Bis 1993 RISC-Workstations für 1000 Dollar

Sparc-kompatibler LSI-Chipsatz ermöglicht Workstation-Clones

06.04.1990

MÜNCHEN (CW) - Auch im Workstation-Markt wird es bald "Clones" wie einst in der PC-Welt geben. Die kalifornische LSI-Logic Corp. stellte einen Chipsatz vor, der von kompatibel zu Suns "Sparc" ist. Workstation-Neueinsteiger IBM hat angekündigt, den selbst entwickelten "Power"-Prozessor an interessierte Hersteller zu lizenzieren.

Den jetzt von LSI vorgestellten siebenteiligen Chipsatz mit dem Namen "Sparkit" gibt es in zwei Versionen: "Sparkit 25" erreicht bei 25 MHz eine Rechenleistung von 18 Millionen Instruktionen pro Sekunde (MIPS). Er soll in Clones von Suns Sparcstation eingesetzt werden. Für Systeme mit höherer Leistung oder Server ist der "Sparkit 40" gedacht. Bei Taktfrequenzen von 33 und 40 MHz erreicht er eine Rechenleistung von 24 oder 29 MIPS. Mit diesen Chipsätzen ist LSI der erste Hersteller, der die Grundlage für einen kompletten Workstation-Clone liefert.

Nach Ansicht von Branchenkennern und Analysten könnte LSI damit eine Entwicklung einleiten, wie sie die Branche in den 80er Jahren im PC-Bereich erlebt hatte. Damals sorgte der Hersteller Chips &, Technologies mit einem Chipsatz dafür, daß PCs weltweit nachgebaut werden konnten. Diese Clones trugen maßgeblich, zum Preisverfall in PC-Markt bei. Da die US-Preise für RISC-Workstations der unteren Leistungsklasse sich bereits dem Preisniveau der Top-end-PCs angleichen, könnten Workstation-Clones jetzt tatsächlich für einen Preissturz sorgen. Analysten gehen von einem Preissturz von 10000 auf 5000 Dollar in den nächsten neun Monaten aus. Mitte 1993 rechnet man mit Preisen von 1000 Dollar für Sparc-kompatible Workstations. Die Auslieferung der ersten Sparkit-Chips soll im Juni begannen, der Einzelpreis bei Abnahme von 1000 Stück liegt bei rund 1300 Dollar. Nach LSI-Angaben haben bereits sechs große Rechnerhersteller, angefangen, Sparc-Clones auf Sparkit-Basis zu entwickeln. Ihre Namen sollen ebenfalls im Juni bekanntgegeben werden.

Sparc-Hersteller Sun, bisher Marktführer bei RISC-Workstations, muß preisgünstige Clones mit einem weinenden Lind einem lachende" Auge sehen: Zum einen werden auch Sun und die Sparc-Lizenznehmer ihre Preise senken müssen, zum anderen könnte eine große Zahl an Sparc-Systemen der dafür sorgen, daß diese sich auf breiter Basis durchsetzen. Betroffen wären hier die RISC-Systeme auf Basis von Mips-Prozessoren, in erster Linie bei DEC und HP im Einsatz, und die neue IBM-Serie 6000.

Big Blue wiederum kündigte an, daß man den selbst entwickelten RISC-Prozessor "Power" jetzt lizenzieren wolle. Jeder Hersteller, der RS/6000-kompatible Systemen bauen möchte, könne die Lizenz erwerben. Damit wollen die Armonker offensichtlich dafür sorgen, daß das eigene System zum Standard in Sachen Workstation wird Ein Seitenhieb zielt dabei auf Sun: Wie aus IBM-nahen Kreisen (vergleiche "Thema der Woche" Seite 7) verlautet, darf Sun keine Power-Lizenz erwerben.

Da lacht der Geldbeutel

"Workstations werden die Schlüsseltechnologie der 90er Jahre", erklärte HP-Geschäftsführer Wolfgang Rucker am Rande der CeBIT gegenüber Journalisten. Allmählich wird klar, daß sie auch eine Preisentwicklung erleben werden, wie wir sie in den 80er Jahren bei den PCs miterlebt haben - nur daß alles viel schneller kommt. Das Jahrzehnt ist gerade drei Monate alt, schon werden fast jede Woche die Karten neu gemischt: IBM stellt preisgünstige RISC-Systeme vor, andere Hersteller kontern. Jetzt erscheint der erste geklonte RISC-Chipsatz auf der Bildfläche und damit die Prognosen über den anstehenden Preisverfall. Von 10000 auf 5000 Dollar und so weiter.

Fazit: 1000 Dollar für eine Workstation - das kann nicht falsch sein. zek