Fit im Bürostuhl

Sport erobert die Arbeitswelt

05.02.2015
Gesunde Mitarbeiter sind ein hohes Gut für Unternehmen - deshalb helfen immer mehr Firmen ihren Beschäftigten dabei, sich fit zu halten. Experten gehen die Anstrengungen aber noch nicht weit genug.

Stress, Dauersitzen, Fehlbelastungen - wer viel arbeitet, tut seiner Gesundheit nichts Gutes. Das wissen auch viele Unternehmen und wollen die Fitness ihrer Mitarbeiter zunehmend mit Sportangeboten fördern. Yoga und Lauftraining statt Abschlaffen im Bürostuhl heißt die Parole - das ist auch sinnvoll, weil die Arbeitnehmer in Deutschland im Schnitt immer älter werden. Auf der Sportartikelmesse ispo in München (bis 8. Februar) gehört das Thema Fitness und Gesundheit am Arbeitsplatz in diesem Jahr zu den Schwerpunkten.

Typische, auch berufsbedingte Krankheitsbilder von Rückenschmerzen über Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Bewegungsmangel bis hin zu Burnout und Depressionen kosten die Krankenkassen jedes Jahr Milliardensummen. Deshalb arbeiten sie mit an der betrieblichen Gesundheitsförderung: Im Jahr 2013 etwa wurden laut Präventionsbericht des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen deutschlandweit rund 10.000 Betriebe entsprechend unterstützt, das war ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Rund 1,1 Millionen Arbeitnehmer erreichten die Kassen damit.

"Wir merken erfreulicherweise, dass das Thema einen Aufschwung nimmt", sagt Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte. An einer breiten Akzeptanz fehle es aber noch. Deshalb sollten Bewegung und Gesundheit stärker in der Firmenkultur verankert werden. "Es muss klar sein, dass es gewünscht ist, dass die Beschäftigten auch mal um den Block gehen und sich fit halten", sagt die Medizinerin.

Beim Sportartikel-Hersteller Adidas braucht es dafür keine Überzeugungsarbeit - Firmensport gehört dort seit Jahrzehnten zum Arbeitsalltag. Während es zu Zeiten von Unternehmensgründer Adi Dassler noch eher ums Testen der Produkte nach Feierabend ging, können sich die Mitarbeiter heute aus Hunderten Kursen ihr Programm zusammenstellen und sich jährlich an Dutzenden Sportveranstaltungen beteiligen. Ein flexibles Arbeitszeitmodell schafft Freiräume für Fitness - ob morgens, während der Mittagspause oder zwischendurch, wie eine Unternehmenssprecherin sagt.

Auch der Autobauer BMW betreibt ein umfangreiches Gesundheitsmanagement mit zahlreichen Angeboten, von firmeneigenen Fitnessstudios über jährliche Winter- und Herbstsporttage bis hin zur einer eigenen Gesundheitsmesse, die durch die deutschen Werke tourt. "Auch ältere Beschäftigte nehmen an den Angeboten eifrig teil", sagt ein BMW-Sprecher. Langfristig dürfte sich das positiv auf den Krankenstand auswirken und dazu beitragen, dass qualifizierte Mitarbeiter möglichst lange im Unternehmen bleiben.

Dazu gehört grundsätzlich aber mehr als nur Sportangebote für Arbeitnehmer, sagt Susanne Jasper vom Vorstand der Gewerkschaft IG Metall. Die Unternehmen dürften nicht nur die Beschäftigten in die Pflicht nehmen, sondern sollten sich auch stärker um ein gesundheitsschonendes Arbeitsumfeld bemühen. Gerade wenn es um psychische Belastungen wie Zeit- und Leistungsdruck gehe, schauten viele Arbeitgeber regelrecht weg. "Wenn bei ausufernden Arbeitszeiten und nicht planbarer Freizeit die Einzelnen mit erhobenem Zeigefinger aufgefordert werden, sich gesünder zu verhalten, ist es nicht verwunderlich, dass diese Appelle verhallen. Die Menschen fühlen sich dann - zu Recht - verschaukelt", sagt die Gewerkschafterin. (dpa/tc)