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Thema des Tages

Star Division: Suns neue Waffe gegen Microsoft

31.08.1999
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Sun Microsystems hat Star Division am 5. August 1999 gekauft. Das will Sun zwar erst heute in New York auf einer Pressekonferenz bekanntgeben, jedoch bestätigte Star-Chef Marco Börries die Akquisition inzwischen gegenüber amerikanischen Nachrichtendiensten. Mit der in Hamburg gegründeten Softwareschmiede verfolgt Sun ein ganz konkretes Ziel: Die Office-Pakete von Star sollen für alle gratis im Internet zur Verfügung gestellt werden. Damit soll sich die Computerindustrie von der PC-zentrischen Warte, die maßgeblich von Microsoft und Intel bestimmt ist, zu einem Server-orientierten Modell bewegen, in dem das Angebot von Softwarediensten via schnellere und stärkere Netzwerke im Mittelpunkt steht.

Die von Jungunternehmer Marco Börries gegründete Star Division bietet eine dem Microsoft-Produkt "MS-Office" ähnliche Suite her, die ebenfalls Programme für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationen, E-Mail und Kalender umfaßt. "Star Office" läuft im Gegensatz zur Microsoft-Suite jedoch nicht nur auf Windows, sondern auch auf Linux und dem Sun-Betriebssystem Solaris. Daher rührt das Interesse der McNealy-Company an dem kleinen Rivalen der Redmonder. Die Star-Produktpalette würde eine zentrale Lücke bei Sun schließen, die mit ihrer ersten Javastation unter anderem deswegen baden gingen, weil eine passende Anwendungssoftware fehlte. Für die in Kürze erwartete "Javastation 2" mit Namen "Corona" steht durch die Akquisition nun ein javafähiges Office-Produkt zur Verfügung.

Ein weiterer Leckerbissen ist die Web-basierte Anwendung namens "Star Portal", die auf Star Office aufbaut und im Spätherbst auf den Markt kommen soll. Diese Software soll im Internet zur Verfügung gestellt werden. Jeder Benutzer kann über einen Webbrowser auf Star Portal zugreifen. Als Endgeräte kommen dabei neben PCs auch Handies, TV-Settop-Boxen oder Laptops in Frage. Umständliches und langwieriges Herunterladen der Anwendung entfällt. Auf der heutigen Konferenz will Sun dieses Produkt bereits auf einem Java-fähigen Palm Pilot, der an einen Server angeschlossen ist, vorstellen.

Sun will das konventionelle Paket Star Office und das Internet-fähige Star Portal gratis anbieten - auch für Geschäftskunden. Star hatte seine Software bisher nur an Privatverbraucher und Studenten zum Nulltarif herausgegeben. Diese aggressive Preisgestaltung könnte den Erzrivalen Microsoft erheblich irritieren, der für die Basisversion von MS-Office schon 400 Dollar verlangt. Nach Schätzungen von Analysten machen die Einnahmen aus dem Softwareverkauf zirka 40 Prozent des Gesamtumsatzes der Gates-Company aus. Böse Zungen behaupten, der bekannte Microsoft-Gegner Sun habe nur darauf gewartet, seinem Rivalen einen Schlag zu verpassen. Ed Zander, President bei Sun, tat dies als lächerlich ab und kommentierte spitzfindig: "Hier geht es darum, daß wir die Spielregeln verändern."

Microsoft zeigt sich bislang unbeeindruckt von der neuen Sun-Offensive. Andrew Dixon, ein Group Product Manager für MS-Office erklärte, dies würde "keinen Effekt" auf die Produktentwicklungs- oder Marketingstrategie des Softwareriesen haben. Er ist zuversichtlich, daß die Kunden auch in Zukunft MS-Office wählen werden. Einige Auguren bestätigen diese Sicht mit der Begründung, knapp 100 Millionen MS-Anwender und das riesige Budget des Softwaregiganten seien eine solide Basis für Microsoft.

Nicht ganz so zuversichtlich äußert sich ein Analyst des Markforschungsunternehmens Giga Information Group, der die Zeit als reif für einen Herausforderer bezeichnet. Viele Microsoft-Kunden seien so unzufrieden, daß 75 Prozent der kürzlich befragten IT-Manager angaben, zu einem Konkurrenzprodukt von MS-Office wechseln zu wollen, wenn nur eines verfügbar wäre. Da ist das Angebot zum Nulltarif von Sun um so attraktiver.

Trotz allem will Sun mit den Star-Produkten Geld machen. Zum einen soll mit dieser kostenlosen Softwareofferte der Verkauf der neuen Javastation Corona angeheizt werden, zum anderen will das Unternehmen Gebühren für den technischen Support der Software verlangen. Zudem sollen Wiederverkäufer der Star-Anwendungen dann Beträge an Sun abführen, wenn sie Produkte auf Basis der Applikationssammlung entstanden sind.