Erfahrungen mit einem Management-Tool

Stärken und Schwächen von HPs Desktop Administrator 5.0

07.04.2000
Im System-Management-Markt ist Hewlett-Packard (HP) mit seiner "Openview"-Familie eine feste Bank. Teil dieser Serie ist der "Desktop Administrator 5.0" (DTA 5.0). Trotz einiger Mängel kann sich das Produkt im Vergleich mit anderen Desktop-Verwaltungswerkzeugen sehen lassen, meint zumindest Carsten Schäfer*.

Werkzeuge für das Desktop- und Software-Management haben vor allem drei Aufgaben: Inventarisierung der Hardware, automatische Softwareinstallation sowie Fernsteuerung von PCs. Ziel ist es, administrative und damit die laufenden Kosten eines jeden Arbeitsplatzes zu senken. Wichtig ist dies vor allem in großen Umgebungen mit Windows-Arbeitsplätzen. HP tritt in diesem Markt vor allem gegen Microsofts "Systems Management Server 2.0" (SMS 2.0) an.

Eine der Stärken des HP-Produkts ist dem Umstand zuzuschreiben, dass der Hersteller eine ganze Management-Produktfamilie unterhält. So lassen sich die übrigen Lösungen aus der "Openview"-Familie, wie etwa der "Network Node Manager" (Netz-Management), "IT/Operation" (System- und Application-Management) oder der "ITSM Asset Manager" nahtlos in DTA integrieren. Damit liegen die Inventardaten in der gesamten System-Management-Umgebung in einem einheitlichen Format vor.

In der Praxis hat der DTA im Großen und Ganzen überzeugt, wenn er auch in Teilbereichen Schwächen zeigte. Die erste unangenehme Überraschung präsentierte das Produkt bereits bei der Installation der DTA-Konsole. Der Publisher, ein HP-eigenes Feature zur Softwareverteilung, ließ sich nicht nutzen. Er quittierte seinen Dienst, nachdem er aus der DTA-Konsole heraus aufgerufen wurde. Abhilfe wurde seitens HP Mitte Februar in Form eines Y2K-Patch zur Verfügung gestellt, der dieses und etliche andere Probleme behebt.

Die DTA-Konsole in der Version 5.0 arbeitet im Vergleich zu der Version 4 überraschend zügig. Schnell und einfach geht auch die Verteilung der Agenten voran. Alle entfernten Niederlassungen lassen sich von zentraler Stelle aus installieren. Verantwortlich dafür ist HPs "Smart-Deploy-Agent"-Technik. Sie erkennt allein durch das Aufrufen eines Programms (etwa über das Login-Script) automatisch, ob der Agent bereits auf einem Rechner vorhanden ist, misst die zur Verfügung stehende Netzbandbreite und installiert den Agenten bei Bedarf selbständig und im Hintergrund.

Die Software entdeckt zudem beschädigte Agenten-Installationen und korrigiert diese gegebenenfalls. Dieses Feature ließ sich auch unter herbeigeführten und schwierigsten Testszenarien eindrucksvoll nachweisen. Problemlos funktioniert das Rollout der Agenten und von Windows NT. Der Agent installiert sich bei entsprechender Konfiguration als Dienst und steht somit schon zur Verfügung, bevor ein Anwender sich angemeldet hat.

Gute Noten verdient auch das "Snapshot"-Tool für einfache Softwareverteil-Jobs. Die während einer Installation erfassten Änderungen werden direkt als Aktionen im Job-Editor zur weiteren Bearbeitung angezeigt. Dabei kann es allerdings auch bei großen Anwendungen zu negativen Nebenerscheinungen kommen. Bei Tests mit dem Visualisierungs-Produkt "Visio 2000" wurden über 8000 Aktionen aufgelistet. Die nachfolgende Bearbeitung der Meldungen ist dadurch unübersichtlich und zeitaufwendig. Zudem zwingt das Abspeichern dieser 8000 Aktionen in der Datenbank den Administrator zu einer ungewollten Kaffeepause. Treten bei der Verteilung eines Jobs Probleme auf oder bricht der Anwender den Vorgang ab, sorgt die "Undo"-Funktion für Abhilfe: Der Agent macht alle bisher durchgeführten Aktionen rückgängig und stellt den Ursprungszustand wieder her.

Bei der Definition von Distribution-Jobs wird die Möglichkeit vermisst, den Inhalt von Textdateien (etwa einer INI-Datei) zu überprüfen und die Weiterverarbeitung vom Ergebnis des Tests abhängig zu machen. Das Auslesen der Windows-Registry stellt kein Problem dar. Obwohl die Dokumentation dieser Jobs eigentlich zum Standard-Aufgabengebiet eines solchen Tools gehört, zeigt HPs Umsetzung beim Drucken der Listen Mängel. So wird etwa nur das Zielverzeichnis der Kopieraktion angezeigt, nicht aber die Quelldateien. Wer zudem unter DTA 4.0 die Funktion "Wake on LAN" gerne für die nächtliche Softwareverteilung genutzt hat, wird von der 5er Version enttäuscht sein, denn diese Feature ist unverständlicherweise nicht mehr enthalten.

DTA ignoriert zeitweilig definierte KriterienZur Inventarisierung der Software besteht die Möglichkeit, so genannte "Main Applications" zu definieren. Anhand von Angaben wie Dateiname, Größe, Datum etc. erkennt DTA, ob es sich um eine solche Anwendung handelt. Die Praxis hat leider gezeigt, dass die vom Administrator eingegebenen Kriterien vom DTA zeitweise ignoriert werden. Erfolgversprechender ist es, wenn der zuständige Administrator alle möglichen Einträge in der Softwaredatenbank sucht und als jeweils eigene Main Application definiert. Zur späteren Auswertung des Softwareinventars müssen solche Fälle jedoch berücksichtigt werden. Zur komfortableren Weiterverarbeitung der Inventardaten hat sich Access 7.0 als empfehlenswert erwiesen.

Der direkte Vergleich mit SMS 2.0 zeigt, dass der Microsoft-Lösung eine ausgeklügelte Technik wie die Smart Deploy Agents von HP fehlt. Zudem stellt SMS dem Benutzer weder die Möglichkeit zur Verfügung, die Installation einer Anwendung via Job selbst auszuwählen und zu starten, noch gibt es die Funktion, eine solche Applikation zu "abonnieren". Mit dem in DTA integrierten Subscription-Service kann der Anwender hingegen automatisch Updates oder Patches für seine Anwendungen beziehen. Des Weiteren benötigt der SMS für jede Primary Site einen kompletten SQL Server, DTA liefert eine Embedded SQL-Engine von Solid für solche Zwecke mit.

Kleine bemerkenswerte Unterschiede zwischen beiden Tools gibt es zudem hinsichtlich der Lizenzüberwachung. SMS und DTA greifen dazu auf den gleichen Hersteller zurück. Microsoft kaufte jedoch einen früheren Code von ABC Systems "Lanlicenser", während HP das Produkt von ABC System einsetzt. So profitieren DTA-Nutzer von der ständigen Weiterentwicklung und beziehen alle erforderlichen Patches.

Hier und da kann Microsoft mit seinem SMS-Werkzeug allerdings auch gegenüber HPs DTA punkten. So bietet SMS die Möglichkeit, Benutzer mit Rechten zu versehen, also zu definieren, wer welche Aufgaben ausführen darf. Dieses Feature lässt DTA 5.0 schmerzlich vermissen. In der derzeitigen Version kann jeder Administrator auf alle Funktionen und Daten an der DTA-Konsole ohne jegliche Sicherheitseinschränkungen zugreifen. Abhilfe soll laut HP ein kommendes Release bringen. Im SMS können darüber hinaus Inventory-Muster definiert werden, um bestimmte Anwendungen auf den PCs ausfindig zu machen. DTA beschränkt sich darauf, einzelne, definierte Dateien zu finden. Diese Vorgehensweise ist nicht so flexibel wie die Microsoft-Methode.

Der DTA 5.0 spielt seine Vorzüge in gemischten Netzumgebungen mit Windows NT und Novell Netware (NDS) sowie in großen Installationen aus. SMS zieht hier eindeutig den Kürzeren. In großen Netzwerken mit entfernten Standorten passt sich die Site-Struktur des DTA an die physikalische Netzwerkumgebung an und lässt sich problemlos über einfache 64-Kbit/s-Wählverbindungen bis hin zu 2-Mbit/s-Standleitungen betreiben. Die volle Bandbreite der vorhandenen Client-Betriebssysteme deckt aber auch HP nicht ab. Der DTA eignet sich nicht für den Einsatz in Umgebungen mit Mac-OS-, DOS- und OS/2-Arbeitsplätzen. Banyan-Vines-Server fallen ebenso durch das DTA-Raster. Da es den DTA nur in Englisch und Japanisch gibt, eignet er sich auch nicht für den Einsatz in die an andere Landessprachen angepassten Umgebungen.

* Carsten Schäfer ist Teilhaber der auf HP Openview DTA und IT/O spezialisierten G-TAC IT-Beratung in Frankfurt am Main.

Abb.: Drei Kernelemente des Desktop Administrators sollen die administrativen und laufenden Kosten von PC-Arbeitsplätzen senken. Eine einheitliche Inventarisierung bildet die Basis für die Softwareverteilung. Quelle: HP