Storage-Service-Provider kämpfen noch mit Vorbehalten

Speicher für 25000 Dollar zu vermieten

20.04.2001
MÜNCHEN (jha) - Mit dem Börsenabsturz vieler New-Economy-Firmen haben die Storage-Service-Provider (SSPs) eine wichtige Klientel verloren. Nun werben die Dienstleister verstärkt um die Gunst von Unternehmen der Old Economy, die mit ihren E-Business- und E-Commerce-Plänen einen hohen Speicherbedarf haben.

Anerkennung zollen die Analysten von IDC den Newcomern im SSP-Geschäft. Sie hätten die Leiter zum Erfolg im Service-Provider-Markt erklommen, meinen die Marktforscher. Dem Lob folgt jedoch der Dämpfer, denn oben angekommen, so IDC, müssten die SSPs nun feststellen, dass dort die Großen der Branche schon auf sie warten. IBM, Compaq, Hewlett-Packard (HP), Siemens Business Services (SBS) und EDS liebäugeln allesamt mit dem Geschäft, Speicher an zahlende Kunden zu vermieten. Einige unterhalten eigene Datenzentren, andere betreuen installierte Speicher in den Rechenzentren der Kunden.

Der von IDC gewürdigte Erfolg von Unternehmen wie Storagenetworks, Storability, Storageway oder Managedstorage ist allerdings nur relativ, denn breites Anwenderinteresse an den Diensten der SSPs besteht bislang vornehmlich in den USA, wo mehr als ein Dutzend Startups Speicherkapazitäten vornehmlich an Unternehmen der New Economy vermieten. "Momentan ist die Akzeptanz für diese Dienstleistung in Deutschland nicht sehr ausgeprägt", beobachtet Norbert Deuschle, Speicherexperte der Meta Group. Josh Krischer, Research Director der Gartner Group in Frankfurt am Main, untermauert: "Wir sehen derzeit in Europa kein Kundeninteresse."

Vorbehalte gegen das OutsourcingDass der Ruf nach SSPs in Deutschland so selten ertönt, hängt mit den üblichen Vorbehalten zusammen, mit denen sämtliche Outsourcing-Anbieter zu kämpfen haben. Anwender, die ihre Daten einem Dienstleister übergeben, stellen die berechtigte Frage nach der Sicherheit und Zuverlässigkeit. Zwar genügen die Datenzentren der SSP-Betreiber in der Regel höchsten Sicherheitsanforderungen hinsichtlich der Zugangskontrolle, des Katastrophenschutzes und der Verfügbarkeit, dennoch wollen viele Anwender ihre Informationen lieber im eigenen Rechenzentrum gespeichert wissen. "Wenn der Kunde die Daten im Haus vorhält, hat er die Kontrolle darüber und weiß, was damit geschieht. Das ist aber meistens eher ein psychologisches Moment", erläutert Deuschle.

Alle Speicherdienstleister haben sich auf derartige Vorbehalte eingestellt und nehmen bei Bedarf auch die Datensysteme der Kunden in Obhut, indem sie sie vor Ort betreiben und betreuen. Entsprechende Service-Level-Agreements sorgen dafür, dass der Dienstleister den notwendigen Aufwand betreibt, um die Zuverlässigkeit sicherzustellen. Gartners Speicher-Experte Krischer empfiehlt den Kunden sogar diese Vorgehensweise, denn anders als in den USA, wo die SSPs bereits einige Kunden gewinnen konnten, sind in Europa die TK-Kosten noch zu hoch. Zum Teil gibt es bei der externen Speicherung von Daten auch rechtliche Hürden, denn "in einigen Ländern ist es nicht erlaubt, Bankinformationen über die Grenzen zu verschieben", so Krischer.

Dass die Speicherdienstleister dennoch hoffnungsfroh auf die Unternehmenskunden zugehen, ist dem Trend zum E-Business und E-Commerce und dem damit verbundenen steigenden Speicherbedarf zuzuschreiben. Elektronischer und Web-basierter Handel, Beschaffung, Verkauf und Vertrieb haben die unangenehme Begleiterscheinung, dass der künftige Speicherbedarf nur selten einzuschätzen ist. Das Modell "Gezahlt wird nur für den wirklich genutzten Speicher" käme diesen Anwendern entgegen.

Die Kosten für derartige Vermietungsdienste variieren pro TB Speicherraum und Monat zwischen 25000 und 100000 Dollar. Dieser Spielraum ergibt sich aus den unterschiedlichen Angeboten der SSPs, die in der Regel verschiedene Module oder Pakete zur Auswahl stellen. Basisdienste beinhalten etwa DAS- oder SAS-Speichersysteme (siehe Kasten). Wollen Kunden jedoch auf zeitgemäßere Verfahren wie Network Attached Storage (NAS) und Storage Area Networks (SANs) zugreifen, steigt auch der Mietpreis.

Extra zur Kassen bitten die SSPs auch, wenn regelmäßige Backups nachgefragt werden. Je häufiger Daten gesichert werden müssen, desto teurer wird der Dienst. In gesonderten Servicepaketen werden zudem Leistungen wie die Spiegelung von Daten verkauft. Schießlich bieten einige SSPs auch noch Zusatzdienste wie Migrationsservices an, bei denen Daten auf neue Plattformen umgeschichtet werden. Weil sich sämtliche Dienste ähneln, gehen die ersten Anbieter bereits dazu über, auch Content-Management- und Knowledge-Management-Dienste anzubieten. "Hier können sich die Anbieter noch voneinander abgrenzen. Dieses Thema wird in den nächsten zwei bis drei Jahren sicher immer wichtiger", meint der Meta-Group-Manager.

SSPs sind mit hohen Startkosten belastetDie Vielzahl der Optionen zeigt, dass der Auftrag an einen SSP wohl überlegt sein will. Eine unabdingbare Voraussetzung zur Nutzung des Mietmodel ist, dass "die Kunden wissen, in welcher Form ihre eigenen Geschäftsprozesse von der IT-Infrastruktur getragen werden", warnt Deuschle. Welche Daten müssen wann und wie oft gesichert werden, für welche Informationen ist eine Spiegelung erforderlich? Allein das Thema Backup und Recovery sei zum Teil so komplex, dass sich ganze Abteilungen damit beschäftigten, erläutert Deuschle. Die Situation verschärft sich besonders bei solchen Anwendern, die sehr viele in unterschiedlichen Rechenzentren verteilte und heterogene Datenspeichersysteme unterhalten. In einer solchen Umgebung, so der Meta-Group-Experte, ist der Ruf nach einem externen Dienstleister am ehesten zu erwarten.

In jedem Fall bleibt die Auswahl des richtigen SSP ein heikles Thema. Denn oftmals verfügen junge Startups zwar über eine ausgereifte technische Installation, kritisch ist hingegen die finanzielle Rückendeckung. Das SSP-Geschäft erfordert hohe Startkosten für die Infrastruktur und benötigt sehr gut ausgebildete Mitarbeiter. Etablierte Firmen wie IBM Global Services, EDS, SBS, HP und Compaq haben hier größere Möglichkeiten zur Quersubventionierung, so dass die Wegbereiter dieses Marktes, also die Newcomer, einen schwierigen Stand in der Gunst der potenziellen Kunden haben dürften. "Dieser Markt birgt enormes Potenzial", meint Deuschle, "doch nur wenige Anbieter werden sich in zwei oder drei Jahren noch darüber freuen können."

SpeicherarchitekturenDAS und SAS: Die Verfahren Direct Attached Storage (DAS) und Server Attached Storage (SAS) bezeichnen die herkömmliche Art der Speicherinstallation. Dabei sind Applikations-Server und Speichereinheit oder -Server direkt miteinander verbunden. Damit sind diese Techniken nur für kleine Datenmengen geeignet. Den Ansprüchen des E-Business genügen sie nicht.

NAS: Network Attached Storages (NAS) sind Speicherverbände, die über das lokale Netz miteinander verknüpft sind. Anwender greifen darauf über einen zentralen Server zu und können dazu übliche Dateisysteme nutzen. NAS-Systeme sind unkompliziert und werden vornehmlich für Anwendungen mit kleinen Datenmengen herangezogen. Für große Installationen sind sie ungeeignet, weil die enormen Datenmengen das lokale Netz übermäßig belasten.

SAN: In einem Storage Area Network (SAN) lassen sich sämtliche Speichereinheiten (etwa Bandlaufwerk, Jukebox und Disk-Array) über ein Fiber-Channel-Netz in unterschiedlichen Topologien (Punkt-zu-Punkt, Ring oder Baum) miteinander verbinden. Vorteil dieser Installationen ist ihre Leistungsfähigkeit, denn es lassen sich große Speichereinheiten installieren. Demgegenüber steht das Problem der mangelnden Interoperabilität, denn alle Hersteller kochen ihr eigenes Süppchen.

Abb.1: Der weltweite Markt für Speicherservices

Weltweit wächst der Bedarf an Speicherdienstleistung kontinuierlich. Nicht alle heutigen Dienstleister können davon profitieren, denn in den nächsten Jahren erwarten Analysten eine Konsolidierung. Quelle: IDC

Abb.2: Speicherkosten

Der Personalaufwand macht den Löwenanteil der Speicherkosten aus. Quelle: CW-Extra