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Staatsanwalt: Ex-Worldcom-Chef Ebbers lügt

03.03.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der wegen Betrugs angeklagte ehemalige Worldcom-Chef Bernard Ebbers wurde zum Ende des laufenden Prozesses noch einmal gehörig in die Mangel genommen: Ebbers habe dem Gericht direkt ins Gesicht gelogen, als er seine Kenntnis von den elf Milliarden Dollar schweren Bilanzmanipulationen im Zeugenstand abstritt, erklärte der zuständige Staatsanwalt William Johnson vor dem New Yorker Geschworenengericht. "Sie müssen das andauernde Unschuldsgestammel satt haben", sagte Johnson in seinem Schlussplädoyer der Jury. Es beleidige den gesunden Menschenverstand, dass ein Chef, der den Kaffeeverbrauch in den Worldcom-Büros kontrolliert habe, keine Ahnung von Bilanzkorrekturen gehabt habe. Dabei hätten diese manchmal bei bis zu eine Milliarde Dollar im Quartal gelegen.

Ebbers sei der unumstrittene Herrscher über Worldcom gewesen und damit auch der Anführer der Verschwörung, führte der Staatsanwalt weiter aus. Johnson widersprach damit der Darstellung der Verteidigung, wonach der ehemalige CEO und Firmengründer von seinem Finanzchef Scott Sullivan irregeführt worden sei. Der Kronzeuge der Anklage hatte bereits vor einigen Wochen eingeräumt, dass er die Einnahmen in den Konzernbilanzen zwischen 2000 und 2002 zu hoch angesetzt und zu geringe Kosten ausgewiesen hatte, damit der US-Carrier die Erwartungen der Wall-Street-Analysten erfüllt. Dabei habe er jedoch mit dem Einverständnis des damaligen Konzernchefs gehandelt, behauptete Sullivan.

Im Prozess kommt am heutigen Donnerstag noch einmal die Verteidigung zu Wort, bevor sich die Geschworenen zur Beratung zurückziehen. Der frühere Selfmade-Milliardär Ebbers ist wegen Betrugs, Verschwörung und Falschaussagen in insgesamt neun Punkten angeklagt. Bei einem Schuldspruch drohen dem 63-Jährigen rechnerisch bis zu 85 Jahre Haft. (mb)