Kommentar

Sozialamt in Not

10.09.1999

Der Skandal erstreckt sich über alle Ebenen. Je tiefer gegraben wird, desto mehr Dreck kommt zum Vorschein: Software, die nicht funktioniert und Sachbearbeiter wie Systemverwalter peinigt; ausgehebelter Wettbewerb unter den Anbietern, Dienstherren, die Datenverarbeitung kaum buchstabieren können, und Verwaltungshochschulen, die, wenn sie überhaupt DV-Systeme schulen, Uralt-Varianten einsetzen. Dazu kommen Politiker, die über Bürgernähe durchs Internet schwätzen und nicht einmal sehen, daß die Behörden die Hausaufgaben nicht erledigen können. Zu allem Überdruß entschuldigen dann noch sogenannte Experten die fehlende Qualität in der Datenverarbeitung mit der Ignoranz von Anwendern.

Von der "Strafkolonie der Stadtverwaltung" sprechen Insider, wenn sie deutsche Sozialämter meinen. Die Kommunen sparen offenbar insbesondere hier, wo mangelhafte Ausstattung, Organisation und Kenntnisse letztlich nur die treffen, die ohnehin arm und ohne Lobby sind. Doch auch die Sachbearbeiter wehren sich nicht, werden sie doch beschuldigt, mit der DV nicht umgehen zu können und deshalb verantwortlich zu sein für überfällige Zahlungen und falsche Statistiken.

Wer so argumentiert, verdreht den Sinn jeglichen technischen Einsatzes. Nicht die Organisation, der Sachbearbeiter, der Sozialhilfeempfänger muß sich dem DV-System beugen, vielmehr sollte es möglich sein, eine Software so zu gestalten, daß sie die tägliche Arbeit unterstützt und nicht behindert.uo