Speicher-Management bleibt lückenhaft

26.11.2002
Von Martin Seiler
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ordnung im Speicherchaos! Anwender fordern Möglichkeiten, um ihre heterogenen Storage-Welten übergreifend zu administrieren. Neue Standards wie „Bluefin“ sollen dafür wichtige Voraussetzungen schaffen und proprietäre Schnittstellen ablösen. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg.

Unternehmen stehen vor einem Problem: Wie sollen die jährlich wachsenden Datenberge möglichst effektiv gespeichert und verwaltet werden? Mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Speichermedien, darunter Festplatteneinheiten, Tapelibraries, Jukeboxen oder Backup-Roboter, versuchen Administratoren, die Datenflut unter Kontrolle zu halten. Kai-Uwe Klein, Storage Development Owner bei Computer Associates, warnt, dass sich Speicherprobleme allein über die Anschaffung neuer Hardware nur selten lösen lassen. Der Spezialist berichtet, dass „gerade in der heterogenen Welt die Subsysteme oftmals nur zu etwa 30 oder 40 Prozent ausgelastet sind“.

Foto: EMC/ww
Foto: EMC/ww

Solche Überhänge sind effektiv nur mit einer umfassenden Administration der Speicherlandschaft zu beseitigen. Doch das Management ist sehr kompliziert und verursacht weitaus höhere Kosten als die Anschaffung zusätzlicher Hardware. So weisen die Analysten der Meta Group in ihrer Studie „Storage Networks - Lösungen und Services in Deutschland 2002“ darauf hin, dass das Management der Daten in Unternehmen „bereits heute ein Vielfaches der reinen Storage-Anschaffungskosten“ ausmacht, „Tendenz weiter steigend“. Schätzungen zufolge ist das Verwalten des Speicherplatzes um etwa den Faktor sieben teurer als der für die Speicherhardware bezahlte Preis.

Technische Ansätze wie Storage Area Network (SAN) oder Network Attached Storage (NAS) sollen Abhilfe schaffen und die vorhandenen Speicherressourcen zu einem Pool zusammenfassen, der leichter zu konfigurieren, einfacher erweiterbar ist und vor allem den administrativen Overhead reduziert. Im Idealfall bedeutet das unter anderem: Vielfältige Speichersysteme im Unternehmen lassen sich von den Administratoren über eine einzige Konsole verwalten. Nicht nur das Monitoring, sondern auch das aktive Konfigurieren ist dabei möglich. Neue Hardware wird nach der Installation automatisch erkannt, das von ihr bereitgestellte Speichervolumen kann dynamisch beliebigen Applikationen zugeordnet werden.

Visionen und Realität

Leider sind solche Szenarien vorerst noch Zukunftsmusik. Zu den Grundvoraussetzungen für ihre Umsetzung gehört, dass die angeschlossene Hardware untereinander kompatibel ist und sich in eine übergreifende Management-Lösung einbinden lässt. Genau hier liegt momentan noch einiges im Argen, wie der Storage-Consultant Dirk Pelzer aus München erzählt. Nach Meinung des Spezialisten können Anwender mit heute verfügbaren Management-Lösungen wie „Sanpoint Control“ von Veritas oder „SAN-Navigator“ von McData „zwar schon eine ganze Menge anfangen“. Dazu gehört etwa, Informationen aus Management Information Databases (MIBs) auszulesen oder das Erkennen von logischen Einheiten, die in bestimmten Storage-Devices vorhanden sind. Er beklagt jedoch das Fehlen von „Standards, um ein SAN sinnvoll und in seiner Gesamtheit verwalten zu können“.

Mark Bregman, Executive Vice President Product Operations bei Veritas Software, fügt hinzu: „Anwender, die in den letzten zwölf bis 18 Monaten versucht haben, Speichernetze zu implementieren, mussten feststellen, dass die Realität nicht ganz an das Versprechen heranreicht. Speichernetze sind auf dem Papier sehr überzeugend, aber in Wirklichkeit eher kompliziert, was vor allem mit der Interoperabilität zusammenhängt.“

Um die Kompatibilität ihrer Lösungen mit denen der Konkurrenz herzustellen, setzen die Hersteller momentan auf den Austausch von Programmier-Schnittstellen (Application Programming Interfaces = APIs) für ihre jeweiligen Produkte. Doch das reicht nach Meinung von Berater Pelzer nicht aus, er fordert eine übergreifende, offene Lösung. Über publizierte APIs lassen sich meist nur Teilbereiche der Administration vereinfachen, außerdem klammern die Storage-Anbieter spezielle Funktionen ihrer Hardware von solchen Vereinbarungen ohnehin gerne aus, um ihren Wettbewerbsvorteil nicht zu verlieren.

Ein wirklich übergreifendes Speicher-Management ist über den bisher gängigen Austausch der APIs aber ohnehin kaum zu erreichen. Dazu müssten die Hersteller nicht nur alle Schnittstellen sämtlicher Konkurrenten in die von ihnen entwickelten Lösungen integrieren, sondern zudem ihre eigenen APIs offen legen und natürlich pflegen. Dieses Prozedere ist kompliziert, langwierig und teuer.