Wissens-Management

Sprinten fürs Wiki

24.10.2013
Von 
Sibylle Hofmeyer ist freie Journalistin in Heidelberg.
Was, wenn das interne Wiki nur auf mäßige Begeisterung in der Belegschaft stößt und inhaltliche Lücken hat? Ein IT-Dienstleister entfachte das Interesse seiner Mitarbeiter mit einem Schreibwettbewerb.

Um den Wissensaustausch zu fördern, richtete der SAP-Dienstleister b2tec 2006 ein firmeneigenes Wiki ein. Auf "b2wiki" sollten die Mitarbeiter Informationen einstellen und pflegen, die sich um bankenspezifische Themen, Kundenprojekte, neue Softwareentwicklungen und firmeninterne Inhalte drehen. Sieben Jahre später hatte sich das Wiki immer noch nicht als erste Adresse für die Informationssuche durchgesetzt. Es enthielt nur einen Bruchteil des verfügbaren Wissens. Auch eine Kompetenzgruppe, die die Mitarbeiter bei Fragen zum Wiki unterstützte, half nicht weiter.

540 neue Artikel im Wiki

Stefan Schmidt, b2tec: "Mit dem Wiki-Schreibwettbewerb haben wir eine solide Wissensbasis geschaffen und das sehr große Gemeinschaftsgefühl der Mitarbeiter noch verstärkt."
Stefan Schmidt, b2tec: "Mit dem Wiki-Schreibwettbewerb haben wir eine solide Wissensbasis geschaffen und das sehr große Gemeinschaftsgefühl der Mitarbeiter noch verstärkt."
Foto: Privat

Für das schwache Interesse waren nicht nur Berührungsängste und mangelnde Wiki-Fertigkeiten der Mitarbeiter verantwortlich zu machen. Dazu kam, dass die Kompetenzgruppe auch ein Wiki in Englisch aufzubauen begann. Viele Informationen waren allerdings nur in einer der beiden Sprachen verfügbar - das stiftete Verwirrung und schloss die englischsprachigen Kollegen von einem Teil des Wissens aus.

Mit dem "Wiki-Sprint" wollte b2tec der firmeneigenen Wissensplattform mehr Leben einhauchen.
Mit dem "Wiki-Sprint" wollte b2tec der firmeneigenen Wissensplattform mehr Leben einhauchen.
Foto: Sandor Jackal - Fotolia.com

"Mit dem Start des ,Wiki-Sprints` am 1. Januar wollte die Geschäftsleitung diese Mängel beseitigen und der Plattform zum Durchbruch verhelfen", erläutert Stefan Schmidt, einer der b2tec-Firmengründer. Alle Mitarbeiter - ob aus Beratung, Entwicklung oder Backoffice - waren aufgefordert, binnen drei Monaten möglichst viele hochwertige Beiträge für das interne Wiki zu verfassen. Der Einheitlichkeit halber sollten diese nur in Englisch geschrieben sein. Parallel dazu suchte die Wiki-Kompetenzgruppe fünf erfahrene Manager aus, die aus den Mitarbeitern gleichwertige Teams bildeten. Die Kompetenzgruppe stellte die Jury. Sie bewertete die Artikel nach einem Punktesystem, Mindestanforderungen waren Neuheit und Vollständigkeit der firmenrelevanten Themen. Gewinnen würde das Team, das bis zum 31. März die meisten Beiträge eingereicht hatte. Außerdem sollten die Mitarbeiter mit den meisten und besten Artikeln Preise erhalten.

Der Ehrgeiz der Teams entflammte, als die Kompetenzgruppe die aktuellen Punktestände regelmäßig veröffentlichte. Keine Mannschaft wollte ins Hintertreffen geraten. Vollends in Fahrt kam der Wettbewerb, als die Geschäftsleitung verkündete, dass die Mitarbeiter die Beiträge als interne Arbeitszeit verbuchen konnten. "Da es sich dabei um ein Engagement für die Firma handelt, kann keiner Autorin und keinem Autor zugemutet werden, dafür die Freizeit zu opfern", argumentiert Konrad Wehner, der als Senior Manager bei b2tec eines der Wettkampf-Teams leitete.

Kurz vor Abschluss des Wiki-Sprints ließen die Mitarbeiter schließlich alle Bedenken fahren und nutzten das freie Osterwochenende zum Endspurt, sprich: zur verstärkten Artikelproduktion. So gingen nach den Feiertagen noch 220 neue Beiträge bei der Jury ein; insgesamt stieg die Zahl der Wiki-Sprint-Artikel auf fast 540.

Themenpaten

"Mit dem Schreibwettbewerb haben wir eine solide Wissensbasis geschaffen und das ohnehin sehr große Gemeinschaftsgefühl der Mitarbeiter noch verstärkt", unterstreicht Firmenmitgründer Schmidt. "Jetzt gilt es, die positiven Impulse aus dem Wiki-Sprint in einen dauerhaften Wiki-Marathon umzuwandeln." Dazu will die b2wiki-Kompetenzgruppe Patenschaften an Mitarbeiter vergeben, die mit bestimmten Themen besonders vertraut sind. Sie sollen verstärkt eigene Beiträge im Wiki veröffentlichen und Artikel ihrer Kollegen redaktionell betreuen. Das gestiegene Interesse soll durch einen Newsletter vorangetrieben werden, der über Aktivitäten und Neuerungen im b2wiki informiert. In Sitzungen des Managements wird die Weiterentwicklung der Wissensplattform regelmäßig auf der Agenda erscheinen.

Mehr Interaktion

"Auch ich verweise bei Themen aus meinem Verantwortungsbereich verstärkt auf das b2wiki - ob es darum geht, sich gezielt mit Informationen zu versorgen oder eigene Beiträge über neue Projekte einzustellen", erläutert Senior Manager Wehner. Alle Verantwortlichen bei b2tec sind sich über die Vorteile einig, die ein Wiki einem IT-Beratungshaus bietet, das von seinem Know-how und seiner fachlichen Kompetenz lebt: einen schnelleren Zugang zu Informationen, eine bessere Kommunikation und Interaktion zwischen den Mitarbeitern sowie eine direkte Verfügbarkeit und Langzeit-Archivierung von Expertenwissen. (hk)