Gebrauchtsoftware

Sparen mit Second-Hand-Lizenzen

09.03.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

"Sich nicht einschüchtern lassen"

Auch Wolfgang Will, Leiter des Bereichs Shared Services der Stadtwerke Cottbus, hat klein angefangen. "Wir waren am Anfang ein wenig skeptisch", räumt der IT-Chef ein. "Man hat doch einiges gehört, wie die Softwarehersteller auf den Markt reagieren." Davon ließ sich Will jedoch nicht beeindrucken und kaufte zunächst kleinere Pakete mit Microsoft-Office-Lizenzen auf dem Second-Hand-Markt ein. Nachdem diese ersten Geschäfte deutliche Kostenvorteile einbrachten, wagte sich der Energieversorger an die Beschaffung einer größeren Tranche von gebrauchten Microsoft-Office-Lizenzen. Die Aussicht auf Einsparungen und die bis dato problemlose Abwicklung der Geschäfte durch die Second-Hand-Anbieter hatten den Ausschlag gegeben.

Probleme gab es jedoch mit Microsoft, berichtet Will. In einem Brief habe der Konzern darauf hingewiesen, das Verfahren sei nach den bestehenden Lizenzbedingungen nicht statthaft. Man behalte sich deshalb rechtliche Schritte vor. Nach anfänglicher Beunruhigung hätten sich diese Drohgebärden jedoch als substanzlos entpuppt, so der IT-Leiter aus Cottbus. Gespräche mit dem Lizenzhändler und mit anderen Firmen, die ebenfalls auf gebrauchte Software setzten, hätten die Situation für ihn entschärft. "Es ist auch nie etwas nachgekommen", erzählt Will. Microsoft habe den Energielieferanten im Nachgang keinem Audit unterzogen.

Die Einschüchterungsversuche sind kein Einzelfall. "Microsoft hat versucht, auch uns unter Druck zu setzen", berichtet Henry Taubald, COO und Geschäftsführer von s.Oliver, von seinen Erfahrungen. Die Hersteller wollen bei den Interessenten an gebrauchter Software Verunsicherung schüren und die Verantwortlichen einschüchtern. "Aber nie schriftlich", erinnert sich der Manager, "das geschah nur im Gespräch."

Taubald hat sich eigenem Bekunden nach davon jedoch nicht beeindrucken lassen. Der Manager kaufte für seine ehemaligen Arbeitgeber Karstadt/Quelle und Arcandor Second-Hand-Lizenzen ein. Bei s.Oliver sei dies derzeit noch nicht der Fall. Das liege aber nur an noch laufenden Verträgen mit Softwarelieferanten. Sobald diese ausliefen, werde er sich wieder auf dem Gebrauchtmarkt umsehen, kündigt Taubald an.

"Der Markt für Gebrauchtsoftware ist legitim und hat sich etabliert", lautet die Bilanz des s.Oliver-Managers. "Das Ganze ist keine Eintagsfliege." Die Händler hätten aus seiner Sicht mittlerweile viel Know-how aufgebaut. Hinter dem Geschäft, das früher auf einer relativ einfachen Basis begonnen habe, stehe heute viel Kompetenz, gerade auch in Sachen Beratung. Taubald vergleicht die Entwicklung mit dem Kfz-Sektor: "Viele Gebrauchtwagenhändler haben ihr Geschäft im Hinterhof begonnen - und irgendwann steht ein schönes Autohaus da."

Hartmut Hopfenzitz, CIO Woolworth: "Wir haben gemerkt, dass die Softwarehersteller zu deutlich größeren Zugeständnissen bereit sind, wenn während der Verhandlungen die Sprache auf Gebrauchtsoftware kommt."
Hartmut Hopfenzitz, CIO Woolworth: "Wir haben gemerkt, dass die Softwarehersteller zu deutlich größeren Zugeständnissen bereit sind, wenn während der Verhandlungen die Sprache auf Gebrauchtsoftware kommt."

Auch Hartmut Hopfenzitz, CIO von Woolworth, will auf den Gebrauchtmarkt nicht mehr verzichten: "Wenn wir Software beschaffen, klopfen wir immer auch bei den Anbietern von Second-Hand-Lizenzen an." Der Manager nennt zwei Effekte, wie Unternehmen in Sachen gebrauchte Software profitieren können: "Zum einen spart man ordentlich beim Kauf." Hopfenzitz beziffert das Einsparpotenzial auf mehr als 40 Prozent gegenüber dem Neupreis. Zum anderen ließen sich Lizenzen zu Geld machen, die das Unternehmen nicht mehr benötige. "Der Gebrauchtmarkt sorgt dafür, dass man sich von Altlasten befreien kann."

Druck der Softwarehersteller hat der Woolworth-Manager bis dato nicht gespürt. Im Gegenteil: "Wir haben gemerkt, dass die Softwarehersteller zu deutlich größeren Zugeständnissen bereit sind, wenn während der Verhandlungen die Sprache auf Gebrauchtsoftware kommt." Man bekommt attraktivere Pakete und wesentlich günstigere Preise als in den offiziellen Listen angeboten. "Lässt man einfließen, auch mit Gebrauchthändlern zu sprechen, verbessert sich die Verhandlungsposition ganz erheblich."