Start auf dem Tanker oder im Schnellboot?

30.08.2006
Von Marc Voland

Die Frage der Größe des Arbeitgebers stellte sich für Ulrike von Heinemann nach ihrem Studium nicht. Sie zog es in eine große Beratung, weil sie sich einen Überblick über die verschiedenen Berufsbilder machen wollte. "Eine kleine wäre mir zu speziell gewesen. Ich wollte schnell unterschiedliche Themen, Kunden und Industrien kennen lernen", so von Heinemann, die nun seit sechs Jahren bei dem weltweiten Management- und IT-Beratungsunternehmen Capgemini arbeitet.

Was die 30-Jährige im Nachhinein schätzt: "Es war mir kein bestimmter Pfad vorgegeben. Ich konnte verhältnismäßig frei bestimmen, in welchem der vielen Themengebiete und Industrien ich mich spezialisieren möchte." Heute ist sie im Bereich Business & Information Strategy für das Thema IT Organisation & Portfolio Management verantwortlich. Sie leitet Projekte mit zwei bis fünf Mitarbeitern und ist zurzeit in Budapest tätig. Auch dies war eines ihrer Motive: "Mich hat die Internationalität gereizt; ich wollte in verschiedenen Ländern und mit internationalen Teams arbeiten."

Bessere Chancen hierfür hat sie laut BDU-Studie in jedem Fall, 75 Prozent der Beratungsfirmen ab 45 Millionen Euro Umsatz sind mit ihrem Angebot von Deutschland aus auch in der Europäischen Union und 65 Prozent weltweit aktiv. Im Vergleich: Bei den Beratungen bis zu einer Million Umsatz sind 40 Prozent im europäischen Ausland und 17 Prozent im außereuropäischen Ausland tätig.

Neben der Chance, in internationalen Projekten zu arbeiten, ist für viele Mitarbeiter auch das Renomée einer Firma entscheidend, so Michael Hassa, zuständiger Partner für Organisation und IT beim Personalberater Formations Group AG. "Für viele Bewerber ist der Name wichtig, auch wenn das Engagement von nur kurzer Dauer ist." Vor allem McKinsey und die Boston Consulting Group stehen neben Konzernen wie BMW, Porsche und Bosch ganz oben auf der Wunschliste junger Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler, wie das schwedische Marktforschungsinstitut Universum Communications mit seiner jährlichen Umfrage zeigt.

Das Plus der Großen

"Für Berufseinsteiger ist es einfacher bei einer großen Beratung unterzukommen", so Personalexperte Hassa. Zwar halten sich die Beraterzahlen bei den großen und den kleinen Unternehmen ganz grob die Waage. "Kleine Unternehmen stellen aber kaum Berufsanfänger ein." Mitarbeiter müssen bei den Unternehmen, die sich häufig in einer Nische spezialisiert haben, mit Expertenwissen aufwarten. "Wer dorthin möchte, sollte am besten drei oder mehr Jahre Berufserfahrung mitbringen", so Hassa.

Das bedeutet nicht, dass bei großen Beratungshäusern keine Experten arbeiten. "Vor allem Beratungen, die auch die Umsetzung übernehmen, legen großen Wert auf erfahrene Mitarbeiter. So bringen bei Capgemini etwa 60 Prozent der Neuzugänge Berufspraxis mit. Und sie kanalisieren ihren eigenen Nachwuchs, der reichlich vorhanden ist, besser. Hassa: `Up or out` heißt die Regel, die auch heute bei vielen der großen Beratungshäuser gilt. Wer nach einer gewissen Zeit auf einer Karrierestufe stehen bleibt, muss sich nach einer neuen Stelle umschauen."