Auch Mitarbeiter sind verdächtig

Staatsanwaltschaft ermittelt erneut gegen SAP-Insider

11.06.1999
MÜNCHEN (CW) - Mit Aktien und Optionsscheinen der Walldorfer SAP AG sind offenbar wie vor zwei Jahren erneut Insidergeschäfte getätigt worden. Die Börsenaufsicht in Frankfurt am Main hatte auffällige Handelsaktivitäten festgestellt, die am 4. Januar 1999 stattgefunden haben sollen - einen Tag, bevor SAP enttäuschende Geschäftszahlen vorlegen mußte.

Nachdem das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel in Frankfurt Anzeige gegen Unbekannt erstattete, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Heidelberg. Ob sich Mitarbeiter der SAP AG schuldig gemacht haben, ist noch unklar - allerdings wurden mit richterlicher Genehmigung Telefonverbindungsdaten des Unternehmens sichergestellt. SAP habe sich dabei kooperativ verhalten, die angeforderten Daten seien unmittelbar ausgehändigt worden.

Die Ermittlungen kommen überraschend, da die Walldorfer nach dem ersten Insider-Fall vor zwei Jahren umfassende Präventivmaßnahmen getroffen hatten. Der Kreis der potentiellen Insider war erheblich eingeschränkt, der Veröffentlichungszeitraum börsenrelevanter Nachrichten verkürzt worden. Außerdem kontrollierte fortan ein "Compliance Officer" die Geschäfte der SAP-Mitarbeiter mit Aktien. Entsprechend gelassen gibt man sich nun im Unternehmen.

Die jüngsten Vorwürfe konzentrieren sich auf die Ereignisse vom 4. Januar 1999, einen Tag, bevor die Walldorfer bekanntgeben mußten, daß der Vorsteuergewinn für 1998 lediglich um 15 Prozent gestiegen sei und nicht wie ursprünglich prognostiziert um 30 bis 35 Prozent. Daraufhin brach der Aktienkurs um 18 Prozent ein.

Ungewöhnlich war jedoch aus Sicht der Börsenaufsicht, daß die SAP-Aktien schon am Tag vor der Bekanntgabe um 5,5 Prozent nachgaben - und das, obwohl alle anderen Blue-Chips an diesem Tag gestiegen waren. Insbesondere wurde ein reger Handel mit sogenannten Put-Optionsscheinen registriert, die nur dann Gewinn abwerfen, wenn der Aktienkurs eines Unternehmens drastisch sinkt.

Bereits vor zwei Jahren hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen mehr als 30 SAP-Mitarbeiter ermittelt und das Verfahren eingestellt, nachdem drei Beschuldigte, darunter ein Vorstandsmitglied, Geldbußen zahlen mußten. Damals hatten die Betroffenen Aktien verkauft, kurz bevor ein für SAP-Verhältnisse schwaches Quartalsergebnis veröffentlicht werden mußte.