"Der Schaden ist noch nicht zu beziffern"

Start Ticket blockiert den Kartenverkauf für die Expo

09.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Ab Mittwoch streikten die Computer - zu viele Interessenten wollten auf einmal Karten für die Expo 2000. Schuld war ein Engpass im Computersystem von Start Ticket: die Schnittstelle zwischen der Buchungssoftware für Reisebüros "Kard" und dem Ticket-System "Ticket-Soft Windows".

Am Mittwoch, den 31. Mai 2000, legte Kart für mehrere Stunden das komplette Ticketsystem lahm. Zwischen 14 und 16 Uhr ging nichts mehr. Der Systemausfall am Tag vor der Ausstellungseröffnung betraf alle fünf Vertriebswege: den Verkauf über das Call-Center der Expo, Rufnummer 02000, die Tageskassen, das Internet, die Reisebüros und die Reisezentren der Bahn. Am Donnerstag, einem Feiertag, an dem die Reisebüros geschlossen hatten, gab es keine Probleme bei der Ticketreservierung, so der Softwarehersteller. Freitag und Samstag allerdings bekamen nicht alle Kunden in ihrem Reisebüro und den Reisezentren der Bahn ein Eintrittsbillett.

Als Engpass, der schließlich das ganze System blockierte, entpuppte sich die Schnittstelle zwischen der für alle Vertriebswege programmierten Plattform "Start Ticket" und der seit 1986 eingesetzten Anwendung Kard. Mit dieser Applikation buchen Reisebüros auch sonst Eintrittskarten zu Großveranstaltungen.

Das "Leitungsproblem" sei aufgrund des unerwartet großen Ansturms auf die Eintrittskarten aufgetreten, so der Softwarelieferant. Immerhin habe das Unternehmen wie auch die Expo-Betreiber ursprünglich damit gerechnet, dass sich die Hälfte aller Expo-Karten weit im Vorfeld der Eröffnung verkaufen würden. Dementsprechend seien auch die Lasttests für das Ticketsystem dimensioniert gewesen. Nach Angaben von Thomas Schröder, Expo-Projektleiter Support, System und Clearing, kalkulierten die Programmierer beim Benchmarking 200000 Kartenanfragen pro Stunde ein. Dabei hätten sich die Queues nicht gestaut und dabei das System verstopft.

Ticket Soft Windows wurde von Start-Ticket-Programmierern entwickelt und läuft für die Expo auf dem Unix-Rechner "RM 600 E 20" von Siemens. Zugrunde liegt das Datenbank-Management-System von Informix. Vernetzt ist die Applikation mittels TCP/IP.

Das Unternehmen Start Ticket gehört zu 51 Prozent zur Start Amadeus GmbH. Ihre Applikation Kart ist seit 1986 im Einsatz. Sie verfügt über keine eigene Datenbank. Die Reisebüros und Vorverkaufsstellen greifen auf die des Ticket-Soft-Systems zu. So traten die Störungen des Computersystems in der Amadeus-Rechenzentrale, Bad Homburg, auf. Nachdem Start Amadeus am Wochenende "alles an Programmierern aufgeboten hatte, was möglich war", laut Expo-Mann Schröder, um eine neue Version des Kart-Clients aufzuspielen, läuft das Kartenreservierungssystem seit Montag morgen störungsfrei.

Welcher Schaden der ohnehin unter finanziellem Druck stehenden Weltausstellung entstanden ist, konnten die Betreiber zum Redaktionsschluss noch nicht mitteilen.