Experten betrachten Basistechnologie 100Base-T2 skeptisch

Standard für Gigabit Ethernet über Kupfer steht kurz bevor

25.09.1998

Für Unternehmen, die in ihren lokalen Netzen mehr Bandbreite benötigen, aber nicht in kostspielige Glasfaserkabel investieren wollen, könnte Gigabit Ethernet via Kupfer die Lösung sein. Der dafür vorgesehene Standard 802.3ab liegt dem IEEE (Institute of Electrical and Electronical Engineers) jetzt im fortgeschrittenen Entwurf zur Prüfung vor, nachdem sich die verantwortliche Arbeitsgruppe Anfang September auf genaue Spezifikationen verständigt hat. Endgültig grünes Licht, so ein Sprecher des IEEE, soll die Norm im März 1999 erhalten.

Allerdings warnen Insider vor der Kupferversion von Gigabit Ethernet. Im Gegensatz zu den Standards Fast Ethernet und Fiber Gigabit Ethernet, deren physikalische Schnittstellen auf etablierten Technologien wie FDDI (Fiber Distributed Data Interface) und Fiber Channel basieren, ist die Schnittstelle von 802.3ab kaum erprobt. Der Grund: Diese IEEE-Norm basiert auf 100Base-T2, einem Verfahren für Fast Ethernet, das sich aufgrund seiner späten Verabschiedung am Markt nicht durchsetzen konnte. 100Base-T2 wurde für den Sprach- und Datentransfer über zwei Kabelpaare der Kategorie 3 entwickelt. Das Besondere an dieser Spezifikation ist, daß die zweite Kabelader als Sprachkanal genutzt werden kann. Den Entwicklern ist es bei 100Base-T2 nämlich gelungen, Leitungsstörungen zu eliminieren, die Telefonate normalerweise erzeugen.

Adapter benötigen schnelle Prozessoren

Für Copper Gigabit Ethernet, das auf Kabeln der Kategorie 5 betrieben wird, greifen die Normierer nun auf besagte 100Base-T2-Technik zurück. Dabei wird das zweite Kabelpaar jedoch nicht zur Sprach-, sondern zur Datenübertragung genutzt. Zu diesem Zweck mußte das Verfahren modifiziert werden. Versuche in den Testlabors sind der 802.3ab-Workgroup zufolge erfolgreich verlaufen, Erfahrungen im realistischen Netzbetrieb existieren aber nicht.

Erschwerend kommt für das kupferbasierte Gigabit Ethernet hinzu, daß ein leistungsstarker Prozessor auf der Netzwerkkarte oder im Switch erforderlich ist. Um den Datentransfer im Gigabit-Bereich überhaupt gewährleisten zu können, muß die CPU ein Byte binnen acht Nannosekunden verarbeiten, das heißt, sie muß die achtfache Geschwindigkeit eines 486-Chips realisieren. Prozessoren dieser Größenordnung auf den Adapterkarten oder in den Switches werden die Kosten der Produkte deshalb zunächst verteuern.

Erste Prototypen entsprechender Produkte haben die Hersteller für Ende des Jahres angekündigt. Im ersten Quartal 1999 werden dann 100/1000-Mbit/s-Adapter verfügbar sein. Analysten rechnen bei den ersten Karten dieser Art noch mit einem Preis von knapp 500 Dollar, später dann mit 250 Dollar. Im Vergleich dazu kostet ein Adapter für Fiber Gigabit Ethernet 750 Dollar.

Dem Preisvorteil der Kupferversion steht jedoch der Nachteil in der Reichweite gegenüber. In diesem Fall reicht das Signal maximal 100 Meter weit. Für die Backbone-Vernetzung im LAN scheidet der Standard 802.3ab deshalb aus. Das Einsatzgebiet dürfte vielmehr im Sektor der Server-Anbindung liegen.