2. Haushaitsstrukturgesetz bedarf der Interpretation:

Sparpaket bringt Programmpfleger auf Touren

05.02.1982

Kopfzerbrechen bereitet das 2. Haushaltsstrukturgesetz nicht nur wegen seines Umfangs, sondern auch wegen der unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten der Gesetzestexte. So heißt es zum Beispiel in Paragraph 1227, Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung: "Als entgeltlich beschäftigter Arbeitnehmer Im Sinne des Absatzes 1, Nr. 1 und 2 gelten auch Personen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben, insoweit gilt das bisherige Beschäftigungsverhältnis für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs als fortbestehend." Die Bedeutung dieses Satzes und anderer Bestimmungen zur Lohnberechnung erläutert Bernd Hentschel, Leiter der Lohn- und Gehaltsabrechnung der Ford-Werke AG, Köln, im folgenden Artikel.

Das 2. Haushaltsstrukturgesetz bringt als Sparpaket zur Haushaltssicherung folgende Änderungen und Neuerungen für die Abrechnungsverfahren:

- Paragraph 32b EStG Progressionsvorbehalt

- Paragraph 40a EStG Einführung einer Zulässigkeitsbescheinigung

- Paragraph 12 VermBG Aufteilung der Arbeitnehmer-Sparzulage nach Anlagearten.

Sie bedingen zusätzliche Rechen- Aufzeichnungs- und Bescheinungspflichten im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens.

Unbeschränkt Steuerpflichtige, die ab 1. Januar 82 Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld, Arbeitslosenhilfe oder ausländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, beziehen, sollen nach dem Paragraph 32b EStG (Einkommenssteuergesetz) mit einem besonderen Steuersatz besteuert werden. Dies soll im Rahmen des persönlichen Lohnsteuer-Jahresausgleichs oder bei der Einkommensteuerveranlagung durch das Wohnsitzfinanzamt vorgenommen werden.

Um dies sicherzustellen, sollen die Arbeitgeber alle betroffenen Arbeitnehmer vom "betrieblichen Lohnsteuerjahresausgleich" ausnehmen, was per Jahresultimo zu einem "Run" auf die Lohnsteuerkarten führen dürfte.

Einschneidenden Anpassungs- und Programmierungsaufwand bewirken der Paragraph 32b in Verbindung mit Paragraph 41 b und Paragraph 51 Abs. 4 des geänderten EStG für alle Betriebe, die möglicherweise zukünftig gezwungen sind, von der Kurzarbeiter- oder Schlechtwettergeldregelung Gebrauch zu machen, da die systemseitigen Vorkehrungen (Implementierung, Rechenformeln, Anlegen der Speicherfelder, Parameteranpassungen für Eingabe- und Ausgabebereiche, Listendruck) das Kalenderjahr abdecken müssen.

Bei Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeldabrechnung muß über eine Hochrechnung ein Fiktiv-Entgelt ermittelt werden, daß neben dem ausgezahlten Kurzarbeitergeld und Schlechtwettergeld im Lohnkonto aufzunehmen und im Rahmen der Bescheinigungspflichten separat auf der Lohnsteuerbescheinigung und dem Lohnzettel nachzuweisen ist.

Neben dem Administrationsaufwand, den die Neuregelung des Paragraph 40a EStG durch das zusätzliche Bescheinigungsverfahren bewirkt, ist es die Aufsplittung der Anlagearten nach dem Paragraph 12 Vermögensbildungsgesetz, die eine Klassifizierung der Anlagearten mit Zuordnung der Prozentsätze und Neuordnung der Überweisungsroutinen erforderlich macht, da der Arbeitgeber zur Eintragung und Bescheinigung der erbrachten vermögenswirksamen Leistungen und der ausgezahlten Arbeitnehmer-Sparzulage verpflichtet ist.

Weitere Anpassungsmaßnahmen sind durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFG) und Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz erforderlich, die ebenfalls zum 1. Januar 1982 in Kraft getreten sind.

Von Bedeutung für die Abrechnungsverfahren ist die Neuregelung bei Zahlung von Urlaubsabgeltung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Hiernach wird die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung um den Zeitraum des abgegoltenen Urlaubsanspruchs verlängert.

Dies bedeutet, daß die Versicherungspflicht aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses erst mit dem Tag endet, der dem fiktiv ermittelten letzten Tag des Urlaubsanspruchs entspricht. In der Krankenversicherung bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten.

Datumsbezogene Trennung

Abrechnungstechnisch erfordert dies eine datumsbezogene Trennung in ein arbeitsvertragliches und ein versicherungsrechtliches Ende der Beschäftigung, da die Fiktivermittlung eine gesonderte Routine erfordert einschließlich der Abgabe der Meldung nach der 2. Datenerfassungs-VO (2. DEVO). In Fällen einer Aufnahme einer neuen Beschäftigung im Anschluß an das arbeitsvertragliche Ende der Beschäftigung entstehen dem Arbeitgeber Rückvergütungsansprüche an Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung gegenüber der Einzugsstelle. Über das Prozedere sind noch Absprachen zu treffen. Hier wird ein erheblicher Zuwachs an Administrations- und Kontrollaufwand bei Arbeitgebern und Krankenkassen zu verzeichnen sein.

Die Versicherungsfreiheit geringfügiger Beschäftigungen und geringfügiger selbständiger Tätigkeiten wird eingeschränkt. Die bislang gültige Grenze von 390 Mark bleibt bis zum 31. Dezember 1984 maßgebend. Weggefallen ist die Versicherungsfreiheit für Beschäftigungen oder Tätigkeiten mit einem höheren Arbeitsentgelt beziehungsweise Arbeitseinkommen, wenn ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht überschritten wird.

Voraussetzung für die Versicherungsfreiheit für geringfügig entlohnte Beschäftigungen und Tätigkeiten ist weiterhin, daß die ragelmäßige wöchentliche Arbeitszeit weniger als 15 Stunden beträgt.

Als weitere Sparmaßnahme sieht das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz die Verpflichtung für Arbeitgeber vor, bei Freisetzung von älteren Arbeitnehmern mit mehr als zehnjähriger Betriebszugehörigkeit der Bundesanstalt das dem Arbeitslosen für die Zeit nach Vollendung des 59. Lebensjahres gezahlte Arbeitslosengeld und die darauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung für ein Jahr zu erstatten. Hierunter sollen allerdings nicht die Fälle fallen, wenn die Weiterbeschäftigung eine unzumutbare wirtschaftliche Härte für den Arbeitgeber darstellt.

Betriebe, die 1982 die Kurzarbeitergeldregelung des AFG in Anspruch nehmen müssen, werden mit einer Neuregelung bei den Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung des Kurzarbeitergeldes konfrontiert. Danach sind Ausfallstunden und Arbeitsstunden einschließlich der Überstunden, die im gesamten Betrieb während des Gewährungszeitraumes anfallen - mit Ausnahme der Betriebsteile, bei denen, eine Umsetzung des Pesonals in andere Bereiche nicht möglich ist - gegeneinander aufzurechnen; erst wenn die Saldierung ergibt, daß die normale Arbeitszeit des Betriebes um mehr als drei Prozent unterschritten wird, ist der KUG-Anspruch gegeben

Vorsorge für Kurzarbeit treffen

Diese Neuregelung setzt eine exakte Vorplanung, Steuerung, Zeiterfassung, Abrechnung und Nachweisung voraus, damit die Erstattung durch das Arbeitsamt nicht gefährdet ist. Die von Kurzarbeit betroffenen Betriebe werden vorsorglich ihr statistisches Zahlenmaterial und deren Grundlagen einer genauen Prüfung unterziehen müssen.

Für den 1. Januar 1983 ist bereits eine weitere Neuregelung verab schiedet, die den Betrieben mit betrieblicher Altersversorgung weiteren Aufwand auferlegt. Insoweit sie als Zahlstellen für Betriebsrenten fungieren, haben sie dem Betriebsrentenempfänger einen monatlichen Krankenkassenbeitrag einzubehalten und an die Krankenkasse abzuführen.