Springer, Bertelsmann und Telekom kooperieren Deutsche Online-Allianz tritt gegen Microsofts Marktmacht an

01.12.1995

MUENCHEN (CW) - Mit der Springer Verlag AG, der Bertelsmann AG und der Deutschen Telekom AG hat sich ein starkes Team im Online-Markt gefunden. Die drei Partner vereinbarten Kreuzbeteiligungen. Die beiden Dienste T-Online und America Online sollen parallel weitergefuehrt werden und sich durch ihre Zielgruppen voneinander abgrenzen.

Ebenso ueberraschend wie der Springer Verlag kuerzlich seinen Ausstieg aus den Gespraechen ueber eine Beteiligung am Burda-Dienst Europe Online bekanntgab, kam nun der Einstieg bei America Online. Die Hanseaten hatten offenbar monatelang parallel verhandelt und sich letztlich fuer den von Bertelsmann und der America Online Inc. (AOL) ins Leben gerufenen Dienst entschieden.

Damit wird die Hoffnung des Burda Verlags, Mehrheitseigner von Europe Online, zunichte gemacht, Springer werde noch als Content- Provider auftreten. Europe Online konterte allerdings sehr schnell. In einem Kooperationsabkommen mit Netscape, dem Marktfuehrer bei Internet-Browsern, vereinbarte die Burda-Tochter, ihre Dienste mit der Suchsoftware des amerikanischen Unternehmens auszustatten.

Respekt vor der Bertelsmann-Springer-Telekom-Allianz zeigt Compuserve. Gegenueber dem Brancheninformationsdienst

"Computergram" vermutete der Chef dieses Online-Dienstes, Barry Berkov, America Online werde mit seinen Partnern zum schaerfsten Konkurrenten am europaeischen Markt heranreifen. In der Rangfolge der aergsten Compuserve-Widersacher folgen das Microsoft-Netz MSN und als Schlusslicht Europe Online. Dieser Anbieter habe nach Auffassung Berkovs keine Erfahrungen in Sachen Online-Dienste, dafuer allerdings sehr viele verschiedene Partner mit unterschiedlichen Erwartungen.

Derweil hebt Microsoft seine selbstauferlegte Begrenzung auf weltweit 500000 Anwender auf. Der Software-Marktfuehrer konnte die technischen Hindernisse, die diese Einschraenkung noetig gemacht hatten, nun ueberwinden.

Die Gates-Company ist nach Einschaetzung der America-Online- Beteiligten der groesste Kontrahent fuer den eigenen Dienst. Bedenken der europaeischen Kartellbehoerde, die Allianz werde eine marktbeherrschende Position einnehmen, versuchen die Partner mit dem Hinweis auf das Netz des Software-Marktfuehrers zu zerstreuen. America Online wird noch 1995 in Deutschland, Frankreich und England starten. Der Guetersloher Medienkonzern und dessen amerikanischer Partner AOL werden sich mit 30 Prozent an T-Online beteiligen. Im Gegenzug uebernimmt die Telekom eine Minderheitsbeteiligung an der US-Muttergesellschaft AOL. Der Axel Springer Verlag steigt mit fuenf Prozent in T-Online und in unbekannter Hoehe beim deutschen AOL-Dienst ein.