wollte ich nicht sein, ein Umzug wegen eines neuen Jobs kam für mich wegen meiner Frau und meiner beiden Kinder nicht in Frage.“ So gründete Stupp eine eigene Firma. Von Vorteil war, dass er einen Großteil seiner ehemaligen Kunden für sich gewinnen konnte, als er ihnen anbot, die bestehenden Projekte mit seinem eigenen Unternehmen fortzuführen. Zum festen Kundenstamm kam das staatliche Überbrückungsgeld als Starthilfe.

Das Überbrückungsgeld zur Förderung der Existenzgründung gibt es bereits seit 1986. In jüngster Zeit wurde es verstärkt in Anspruch genommen: Im vergangenen Jahr hat die Bundesanstalt für Arbeit rund 123000 Antragstellern Überbrückungsgeld mit einem Gesamtvolumen von etwa einer Milliarde Euro genehmigt. In den vier Jahren zuvor waren etwa 97000 Anträge pro Jahr positiv beurteilt worden. Seit 2002 dürfen im Rahmen des Job-Aktiv-Gesetzes auch Personen das Überbrückungsgeld beantragen, die vorher kein Arbeitslosengeld bezogen haben. Darum kam auch IT-Berater Stupp in den Genuss der Förderung. „Wer sich direkt aus der Festanstellung heraus selbständig macht, kann ebenfalls Überbrückungsgeld erhalten“, so Kathrin König vom Arbeitsamt München. „Er muss aber vorher Arbeitslosengeld beantragen, da wir erst klären müssen, ob er überhaupt Anspruch darauf hat.“

Ist das der Fall, erhält der Gründer sechs Monate lang das steuerfreie Überbrückungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes zuzüglich einer Pauschale für Sozialversicherungsbeiträge, die 68,5 Prozent des Arbeitslosengeldes entspricht. Die Höhe des Arbeitslosengeldes wiederum ist vom letzten Einkommen des Antragstellers abhängig und beträgt höchstens 67 Prozent des durchschnittlichen Nettomonatsgehalts der letzten drei Jahre. Außerdem existiert beim Arbeitslosengeld eine Höchstgrenze von 2872 Euro im Monat (bei Steuerklasse drei und mit Kindern).

Ein Fallbeispiel: Bei einem Arbeitslosengeld-Anspruch von 1500 Euro monatlich beläuft sich das Überbrückungsgeld auf rund 2500 Euro pro Monat. Insgesamt summiert sich die staatliche Förderung also auf etwa 15 000 Euro. Das Überbrückungsgeld soll in den ersten sechs Monaten den Lebensunterhalt wie auch die soziale Absicherung des Existenzgründers gewährleisten. Das Gute: Der Gründer muss den Zuschuss auch im Falle eines Scheiterns nicht zurückzahlen und kann dann erneut Arbeitslosengeld beziehen.

Hat beispielsweise ein Softwareentwickler Anspruch auf zwölf Monate Arbeitslosengeld und macht sich nach fünf Monaten mit dem Überbrückungsgeld selbständig, stehen ihm immer noch sieben Monate Arbeitslosengeld in der ursprünglichen Höhe zu - auch wenn er mit seiner Gründung scheitert.

Ich AG als Alternative

Doch vor der Bewilligung des Überbrückungsgeldes gilt es, eine Hürde zu nehmen: Die Gründer müssen ihre Geschäftsidee überzeugend und ausführlich in einem Konzept (Business-Plan) darlegen sowie in einem Finanzierungsplan Umsätze und Rentabilität für die ersten drei Jahre prognostizieren. Eine fachkundige Stelle (IHK, Fachverbände, berufsständische Kammern, Büros für Existenzgründung etc.) muss diesen Plan als wirtschaftlich tragfähig absegnen. Ohne diese Bestätigung gibt es kein Überbrückungsgeld. Doch selbst bei einem positiven Gutachten muss die Gründung nicht unterstützt werden, da kein Rechtsanspruch auf Überbrückungsgeld existiert. Die Entscheidung trifft das lokale Arbeitsamt, das dabei auch seine eigene Haushaltslage berücksichtigt.