Kombinierte Enwicklung

Sprinten mit dem V-Modell XT

19.09.2011
Von Olaf Lewitz und Ursula Meseberg

Die Lösung aus Sicht des V-Modell XT und durch die Scrum-Brille

Der Vergleich der Projektsteuerung nach V-Modell XT und Scrum zeigt, dass die Steuerungsmechanismen der beiden Prozesse auf unterschiedlichem Niveau angesiedelt sind: Die Vorgaben des V-Modells XT, die im Wesentlichen auf das Erreichen von Entscheidungspunkten zielen, bewegen sich auf einer Makro-Management-Ebene. Im Unterschied dazu ist der Scrum-Ablauf, der auf der Realisierung von Anforderungen durch elementare Entwickler-Tasks in kurzen Sprints basiert, auf einem Mikro-Management-Niveau angesiedelt. Diese unterschiedlich hohen Ebenen der Steuerung machen es möglich, beide Prozesse zu kombinieren, indem die Mikro-Steuerung mit Scrum in die Makro-Steuerung nach dem V-Modell XT eingebettet wird.

Die Lösung aus Sicht des V-Modell XT

Ein Ausschnitt der neuen Projektdurchführungsstrategie für das V-Modell XT mit Scrum.
Ein Ausschnitt der neuen Projektdurchführungsstrategie für das V-Modell XT mit Scrum.

Die vorgestellte Projektdurchführungsstrategie Inkrementelle Systementwicklung bietet sich aufgrund ihres iterativen, inkrementellen Ansatzes als Ausgangspunkt für die Integration von Scrum in das V-Modell XT an. Um die Mikrosteuerung mit Scrum, eingebettet in eine zum V-Modell XT konforme Makrosteuerung, zu realisieren, wird die Durchführungsstrategie vereinfacht.

Die Entscheidungspunkte der Durchführungsstrategie werden bis einschließlich "Projekt beauftragt" unverändert übernommen. Danach folgt der Entscheidungspunkt "Release geplant". Er entspricht dem ursprünglichen Entscheidungspunkt "Iteration geplant" und wurde lediglich umbenannt, um sprachliche Verwirrung durch die unterschiedlichen Iterationsbegriffe in Scrum und im V-Modell XT zu vermeiden. Der gesamte Zyklus bis zur nächsten Lieferung an den Auftraggeber im Sinne des V-Modells XT wird hier - wie in Scrum - als "Release" bezeichnet.

Nach dem Entscheidungspunkt "Release geplant" setzt der Scrum-Ablauf ein, es beginnen also die Scrum-Sprints. Die Entscheidungspunkte des weiteren Projektverlaufs werden reduziert. "System spezifiziert", "Lieferung durchgeführt" und "Abnahme erfolgt" bleiben erhalten. Die vier dazwischenliegenden Meilensteine von "System entworfen" bis "System integriert" werden zu einem Entscheidungspunkt "Sprint abgeschlossen" zusammengefasst, der jeweils ein Sprint-Ende markiert.

Durch die Scrum-Brille betrachtet

V-Modell XT mit Scrum: Sprints und Meilensteine im Projektverlauf.
V-Modell XT mit Scrum: Sprints und Meilensteine im Projektverlauf.

Aus Sicht von Scrum stellt sich die Frage, warum an den Entscheidungspunkten "System spezifiziert", "Lieferung durchgeführt" und "Abnahme erfolgt" festgehalten wird. Die Antwort lautet: Diese Entscheidungspunkte werden in den Scrum-Ablauf als Meilensteine eingefügt, um - wie eingangs gefordert - zu gewährleisten, dass die AG/AN-Schnittstelle des V-Modells XT nicht beeinträchtigt wird. Um der AG/AN-Schnittstelle zu genügen, muss darüber hinaus dafür gesorgt werden, dass an diesen Entscheidungspunkten die relevanten, vom Auftraggeber geforderten V-Modell-Dokumente fertiggestellt sind. Schlüsselinstrument, um diese Forderung zu erfüllen, ist das Product Backlog.

In der Integrationslösung erhält das Product Backlog folgenden Charakter: Es besteht überwiegend aus Anforderungen an das zu erstellende System, die sich aus dem Lastenheft und - später im Projektverlauf - aus Änderungsanträgen und Fehlermeldungen ergeben. Die Anforderungen werden nach Bedarf verfeinert und um technische Informationen angereichert. Die Aufgaben, die Dokumente zu erstellen, die nach dem V-Modell XT gefordert sind, werden ebenfalls wie Anforderungen behandelt und in das Product Backlog aufgenommen. Das Scrum-Team hält in seiner "Definition of Done" fest, dass die Anforderungen für ihre Integration in die Dokumente aktualisiert und "kundenkompatibel" formuliert werden.

Mit den Entscheidungspunkten "Projekt beauftragt/Release geplant" (Vertragsabschluss und Planung der ersten Entwicklungsstufe) sowie "Abnahme erfolgt/(nächstes) Release geplant" (Abnahme der ersten Entwicklungsstufe und Planung der zweiten) bleiben die Stellen zur Synchronisation von Auftraggeber- und Auftragnehmerprojekt so erhalten, wie sie das V-Modell XT vorsieht.

Lesen Sie auf der nächsten Seite die Auswirkungen der Integration auf Auftrageber und Auftragnehmer.