Outsourcing von Web-Entwicklung

Sorgfältige Planung reduziert Kosten beim Web-Auftritt

21.03.1997

Ohne klare Sicht, wie sich ein Unternehmen im Online-Bereich darstellen will, droht der Web-Auftritt nur verwässert und damit schlimmstensfalls nutzlos zu werden. Schon das Vorhaben, die Corporate Identity ohne Abstriche im Internet zum Ausdruck zu bringen, ist nicht banal. Firmen nutzen nämlich oft die digitale Kommunikation als Testfeld für neue Ansätze in der Unternehmenskultur.

Wenn allerdings ein Betrieb in seinem Web-Angebot genau die Inhalte bestehender Print-Broschüren formgleich abbilden will, dann muß er sich - idealerweise von den eigenen Mitarbeitern - fragen lassen, wozu er dieses neue Medium überhaupt braucht. Deshalb ist es besser, diverse Medien arbeitsteilig für die verschiedenen Aspekte der Unternehmenskommunikation einzusetzen.

Bevor alle Online-Aktivitäten an eine Agentur delegiert werden, lohnt sich die Überlegung, ob ein oder mehrere Mitarbeiter im Haus zumindest vorbereitende Arbeiten oder die spätere Pflege der Seiten übernehmen können. Das liegt auch im Interesse der dann beteiligten Agentur. Ohne verläßliche Schnittstelle zum Auftraggeber hängt sie in der Luft und müht sich damit ab, irgendwie an Informationen aus dem Unternehmen zu kommen. Die neu geschulten oder bereits kompetenten Mitarbeiter fungieren als Übersetzer zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Fortbildung im eigenen Haus hilft aber auch schon vor Projektbeginn, grobe Irrtümer in der Durchführung zu vermeiden.

Vor allem kann Know-how im Haus von vornherein Erwartungen kanalisieren und sich von falschen Vorstellungen davon, was derzeit im Web technisch machbar ist, frei machen. So eignen sich wegen des Datentransfers im Internet aufgeblähte optische Lösungen nur schlecht. Später wird es der Agentur helfen und den Etat entspannen, wenn der Auftraggeber Materialien im gewünschten Datenformat und vielleicht schon in der passenden Bildgröße vorlegen kann - die erneute Generierung von Basismaterial ist eine kostspielige und oft mühselige Arbeit. Abfotografierte Broschüren sind nicht brauchbar, und neue Bildstrecken erzeugen neue Kosten. Sollte die Website mit ähnlichem Bildmaterial ausgestattet werden wie die bisherigen Printprodukte, dann senkt der Zugang zum ursprünglichen Bildmaterial den Bearbeitungsaufwand der Agentur. Im idealen Fall können Varianten der Print-Motive eingesetzt werden, die durch die Ähnlichkeit des Motivs eine Brücke zum Papierauftritt erzeugen.

Ähnliches gilt für die Corporate Identity (CI) und das Corporate Design (CD) eines Unternehmens. Vor allem das Schriftenproblem verhindert bei der aktuellen Browser-Technik immer noch, daß die Optik eines Unternehmensauftritts ohne Abstriche auf das Web übertragen werden kann. Deshalb ist es vernünftiger, CD-Varianten auszuprobieren anstatt an einer starren Optik festzuhalten und diese verkrampft nachbilden zu wollen. Durchaus sinnvoll ist eine auf die Online-Medien angeglichene CD, wie sie beispielsweise bei der Vereinsbank http://www.vereinsbank.de zu sehen ist. Da bei adäquater Nutzung von Online-Medien die bisherigen Print-Produkte ohnehin durch die Internet-Adresse erweitert werden müssen, bietet sich damit gleich ein Anlaß zu deren Novellierung und Angleichung an den Internet-Auftritt. Online-Umsetzungen haben so auch ihre Rückwirkungen auf den Printauftritt und können nicht als bloßer Störenfried in einer CI/CD verstanden werden.

Um einen ersten Leitfaden zur Struktur des Web-Angebots zu erstellen, muß man nicht unbedingt erfahren im Umgang mit Hypertext-Medien sein. Oft hilft es den bearbeitenden Agenturen schon, wenn ihnen deutlich gemacht wird, wie sich ein potentieller Besucher idealerweise auf der Web-Site verhalten soll.

Die Reihenfolge der gewählten Themenschwerpunkte ist ein wertvoller Hinweis, wie die einzelnen Seiten optisch gewichtet werden sollen. Zusammen mit klaren CD-Vorgaben kann die Agentur schneller zu brauchbaren Entwürfen kommen.

So trivial es klingen mag, nicht jede Agentur ist für jeden Auftrag die erste Wahl. Falls ein potentieller Auftraggeber noch keine Liste von in Frage kommenden Agenturen hat, ist es momentan noch recht schwierig, ein objektives Verzeichnis im Internet zu finden. Die Zusammenstellung in Web-Verzeichnissen wie Yahoo oder Web.de ist genauso willkürlich wie jene auf spezialisierten Diensten wie http://www.werbeagentur.de. Liegt nach entsprechender Recherche eine Kandidatenliste vor, kann ein Unternehmen, das sich über die wesentlichen Vorgaben des geplanten Web-Auftritts im klaren ist, eine gezielte Auswahl treffen. Gute Hinweise zur Wahl der geeigneten Agentur geben natürlich bereits von ihr realisierte Homepages. Die bevorzugte Sprache und Referenzkunden zeigen dabei an, in welche Richtung deren Arbeit tendiert.

Um Terminengpässe für beide Seiten zu vermeiden, sollte man die Abnahme der Arbeit nicht auf einmal, und schon gar nicht kurz vor dem geplanten - und vielleicht schon kommunizierten - Auftritt ansetzen. Vielmehr empfiehlt sich schon vor der Auswahl von Agenturen eine Festlegung von Abschnitten, zu denen Teile des Projekts freigegeben werden können. (siehe Grafik).

Dieser Freigabeplan sollte nicht mit dem Start der Web-Site sein Ende finden, sondern auch die Zeit danach berücksichtigen. Unprofessionelle Online-Auftritte stecken ihre gesamten Mittel in den Erstauftritt und vergessen, daß das Medium ähnlich radikale Halbwertszeiten wie Hörfunk und Fernsehen hat: Stillstand senkt die Surferzahlen drastisch. Updates - und hier müssen von Anfang an bestimmte Menü-Bereiche darauf vorbereitet sein - sollten während der Arbeit am Erstauftritt eingeplant werden.

Erst jetzt lohnt sich das Gespräch mit der Agentur der engeren Wahl. Die Arbeit beginnt nicht mehr bei Null, hat klare firmeninterne Vorgaben und verhindert nicht nur Frustration beim Auftraggeber.

Fünf Grundfragen

1. Was will das Unternehmen online bewirken?

2. Welche Ressourcen sind dafür vorhanden?

3. Welche Modifikation der Corporate Identity und des Corporate Design ist angebracht?

4. Welche Agentur kann welche Vision umsetzen?

5. Welche Freigabestufen der Web-Site sollen wann möglich sein?

*Harald Taglinger arbeitet als Web-Designer in München http://www.d-werk.de .