Verdacht des Insiderhandels erstmals auch gegen einen Analysten

Staatsanwälte haben Ex-CPU-Mitarbeiter im Visier

11.01.2002
MÜNCHEN (CW) - Die CPU Softwarehouse AG kommt nicht zur Ruhe. Die Staatsanwaltschaft Augsburg wirft zwei Ex-Vorständen des Unternehmens, der Ehefrau eines der Beschuldigten und drei weiteren früheren leitenden Mitarbeitern sowie einem ehemaligen Analysten der Bayerischen Landesbank verbotenen Insiderhandel sowie millionenschweren Kursbetrug vor.

Nach all den Skandalen am Neuen Markt sind die bereits vor Weihnachten bekannt gewordenen Ermittlungen dennoch ein Novum: Erstmals ist auch ein Analyst wegen des Verdachts des Insiderhandels ins Visier der Staatsanwälte geraten. So gehen die Augsburger Strafverfolgungsbehörden derzeit offenbar davon aus, dass ein ehemaliger Analyst der Bayerischen Landesbank Girozentrale sowie ein Ex-Vorstand von CPU im ersten Halbjahr 2000 unerlaubte kursstützende Maßnahmen getroffen haben. Der Finanzexperte soll eine Kaufempfehlung mit Kurszielangabe abgegeben haben, obwohl er bereits Insiderinformationen über ungünstige Geschäftsentwicklungen bei CPU besaß. Anschließend habe die Ehefrau des betreffenden Vorstands eine Million Aktien zum damaligen Börsenwert von rund 30 Millionen Euro verkauft.

In einem zweiten Ermittlungsverfahren stehen ein anderer Ex-CPU-Vorstand, dessen Ehefrau sowie drei weitere frühere Führungskräfte im Fadenkreuz der Augsburger Justiz. Sie sollen im November 1999 und im Mai 2000 ebenfalls kurz vor der Veröffentlichung negativer Unternehmensmeldungen mehrmals Aktien im Wert von ingesamt rund 270000 Euro verkauft haben. Der damalige CPU-Vorstandschef Jochen Furch hatte sich zu diesem Zeitpunkt harsche Kritik von Analysten, Investoren und Journalisten eingehandelt, nachdem er auf einer USA-Reise eine Gewinnwarnung ausgesprochen hatte. In Deutschland wurde eine entsprechende Ad-hoc-Meldung aber erst einen Tag später veröffentlicht, als der Aktienkurs bereits signifikant eingebrochen war.

Ausschlaggebend für die Aufnahme von Ermittlungen seien erste Ergebnisse einer seit gut einem Jahr laufenden Untersuchung des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) gewesen, hieß es in einer Erklärung der Augsburger Staatsanwaltschaft.

Zusätzlicher Verdacht der UntreueIm Zeitraum der fraglichen Insidergeschäfte gehörten neben Jochen Furch noch Karlheinz Glückstein und Kay Schleef zum CPU-Vorstand. Alle drei Manager traten zwischen Mai und August 2000 von ihren Posten zurück. Gegen welchen der Ex-Vorstände ermittelt wird, teilte die Staatsanwaltschaft nicht explizit mit. In die Amtszeit des früheren Vorstands fällt auch der Gegenstand eines dritten Ermittlungsverfahrens gegen fünf ehemalige CPU-Mitarbeiter (darunter zwei, die auch in je eine der beiden vorgenannten Untersuchungen involviert sind), wo es um angeblich überteuerte Firmenzukäufe beziehungsweise um den Verdacht der Untreue geht.

Der jetzige CPU-Vorstandschef Manfred Köhler ließ offiziell erklären, dass sich die Verfahren nicht gegen das Unternehmen, sondern gegen ehemalige Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter richte. Grundsätzlich betrachte man die neuerlichen negativen Schlagzeilen nach der Mitte 2000 erfolgreich eingeleiteten Restrukturierung und Neupositionierung als "denkbar ungünstig". In dem Teilverfahren, in dem die CPU Geschädigte sei, hat sie bereits selbst umfangreiche juristische Prüfungen anstellen lassen. Allerdings führten die Ergebnisse zu dem Schluss, dass ein weiteres Vorgehen gegen die Beschuldigten nicht aussichtsreich sein wäre. Köhler bot den ermittelnden Behörden dennoch eine enge Zusammenarbeit an, damit "endlich ein Schlussstrich unter die Altlasten gezogen werden und sich die CPU wieder unternehmerischen Themen widmen kann". (mb)