Spotlights/

22.09.1995

Berkeley Design Inc.

Mit Bonmots zum Zustand der Software-Industrie unterhielt Rob Kolstad, Gruender der Berkeley Design Inc., die spaerlich erschienenen Zuhoerer in seinem Eroeffnungsvortrag zur Kongressmesse German Unix User Group (GUUG) Offene Syssteme. Hier eine Auswahl:

Kolstad fuehrte die Herkunft des Marketing-Sprichworts, wonach ein Bild mehr sage als tausend Worte, auf die Computer-Technik zurueck. Danach beziehe sich dieser Spruch nicht auf die Aussagekraft von Wort oder Bild, sondern auf den Speicherplatz-Bedarf, der bei Bildern etwa tausendmal hoeher liege.

Eine Umwertung erfuhr das ueblicherweise positiv konnotierte Kuerzel WYSIWYG (What you see is what you get). Aus der Sicht eines Unix- Profis bedeute dieser Satz, dass man leider nicht mehr bekommen koenne als man sieht. Die inzwischen meist belaechelten Kommandozeilen jedoch gaeben dem Koenner "Power ohne Grenzen". Mit diesem Argument wandte sich Kolstad gegen den Trend, die gesamte DV mit grafischen Oberflaechen auszustatten.

Lustig machte sich der Unix-Fan auch ueber die Microsoft- Trittbrettfahrer. Kolstad: "Man braucht nur ein Betriebssystem zu vermarkten, das weit instabiler ist als Unix, und schon schafft man eine neue Industrie - naemlich die fuer Tools und Utilities".

Verbluefft, aber lernwillig nahm Kolstad zur Kenntnis, dass im Desktop-Markt selbst mit wenig nuetzlicher aber billiger Massenware gute Profite erzielt werden. Als Beispiel fuehrte er Dutzende Anbieter verschiedenster Bildschirm-Schoner, besser: Benutzer- Unterhalter an. Hier koennte die Unix-Branche lernen, wie wichtig der Unterhaltungswert von Datenverarbeitung sei.

Zur Verstaendnislosigkeit steigerte sich Kolstads Erstaunen allerdings angesichts von offensichtlich erfolgreichen Produkten wie einer CD, auf der nichts anderes angeboten wird als Bilder von Seen. "Warum komme ich nie auf solche lukrativen Ideen" fragte er sich Kopfschuettelnd.

All diese Beispiele dienten Kolstad dazu, den Unix-Entwicklern im Publikum ins Gewissen zu reden, dass Software nicht um der Technologie willen existiere, sondern damit sie die Moeglichkeiten der Anwender erweitern, das Arbeiten mit Hard- und Software erleichtern, neue Problemloesungen bieten und - last, but not least - unterhalten.

Die Aufgabe der Entwickler sei es dabei, ihr Computer-Wissen fuer den einfachen User aufzubereiten. "Das Hauptproblem der Software- Industrie sind daher schlechte Programmierer", schloss Kolstad.