Firmengründung

"Sparen Sie sich die Berater"

08.12.2009
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Unternehmensgründer Wolfgang Herfurtner wünscht sich weniger Bürokratie und empfiehlt, das Geld lieber in Produktentwicklung als in Berater zu investieren.
Wolfgang Herfurtner hat sich als Jurist erfolgreich als Hightech-Gründer etabliert.
Wolfgang Herfurtner hat sich als Jurist erfolgreich als Hightech-Gründer etabliert.

Wenn man Wolfgang Herfurtner glaubt, sind sich Unternehmen und Profifußballvereine gar nicht so unähnlich: Das richtige Team muss mit Begeisterung und Ehrgeiz bei der Sache sein, darf dabei die eigene Gesundheit nicht vernachlässigen und braucht Zeit, um sich zu entwickeln. Herfurtner weiß, wovon er spricht: Er ist Hobby-Kicker und FC Bayern-Fan und mittlerweile Geschäftsführer eines eigenen Unternehmens, das großflächige Multitouch-Displays und Projektionssysteme - sowohl maßgeschneidert als auch in Serie produziert.

Dass es so kam, war zunächst nicht abzusehen. "Chemie war in der Schule immer mein schlechtestes Fach", schmunzelt Herfurtner. Während seines Studiums las er sich umfassendes Wissen zum Thema optische Technologie an. 2000 legte Herfurtner erfolgreich sein zweites Staatsexamen ab und ist seitdem Volljurist. Praktiziert hat er allerdings nie: Einen Tag vor seiner letzten Prüfung gründete er gemeinsam mit einem Partner das Unternehmen, das 2008 in Evoluce umbenannt wurde.

Ausgestattet mit den obligatorischen 25.000 Mark Eigenkapital sowie der Unterstützung eines Business Angel begannen Herfurtner und seine Mitstreiter mit der Entwicklung einer eigenen Projektionstechnologie. Mit Erfolg: Schon bald schrieb Evoluce schwarze Zahlen. Hieran hat sich bis heute nichts geändert: "Wir bestreiten unsere Ausgaben aus dem eigenen Cash Flow", erläutert der Gründer nicht ohne Stolz. Trotzdem ist er auf der Suche nach Investoren. "Aber nicht um jeden Preis", schränkt er ein: "Nachdem wir 2008 den Frankfurter Venture-Lounge-Wettbewerb gewonnen haben, erhielten wir viele Investorenanfragen. Die Angebote liefen aber immer darauf hinaus, dass möglichst schnell hohe Profite erzielt werden sollten." Die langfristige Perspektive für sein Unternehmen sei für die meisten Interessenten kein Thema gewesen. Gerade die liegt Herfurtner aber am Herzen. Das gilt auch für die eigene Arbeitsphilosophie: "Unser Ziel ist es, effektiv zu arbeiten. Daher schicke ich meine Mitarbeiter - und mich selbst - im Regelfall spätestens um 18 Uhr nach Hause. Mehr als acht Stunden Arbeit täglich haben sich als nicht hilfreich erwiesen."

Zur guten Unternehmensführung gehört für Herfurtner auch, sich starke Partner zu suchen. Da die von Evoluce entwickelte Treibersoftware auf der Multitouch-Funktionalität von Windows 7 aufsetzt, kam man mit Microsoft ins Gespräch. Evoluce wird im Rahmen des deutschen Gründerprogramms "unternimm was" mit Technologie- und Marketing-Know-how sowie direktem Zugang zum Microsoft-Partnernetzwerk gefördert. "Wir konnten unsere Lösung im Rahmen des Windows-7- Starts präsentieren", erzählt der Gründer stolz.

Sebastian Weber, Partner Group Manager beim Redmonder Softwareriesen, ergänzt: "Wir wollen innovativen, jungen Unternehmen mit Know-how und unseren Kontakten helfen, ihre Technologien weiter zu entwickeln und neue Märkte zu erobern."

Bis das Geschäft so richtig zum Laufen kam, galt es, einige Hürden zu nehmen: "Das überkomplexe Steuergesetz legt unnötig Steine in den Weg junger Unternehmen. Auch die deutsche Förderung nach dem Gießkannenprinzip funktioniert nicht gut - die Antragsprozesse dauern viel zu lang", kommentiert der Gründer. Der Staat sollte sich mit Subventionen und Förderungen zurückhalten und diese Gelder anderweitig einsetzen. Stattdessen würde eine Vereinfachung des Steuerrechts wesentliche Fortschritte bringen.

Auch einen Rat für angehende Gründer hat Herfurtner parat: "Sparen Sie sich externe Unternehmensberater - diese denken meist zu kurzfristig und kosten junge Unternehmen Geld, das sie besser in die Forschung stecken sollten." Gefragt, welchen Beruf er lieber hätte, muss der Hobby-Fußballer nicht lang überlegen: "Keinen! Nur Trainer beim FC Bayern vielleicht. Das ist momentan zwar nicht die reine Freude, aber ich habe Spaß an Herausforderungen. Ich denke, in der Bundesliga und in Konzernen wird oft vergessen, woher der Erfolg kommt: Nie vom Trainer oder Chef allein, es geht immer nur um das Team." (hk)

Erfolgreich mit Multitouch-Technologie

Die von Evoluce entwickelte Multitouch-Technologie kann beispielsweise in Konferenztische oder Wände integriert werden und ermöglicht eine intuitive Bedienung per Stift oder Finger. Die Eingabesoftware läuft unter Windows 7 und erlaubt Multi-User-Anwendungen und die Erkennung von beliebig vielen Gesten und Objekten. Die meisten aktuellen Multitouch-Anwendungen können maximal zwei Eingaben gleichzeitig - etwa zwei Finger - verarbeiten. Die großformatigen Multitouch-Lösungen von Evoluce dagegen erlauben die Anpassung der Hard- und Software an beliebig viele Eingaben beziehungsweise Anwender. Die neueste Ergänzung geht gerade in die Serienproduktion: ein 47-Zoll Full-HD Multitouch-Display. Multitouch-Technologie von Evoluce wird unter anderem beim Fraunhofer Institut, bei SAP, Bosch und der Deutschen Telekom in unterschiedlichen Projekten und Installationen eingesetzt.