Sourcing-Modelle im Überblick

21.06.2007
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.
Outtasking, Managed Services, Offshoring… Wer auslagern will, muss viele Begriffe kennen.

Das Auslagern bestimmter Bereiche ist aus den IT-Strategien heutiger Anwender nicht mehr wegzudenken. Dabei geht es aber immer seltener um Komplett-Outsourcing-Deals mit langen Laufzeiten, sondern vielmehr um kleine Verträge mit verschiedenen Anbietern. Zudem haben neue Sourcing-Geschäftsmodelle den IT-Servicemarkt revolutioniert, was wiederum eine zum Teil verwirrenden Begriffsvielfalt gebracht hat. Die folgenden Definitionen sollen helfen, beim Verhandeln mit IT-Dienstleistern den Durchblick zu behalten.

IT-Outsourcing und BPO

Beim klassischen IT-Outsourcing vergibt der Anwender seine IT oder Teile davon an einen externen Anbieter. Dabei gehen die für die ausgelagerten Funktionen zuständigen Mitarbeiter und Systeme des Anwenders arbeitsvertraglich zum Provider über. Umfang und Qualität der zu erbringenden Leistungen werden in Form von Service-Level-Agreements (SLAs) definiert.

Ziele des Anwenders

Risiken/ Ein-schränkungen

Komplett-Outsourcing

Kostensenkung

Konzentration aufs Kerngeschäft

Bessere Servicequalität

Kostentransparenz

Entlastung der IT-Abteilung

Know-how des Anbieters

IT-Sicherheit

Abhängigkeit vom Provider

Aufwändige Rückabwicklung bei Provider-Wechsel

Verlust von internem Know-how

Transaktionskosten, versteckte Kosten

Selektives Outsourcing und Multi-Sourcing

Ähnliche Ziele wie beim Outsourcing

Best-of-Breed-Lösungen

Aufwändige Provider-Steuerung

Verlust von internem Know-how

Outtasking/ Managed Services

Geringe Abhängigkeit vom Provider

Flexibilität und Kostenvorteile durch On-Demand-Modelle

Geringe Transaktionskosten

Hoher Aufwand für Steuerung der Provider und SLA-Management

Nur für weitgehend standardisierte Aufgaben geeignet

Schlechte Qualität von Billigangeboten

Software as a Service (SaaS)

Laufender Support durch den Anbieter

Flexibilität durch On-Demand-Modelle

Eingeschränkte Customizing-Möglichkeiten

Fehlende Integration mit anderen ERP-Plattformen

Daten werden extern gespeichert

Shared Services

Kostensenkung

Bessere Kontrolle der Prozesse und Daten

Keine Best Practices vom externen Anbietern

Prozesse bleiben weitgehend unverändert.

Application-Outsourcing und -Hosting

Laufender Support durch den Provider

Sicherstellung des Anwendungsbetriebs

Nicht für unter-nehmenskritische Anwendungen geeignet

Verlust von Prozess-Know-how

Eingeschränkte Customizing-Möglichkeiten

Offshoring

Nach wie vor wesentlich niedrigere Lohnkosten

Hoch qualifizierte Fachkräfte für Anwendungsentwick-lung und Application-Management

Große Entfernungen

Zeitzonendifferenzen

Hoher Steuerungs-aufwand, hohe Transaktionskosten

Kommunikationspro-bleme wegen sprachlicher und kultureller Unterschiede

Nearshoring

Zum Teil deutlich geringere Lohnkosten

Geografische Nähe

Sprachliche und kulturelle Gemeinsamkeiten

Höhere Arbeitskosten als in Offshore-Regionen

Großer Steuerungs-aufwand, hohe Transaktionskosten

Neben den IT-Funktionen werden seit einigen Jahren zunehmend auch Geschäftsprozesse ausgelagert. Verbreitete Beispiele für das so genannte Business Process Outsourcing (BPO) sind einfache Services in den Bereichen Human Resources (HR-BPO), Finanz- und Rechnungswesen (F&A-BPO) sowie Beschaffung (Procurement-BPO).

Selektives Outsourcing/ Multi-Sourcing

Statt umfangreicher Komplett-Outsourcing-Deals mit langjährigen Laufzeiten tendieren die Anwender schon seit einigen Jahren zum selektiven Outsourcing, das heißt, sie lagern nur einzelne Bereiche – von einzelnen Infrastrukturkomponenten bis hin zu ganzen Geschäftsprozessen - an IT-Dienstleister aus, die dabei Personal und die Betriebsmittel übernehmen. Auch der Begriff Multi-Sourcing steht für diese Strategie.

Hintergrund sind die geringeren Risiken: Kündigt der Anwender die Zusammenarbeit vorzeitig auf - etwa weil er mit den Leistungen seines Providers nicht zufrieden ist oder weil ein neuer CIO sein Amt antritt –, ist die Rückabwicklung einfacher als bei einem komplexen Auslagerungsprojekt. Zudem kommt es seltener zu Frustrationen, wie sie in der Anfangsphase langwieriger Komplett-Outsourcing-Vorhaben auf beiden Seiten typisch sind.

Und schließlich profitieren die Anwender davon, für den auszulagernden Bereich den jeweils besten und/oder günstigsten Provider beauftragen zu können (Best-of-Breed). Dabei entsteht mehr Wettbewerb, weil eine größere Zahl von Anbietern an der Ausschreibung teilnimmt - darunter auch lokale Player, Branchenspezialisten oder Offshore-Dienstleister.

Auf der anderen Seite sind die Anforderungen an das Provider- und Schnittstellen-Management höher - etwa wenn Applikations- und Rechenzentrumsbetrieb an unterschiedliche Anbieter vergeben werden, gibt Leclerque, Analyst beim Münchner Beratungsunternehmen Pierre Audoin Consultants (PAC), zu bedenken.

Outtasking/ Managed Services

Beim Outtasking werden klar umgrenzte Aufgaben (Tasks) an einen darauf spezialisierten Anbieter vergeben. Anders als beim Outsourcing erfolgt dabei kein Übergang von Personal und Assets an den IT-Dienstleister.

Das Geschäftsmodell eignet sich für Aufgaben, die weitgehend standardisiert sind und sich schnell und unkompliziert übergeben lassen - etwa Druck-Management, Client-Services, Asset-Management oder Supportdienste sowie Remote-Management-Services wie Administration und Monitoring.

Karsten Leclerque, PAC: "On-Demand-Modelle bieten dem Anwender mehr Flexiblität."
Karsten Leclerque, PAC: "On-Demand-Modelle bieten dem Anwender mehr Flexiblität."

Während der Outsourcing-Anwender eine monatliche Pauschale an seinen Provider zahlt, gelten beim Outtasking in der Regel flexiblere Abrechnungsmodelle. Häufig wird nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet – etwa bei Managed-Print-Services pro bedrucktem Blatt Papier. Lagert der Anwender dagegen auch den Hardwareservice der Clients aus, zahlt er einen "Price per seat", der Services wie Installation, Asset-Management und Entsorgung umfasst.

On-Demand-Modelle sind für den Anwender transparenter und in vielen Fällen auch kostengünstiger als ein Pauschalpreis. Außerdem bieten sie dem Anwender mehr Flexibilität, meint PAC-Analyst Leclerque: "Die Kosten lassen sich jederzeit an Veränderungen im Unternehmen anpassen – etwa bei der Zusammenlegung von Zweigstellen oder Mergern." Voraussetzung ist jedoch, dass keine Mindestabnahmemengen vereinbart werden, sondern dass der Anwender je nach Bedarf kurzfristig weniger oder mehr Services beziehen kann.

Der Begriff "Managed Services" wird von Experten synonym zu Outtasking benutzt, die Anbieter bezeichnen damit vielfach aber auch spezielle Outsourcing-Angebote, was für einige Verwirrung sorgt. Nach den Worten von Lars Schwarze, Berater bei der Deloitte Consulting GmbH, sind Managed Services eine "neuere Wortschöpfung, die anstelle von Outsourcing verwendet wird". Dies solle zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine "primär ergebnisorientierte und weniger abwicklungsorientierte Sourcing-Variante" handle.

Software as a Service (SaaS)

SaaS ist eine neuere Bezeichnung für Application Service Providing (ASP) und meint die Bereitstellung von Softwarefunktionen über das Internet durch einen externen Anbieter sowie damit verbundene Services wie den Support. Die Nutzung und Abrechnung erfolgt je nach Bedarf (on Demand). SaaS-Ansätze gibt es mittlerweile auch im Bereich Infrastrukturdienstleistungen – etwa für den Betrieb von Servern, Speicherlösungen und E-Mail.

Shared Services

Shared Services bezeichnen die Bereitstellung gleichartiger Leistungen für mehrere Geschäftsbereiche eines Unternehmens. Die Organisation erfolgt in einem wirtschaftlich und/ oder rechtlich selbständigen Verantwortungsbereich, dem Shared Service Center (SSC). Das SSC tritt gegenüber den anderen Abteilungen als interner Dienstleister auf, Shared Services werden daher auch als "internes Outsourcing" bezeichnet.

Application-Outsourcing

Der Begriff wird häufig synonym zum Application-Management verwendet, das wiederum den Betrieb, die Weiterentwicklung sowie Pflege und Wartung von Softwareanwendungen bezeichnet. Gemeint ist, dass ein externer Anbieter diese Aufgaben wahrnimmt und dabei die entsprechenden Mitarbeiter und Server übernimmt. Der Anwender zahlt dafür einen monatlichen Pauschalpreis.

Application Hosting

Application-Hosting, auch Hosted-Application-Management genannt, umfasst den Betrieb einer oder mehrerer Softwareanwendungen durch einen externen Anbieter. Üblicherweise kauft der Anwender die Lizenzen und zahlt jährliche Wartungsgebühren in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Lizenzpreises an den Softwarehersteller. Der Betrieb der hierfür erforderlichen IT-Infrastruktur – Server, Speicherlösungen, Energieversorgung und Backup-Systeme – sowie der zugehörige Support obliegen dem IT-Dienstleister.

Offshoring und Nearshoring

Immer mehr Anwender lagern IT-Funktionen in Niedriglohnländer aus, um ihre Kosten zu senken. Die Offshore-Region Nummer eins ist nach wie vor Indien. Hier ist die Qualität und Wertigkeit der extern erbrachten Services in den letzten Jahren stark gestiegen: Während es sich anfangs vorwiegend um einfache Programmieraufgaben in den Bereichen Anwendungsentwicklung und Application-Management handelte, bieten Offshore-Dienstleister inzwischen auch höherwertige Services sowie BPO-Dienste an.

Um von den niedrigen Arbeitskosten zu profitieren und ihre Kunden nicht an die indischen Offshorer zu verlieren, haben inzwischen fast alle großen amerikanischen IT-Serviceanbieter ihr Personal auf dem Subkontinent massiv ausgebaut. Angesichts der steigenden Löhne in Indien beginnen sich aber auch andere Länder – vor allem China - als Offshore-Regionen zu etablieren.

Beim Nearshoring werden Tätigkeiten in das benachbarte Ausland verlagert – etwa von kontinentaleuropäischen Anwendern nach Osteuropa. Vorwiegend handelt es sich um Call-Center-Dienste, einfache BPO-Services sowie IT-Support - etwa Userhelpdesk für SAP-Anwendungen.