Standarts an den Grenzen der Machbarkeit

05.11.1993

Ein Schlagwort macht noch keinen Boom, auch wenn die Wortemacher aus den Werbeabteilungen sich das so wuenschen wuerden. Was zur Zeit unter dem Logo Multimedia Auferstehung feiert, ist die Utopie der eierlegenden Wollmilchsau, einer multifunktionalen Desktop- Installation, wie sie zu Zeiten der ersten ISDN-Euphorie denkbar wurde. Heute ist diese Utopie zwar in vielen Anwendungsbeispielen auf unterschiedlichen Plattformen realisiert unter diversen Oberflaechen, eingebunden in Netze aller Art bei einer erstaunlichen Vielfalt der integrierten Medien, doch der eigentliche Kick-off in den herbeigebeteten Massenmarkt hat noch nicht stattgefunden.

Dazu bedarf es einer Normierung, die fuer Multimedia auf der breiten Basis des digitalen interaktiven Fernsehens eine weltweite Connectivity herstellt. Eine Utopie des Jahres 1993? Schon moeglich. Doch wird zur Zeit scharf nachgedacht und hoch gepokert. Ob sich Microsoft mit Time Warner Inc. als dem Halter des wohl gewaltigsten Entertainment-Silos der Welt, oder ob Time Warner Inc. sich wiederum mit dem Telekommunikationsgiganten US West Inc. liiert oder zum gleichen Zeitpunkt Bell Atlantic sich den groessten Anbieter von Kabelfernsehen in den USA, naemlich Telecommunications Inc., zum Partner macht, immer geht es es um diesen gewaltigen Massenmarkt des interaktiven Fernsehens, in dem sich dann Multimedia- Anwendungen aller Art tummeln duerften.

Ob Tele-Banking, Tele-Shopping, Tele-Arbeit, alle diese bereits als nuetzlich erkannten Multimedia-Anwendungen werden sich nach Standards richten muessen, die zur Zeit wohl von den obengenannten Marktgiganten verhandelt werden. Das bedeutet natuerlich nicht, dass hier noch abgewartet werden muss. Das tut ja auch kaum ein Entwickler in der Forschung, dem das reiche Spektrum der Bindestrich-Informatik (Beispiel Medizin-Informatik) die faszinierenden Moeglichkeiten von Tele-Conferencing, -Consulting oder gar ferngesteuerten Operationen etc. vor Augen fuehrt. 3D- Simulationen, Virtual Reality, drahtlose Kommunikation etc. etc. - fuer Multimedia-Anwendungen scheint es keine Grenzen der Machbarkeit mehr zu geben. Eine sich immer hoeher schaukelnde Prozessortechnik, weltumspannende Datenautobahnen und das von den Marktforschern ausgemachte Massenmarktpotential lassen auf die entsprechenden Standards hoffen. Doch hier wird grosse Wirtschaftspolitik gemacht, und da geht es um das Bohren dicker Bretter. bi