XOpen-Konferenz zeigt aber auch Bedarf an Begriffsklärung

Spareffekte von Open Systems sind das wichtigste Argument

27.12.1991

RESTON (IDG) - Die Fähigkeit aller Teile einer DV-Umgebung zur Zusammenarbeit als offenes System ist das Gebot der Stunde. Der Begriff der Systemoffenheit jedoch ist schwammig, und die Auslegungen sind verwirrend - Klärung tut not. Dies forderten Großanwender auf dem X/Open-Weltkongreß über offene Systeme in den USA.

"Ganz wichtig in der Welt der offenen Systeme ist es, daß wir nicht so tun, als hätten wir auf alles eine Antwort", stellte Paul Strassmann, Informationsdirektor beim Department of Defense, dem amerikanischen Verteidigungsministerium, fest. Er empfahl den versammelten DV-Verantwortlichen im Interesse ihrer eigenen Glaubwürdigkeit, die Leitungsebenen in ihren Unternehmen nicht im unklaren darüber zu lassen, welche Risiken die Companies liefen, sobald sie sich auf den Pfad der Systemoffenheit begäben.

Systemverantwortliche und Anwender aus der Industrie, der Finanzwelt und von Behörden aus den USA und dem Ausland nahmen an der dreitägigen Veranstaltung teil. Vertreten waren neben dem US-Verteidigungsministerium das britische Handels- und Industrieministerium, die Eisenbahn-Gesellschaft Canadian Railway, die Flugzeughersteller Boeing und McDonnell-Douglas, General Motors, die englische Barclays Bank sowie American Express.

"Offene Systeme sind kein bestimmter Standard und keine Technologie", konstatierte IuK-Managerin Catherine Howells von Boeing. Vielmehr bezeichne der Begriff "die Fähigkeit, Technologien angemessen für die Erledigung unserer Arbeit einzusetzen."

Um die Forderung nach Investitionen in Systemoffenheit gegenüber den oberen Leitungsebenen in den Anwenderfirmen glaubwürdig vertreten zu können, empfahl Strassmann, müßten die IuK-Verantwortlichen den betriebswirtschaftlichen Nutzen herausstreichen. Ein Beispiel sei die Wiederverwertbarkeit von Software und Komponenten in einer offenen Umgebung.

Der DV-Vertreter des Pentagon legte den Konferenzteilnehmern dringend nahe, für ihre Unternehmen Open-Systems-Strategien mit langfristiger Perspektive zu entwickeln und dabei mehr Gewicht auf die Kostenvorteile als auf die technischen Möglichkeiten offener Systeme zu legen. Dieser Ansatz sei vonnöten, um den Einwänden der Unternehmensverantwortlichen zu begegnen, wenn die technischen Probleme gelöst seien und es ans Bezahlen gehe.

Die Sparmöglichkeiten, die sich aus reduzierten Kosten für die Softwarewartung und -konvertierung sowie für Migrationen auf andere Plattformen ergäben, so Strassmann weiter, seien als Argumente gegenüber Finanzchefs und dem DV-fremden Management praktisch unschlagbar.

Bei der amerikanischen Militärbehörde geht man davon aus, daß die SW-Ausgaben sich in den nächsten Jahren auf 45 Milliarden Dollar verdreifachen werden. Das Ministerium ist dabei, ein eigenes Repository von plattformunabhängig einsetzbarer Software zu entwickeln, um die gegenwärtig zirka 1,4 Milliarden Codezeilen, die auf ungefähr einer Million Rechner im Verantwortungsbereich des Pentagon laufen, zu verwalten beziehungsweise in Teilen zu ersetzen.

Während die meisten Teilnehmer der X/Open-Konferenz bereits über - meist Unix-basierte - offene DV-Systeme verfügen, kamen einige lediglich, um den Anschluß an einen Trend nicht zu verpassen, dem sie bislang noch nicht gefolgt sind. Wayne Brower, für Informationssysteme verantwortlicher Vice-President des Büromöbel-Herstellers Herman Miller Inc. aus Michigan, wollte "über heute hinaus und in die Zukunft schauen", so seine Worte. Die Datenverarbeitung des Unternehmens finde gegenwärtig im wesentlichen auf einer IBM ES/9000-400 und auf DEC-Minis statt, schildert Brower, wobei für CAD-Anwendungen einige wenige Apollo-Workstations von Hewlett-Packard eingesetzt würden.

Die englische Barclays Bank hat sich bereits strategisch in Richtung auf Systemoffenheit gewendet, berichtet Paul Faulkner, bei Barclays im Gebiet DV-Sicherheit tätig. Die Zweigstellen des Geldinstitutes verfügen nach seinen Worten mittlerweile über IBM-RS/6000-Installationen. Sicherheitsüberlegungen jedoch seien allgegenwärtig und stünden im Mittelpunkt der weiteren Planung. Auch gebe es Security-Bedenken gegenüber Unix.